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Landkreis Landsberg: AstraZeneca sorgt im Penzinger Impfzentrum für Chaos

Landkreis Landsberg

AstraZeneca sorgt im Penzinger Impfzentrum für Chaos

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    Im Penzinger Impfzentrum müssen wohl viele Termine abgesagt werden, da für Menschen unter 60 Jahren aktuell nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht.
    Im Penzinger Impfzentrum müssen wohl viele Termine abgesagt werden, da für Menschen unter 60 Jahren aktuell nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht. Foto: Julian Leitenstorfer (Archivfoto)

    Das Hin und Her um den Impfstoff von AstraZeneca bekommt nun auch das Penzinger Impfzentrum des Landkreises Landsberg zu spüren: Durch die Vorgabe, das britisch-schwedische Vakzin nicht mehr an unter 60-Jährige zu verimpfen und wegen eines Liefer-Ausfalls wird es zum Osterwochenende wohl zu vielen Terminabsagen kommen. Wie geht es nun weiter? Das LT hat bei Landratsamt-Sprecher Wolfgang Müller nachgefragt. Im Gespräch mit zwei Impfkandidatinnen aus Landsberg und Riederau zeigt sich außerdem, wie sehr der Wirkstoff von AstraZeneca polarisiert.

    Es ist eine Nachricht, die am Dienstag für eine Menge Wirbel sorgte und für die Impfkampagne in Deutschland einen weiteren Rückschlag bedeutet: Wie unsere Zeitung zuerst vermeldet hatte, wird AstraZeneca in Deutschland auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission nur noch an Menschen über 60 Jahre verabreicht. In den vergangenen Wochen war es vor allem bei jüngeren Frauen in Folge der Impfung zu Hirnvenenthrombosen gekommen. Es sind sehr seltene Fälle, die sich allerdings häufen.

    "Über Nacht wurde die Priorisierung gekippt"

    Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landsberger Landratsamts, spricht angesichts der jüngsten Entwicklungen von einer weiteren Herausforderung für das Penzinger Impfzentrum. „Quasi über Nacht wurde die Priorisierung gekippt.“ Vor dem ehemaligen Tower des Fliegerhorsts sei der Parkplatz am Mittwoch voll gewesen, alles dauere ein bisschen länger. „Die Gespräche nehmen mehr Zeit in Anspruch. Man muss den älteren Menschen erklären, wieso sie jetzt nur noch AstraZeneca bekommen.“

    Das Impfzentrum im ehemaligen Tower des Penzinger Fliegerhorsts.
    Das Impfzentrum im ehemaligen Tower des Penzinger Fliegerhorsts. Foto: Julian Leitenstorfer (Archivfoto)

    Die allermeisten brachten Geduld und Verständnis auf – eine Handvoll habe das Impfzentrum ohne Impfung wieder verlassen, weil sie das Vakzin ablehnten. In wenigen Ausnahmefällen, wenn ein Arzt entsprechende gesundheitliche Indikatoren sieht, bekommen über 60-Jährige einen anderen Wirkstoff, so Müller.

    Moderna-Lieferung kommt nicht in Landsberg an

    Für die unter 60-Jährigen, an die kein AstraZeneca mehr verimpft werden soll, wird wegen der neuen Vorgaben der Impfstoff von Biontech und Moderna knapp. Biontech wird laut Müller momentan primär für Zweitimpfungen in der ersten Gruppe (Personen über 80 und mit Vorerkrankungen) genutzt. Erschwerend kommt hinzu, dass 400 angekündigte Dosen des amerikanischen Herstellers Moderna am Dienstag nicht im Impfzentrum eingetroffen sind. Wolfgang Müller hofft, dass die Lieferung noch verspätet ankommt. Wenn nicht, müsste das Impfzentrum nach jetzigem Stand rund 200 Termine telefonisch absagen. „Das wird für Unmut sorgen und wir können das auch nachvollziehen. Es tut uns natürlich leid, aber das liegt nicht in unserer Hand.“

    Derzeit sei nicht abzusehen, wann genug Impfstoff für jüngere Menschen im Landkreis Landsberg zur Verfügung steht. Für 3. April sind bisher lediglich 650 Dosen Biontech/Pfizer in Aussicht gestellt – allerdings ändern sich die versprochenen Liefermengen täglich. Zumindest genug AstraZeneca ist momentan vorhanden – Wolfgang Müller spricht von 600 Dosen.

    Frau aus Riederau lehnt AstraZeneca ab

    Bettina Bednarz aus Riederau war eine jener Personen, die ihren Impftermin am Mittwoch platzen ließen. Im Gespräch mit dem LT ist ihr wenige Stunden später noch immer anzumerken, dass sie verärgert ist. Am Dienstagabend habe sie per Mail mitgeteilt bekommen, dass sie sich am folgenden Mittwochvormittag im Penzinger Impfzentrum gegen das Coronavirus impfen lassen könne. Auf einem Dokument sei als Wirkstoff das Vakzin von Biontech/Pfizer vermerkt gewesen. „Als ich angekommen bin, hat man mir aber gesagt, dass für mich nur AstraZeneca in Frage kommt“, sagt die 70-Jährige. Auch ihr Mann habe bereits zweimal eine Impfung mit AstraZeneca abgelehnt, bevor der 79-Jährige beim dritten Anlauf den Wirkstoff von Biontech/Pfizer verabreicht bekam.

    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca.
    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca. Foto: Soeren Stache/dpa

    Für Bettina Bednarz steht zwar fest, dass sie sich auf jeden Fall impfen lassen will – aber auf gar keinen Fall mit AstraZeneca. Sie habe nach den Entwicklungen in den vergangenen Wochen überhaupt kein Vertrauen in das Vakzin. Jedes Todesopfer sei eines zu viel, sagt sie. Die 360-Grad-Drehung der Impfkommission – zunächst sollten nur jüngere Menschen AstraZeneca bekommen – sei nicht nachvollziehbar: „Ich verstehe nicht, warum überhaupt ein Unterschied zwischen Jung und Alt gemacht wird. Hirnvenenthrombosen können bei allen vorkommen.“

    Schwere Covid-19-Erkrankung wahrscheinlicher als Impfkomplikationen

    Bei der 70-Jährigen, die mehr als 40 Jahre im medizinischen Bereich tätig war, seien nach eigenen Angaben außerdem wegen Vorerkrankungen Komplikationen nach einer Impfung mit AstraZeneca wahrscheinlicher. Wie Bettina Bednarz sagt, sollte jeder Mensch selbst frei entscheiden dürfen, welcher Impfstoff ihm verabreicht wird.

    Bei Lucille Schmitz aus Landsberg ist die Gefühlslage eine andere. Die 71-Jährige hat am heutigen Donnerstag einen Termin zur Impfung mit AstraZeneca bei ihrer Hausärztin – mit der sie bereits ausgiebige Vorgespräche geführt hat –, und will diesen definitiv wahrnehmen. Nach dem Wirbel der vergangenen Tage und Wochen sei ihr schon ein wenig unwohl, aber: „Ich habe mich die ganze Zeit schon damit beschäftigt. Ich will mich schützen.“ Es sei deutlich wahrscheinlicher, aufgrund einer Coronainfektion schwer zu erkranken („Der Gedanke daran ist katastrophal.“), als von Impfkomplikationen betroffen zu sein. Auf dem Weg zurück zur Normalität sei es außerdem wichtig, dass sich möglichst viele Menschen in nächster Zeit impfen lassen, sagt Lucille Schmitz. Für das Hin und Her um AstraZeneca äußert sie in gewisser Weise Verständnis – schließlich sei die Pandemie für alle eine nie dagewesene Situation: „Mit der Zeit stellen sich Dinge heraus, auf die dann reagiert werden muss.“

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Corona im Kreis Landsberg: Keine guten Nachrichten

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