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Landkreis Landsberg: Corona-Infopolitik: Warum der Landsberger Landrat hartnäckig bleibt

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Corona-Infopolitik: Warum der Landsberger Landrat hartnäckig bleibt

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    Gesprächsrunde im Sitzungssaal des Landratsamts: Der Landsberger Landrat Thomas Eichinger (CSU) und seine Experten stellten sich den Fragen der LT-Redaktionsleitung zum Thema Informationspolitik in Corona-Zeiten.
    Gesprächsrunde im Sitzungssaal des Landratsamts: Der Landsberger Landrat Thomas Eichinger (CSU) und seine Experten stellten sich den Fragen der LT-Redaktionsleitung zum Thema Informationspolitik in Corona-Zeiten. Foto: Thorsten Jordan

    „Warum werden die Corona-Infektionszahlen für unsere Gemeinde nicht veröffentlicht?“, „Wir werden in unserem Landkreis wie unmündige kleine Kinder behandelt! Nach dem Motto: Besser nicht alles sagen, weil wir nicht damit umgehen können und möglicherweise die falschen Schlüsse ziehen.“ Das sind Meinungen von Lesern unserer Zeitung. In den vergangenen Wochen und Monaten haben uns Dutzende Zuschriften mit gleichlautendem Inhalt erreicht. Warum veröffentlicht das Landratsamt Landsberg nicht die nach Gemeinden aufgeschlüsselten Infektionszahlen, so wie es fast alle anderen Kreise tun? Das war am Thema in einer großen Gesprächsrunde zwischen LT-Redaktionsleitung und einer Expertenrunde um Landrat Thomas Eichinger.

    „Es gibt immer nur einen Wert, der für alle Gemeinden von Interesse ist – der Sieben-Tage-Inzidenzwert des jeweiligen Landkreises“, argumentiert Thomas Eichinger. In Übereinstimmung mit den 31 Bürgermeistern im Landkreis sei man zu dem Schluss gekommen, die Infektionszahlen nicht nach Gemeinden aufzuschlüsseln und im Internet zu veröffentlichen. Und letzten Endes habe man die finale Entscheidung gemeinsam im Landratsamt mit den jeweiligen Experten getroffen. Der Landrat und auch Dr. Birgit Brünesholz, die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts, fürchten eine Stigmatisierung von Infizierten oder Erkrankten. Sie führen dabei besonders den Fall von Patient eins aus Kaufering, der als erster offizieller Corona-Fall in Deutschland galt, an. Der Mitarbeiter eines Autozulieferers und seine Familie hätten noch Monate danach feindselige Nachrichten im Ort erhalten.

    Der Landrat befürchtet eine Stigmatisierung von Betroffenen

    Ähnlich verhalte es sich, wenn es Meldungen über Corona-Ausbrüche in Asylunterkünften gebe. Deshalb würde man nicht proaktiv Informationen über ein größeres Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen an die Medien geben. Eine proaktive Ausnahme habe man lediglich gemacht, als es positive Fälle in einem Seniorenheim des Landkreises gab und man Pressemitteilungen verschickte.

    Eine konkrete Aufschlüsselung der Infektionszahlen nach Gemeinden hält der Landrat auch aus anderen Gründen nicht für praktikabel. „Dann würde jeder Bürgermeister nachfragen: ’Wenn bei mir die Inzidenzzahl so hoch ist, wie muss ich reagieren? Soll ich dann eine Schule oder ein Seniorenheim schließen?’.“ Dann würde auch die nächste Frage kommen: „Wer ist es, wer hat sich infiziert?“ Und man wolle keine Politik des Fingerzeigs, ohnehin sei man in der Corona-Krise schnell dabei, Leute an den Pranger zu stellen, hat Thomas Eichinger festgestellt. Am Beispiel der Großgemeinden Dießen und Weil mit zahlreichen Ortsteilen erhalte der Bürger bei einer Veröffentlichung der Zahlen nach Kommune zudem keine wirkliche Information, wo sich ein Infektionscluster befinde.

    "Die schlechte Stimmung hat einen anderen Grund"

    Der Landrat hält die konkrete Information sogar für gefährlich. „Die Ortsbetrachtung hat keine tatsächliche Transparenz und führt zu einer falschen Sicherheit, wenn es in einem Ort aktuell keinen Fall gibt.“

    Wenn es nach Eichinger ginge, würde er es bayernweit so handhaben: keine Corona-Zahlen nach Gemeinden, sondern nur nach Landkreisen. Zudem glaubt er, dass die Bürger andere Fragen weitaus mehr beschäftigen. „Ich habe zehnmal mehr Anfragen zur Reaktivierung der Fuchstalbahn als zu diesem Thema“, so der CSU-Politiker. Und er führt eine vermeintlich schlechte Stimmung in der Bevölkerung nicht auf eine knappe Informationspolitik des Landratsamts zurück, sondern auf andere Dinge. „Das liegt an den dunklen Monaten und all den Problemen, die die Corona-Krise sonst mit sich bringt.“

    Das Gesundheitsamt widerspricht der Darstellung von Eltern aus Riederau

    Auch sein Büroleiter und Pressesprecher Wolfgang Müller sieht sich immer wieder mit falschen Dingen konfrontiert, wenn sich Bürger melden. Und Dr. Manuel Müller-Hahl, der Leiter des Contact-Tracing-Teams im Pandemiezentrum, widerspricht Riederauer Eltern. Diese hatten gegenüber dem LT gesagt, dass sie nach einem Reihentest bis heute keine Ergebnisse vom Gesundheitsamt erhalten hätten.

    Eine brandaktuelle Information gibt es nach dem Ausbruchsgeschehen bei einem Großschlachtbetrieb in Buchloe (Landkreis Ostallgäu) mit über 80 Infizierten. Wie das Gesundheitsamt auf LT-Nachfrage mitteilte, wurde – Stand Freitag – ein aus dem Landkreis Landsberg stammender Mitarbeiter des Betriebs positiv getestet. Er befindet sich mit einer weiteren Kontaktperson in Quarantäne.

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