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Landkreis Landsberg: Ammersee-Dampfer umschiffen das Westufer

Landkreis Landsberg

Ammersee-Dampfer umschiffen das Westufer

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    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus.
    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus. Foto: Thorsten Jordan

    Mit sechswöchiger Verspätung hat die Bayerische Seenschifffahrt am langen Pfingstwochenende ihren Betrieb aufgenommen. In Stegen waren die Parkplätze am See um die Mittagszeit am Pfingstsonntag bereits voll und die Biergärten gut besucht. Vor dem Kassenhäuschen beim Dampfersteg herrschte allerdings gähnende Leere. Und schon nach dem ersten Wochenende hagelt es harte Kritik.

    Die Beförderungsfrequenz auf dem Ammersee wurde reduziert, Desinfektionsmittel steht bereit, Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht, Richtungspfeile wurden geklebt, Kontaktdaten werden an Bord eingesammelt – die Bayerische Seenschifffahrt hat ihre Hausaufgaben gemacht. „Wir sind ein Vorzeigebetrieb und müssen vorbildlich handeln. Wir haben alles gegeben und haben uns bestens vorbereitet auf die Situation,“ sagt Mathias Leis, der im normalen Linienverkehr Schiffsführer der „Augsburg“ ist. Am Pfingstsonntag ist er für die Besucherlenkung am Steg zuständig. Um Fluktuationen an Bord zu vermeiden, erklärt Leis, würden coronabedingt derzeit nur einstündige Rundfahrten von Stegen oder Herrsching aus angeboten – ohne Zwischenstopp. Damit bleibt das Ammersee-Westufer außen vor.

    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus. Christoph Gertz sammelt die Billets mit den Adressen und Telefonnummern ein.
    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus. Christoph Gertz sammelt die Billets mit den Adressen und Telefonnummern ein. Foto: Thorsten Jordan

    180 anstatt der sonst bis zu 500 Passagiere sind in Corona-Zeiten auf dem Motorschiff „Utting“ erlaubt, 65 Passagiere gingen am Sonntag um 12.30 Uhr an Bord. Eine kleine bunte Gruppe von Ausflüglern – Familien, Paare, ein paar Touristen sind auch dabei. Eine fröhliche Patchworkfamilie aus Augsburg besucht zum ersten Mal den Ammersee, ein Mann aus Bad Wörishofen kennt die Region bislang nur beruflich und möchte sich den See mit seiner Freundin endlich mal vom Schiff aus angucken. Alle Passagiere bleiben auf ihren Plätzen, die Schiffsgastronomie ist, ebenso wie die Kinderrutsche, geschlossen – die Fahrgäste erwartet eine beschaulich-stille Stunde auf dem See. Die Decks sind teils gespenstisch leer. Kurz hinter Riederau – in südlicher Ferne – sieht man das Marienmünster und am Horizont die „MS Herrsching“, die von Herrsching aus ihre Runde dreht. Kapitän Andreas Wipper weiß, dass die Dampfer der weiß-blauen Flotte am Westufer vermisst werden. „Wir haben halt doch immer viele Leute gebracht, vor allem für die Gastronomie oder für den Töpfermarkt, von Herrsching nach Dießen und umgekehrt.“

    Auf den Decks ist nur wenig los

    Zu den absoluten Fans der Ammerseeflotte gehören Maximilian Gatzen (12) aus Dießen und seine Oma, Christine Basinek aus Utting. Seit fünf Jahren leisten sich die beiden regelmäßig eine Jahreskarte und verbringen jede freie Minute auf den Schiffen. Doch diesen Pfingstsonntag machten sie erst mal eine „Testfahrt“. Sollte es heuer bei den Rundfahrten ohne Gastronomie und Zwischenstopps bleiben, werden sie wohl auf eine Jahreskarte verzichten. Auch eine Touristengruppe aus Weimar hat schon viel vom Ammersee-Westufer gehört. „Schade, dass man dort nicht aussteigen kann“, lautet ihr Resümee.

    Auch auf den Dampfern gibt es keine Gastronomie

    In Dießen, und wohl auch in Riederau, Utting und Schondorf, werden derweil die Dampfer der weiß-blauen Flotte und ihre Passagiere schmerzlich vermisst. „Wenn die ’Herrsching’ am Dampfersteg anlegt und Signal gibt, dann wissen meine Mitarbeiter: Alle an den Start, gleich wird’s voll!“, sagt Markus Dieffenbach vom Café Goldammer in der Dießener Bahnhofstraße. Allein am Pfingstsamstag habe sein Café nur ein Drittel des Umsatzes gemacht, der für einen solchen Tag normal wäre. „Die Dampfer sind für Dießen eine Lebensader, die hat man nun einfach abgeschnitten.“

    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus. Kapitän Andreas Wipper desinfiziert nach jeder Fahrt das Geländer an Deck.
    Die Ausflugsdampfer auf dem Ammersee fahren wieder – allerdings nur zu einstündigen Rundfahrten von Herrsching und Stegen aus. Kapitän Andreas Wipper desinfiziert nach jeder Fahrt das Geländer an Deck. Foto: Thorsten Jordan

    „Der Start der Schifffahrt und die Pfingstferien wären für uns in dieser Saison die erste Gelegenheit gewesen, endlich etwas zu verdienen“, bedauert Christine Gottschalk, Pächterin des Seekiosks am Dießener Dampfersteg. Nun hofft sie auf Radtouristen, die bei schönem Wetter in den nächsten Wochen nicht nur vorbeifahren, sondern auch anhalten werden.

    Die Künstler haben extra wegen der Schifffahrt den Pavillon geöffnet

    Auch Wolfgang Lösche, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst (ADK), kann die Entscheidung der Bayerischen Seenschifffahrt, die Schiffe in Dießen nicht anlegen zu lassen, nicht nachvollziehen: Seit Pfingstsamstag sei der ADK-Pavillon unmittelbar neben dem Dampfersteg, in dem Arbeiten aus 28 Dießener Ateliers und Werkstätten angeboten werden, wieder täglich geöffnet, „weil wir mit den Schiffen gerechnet haben“, so Lösche. Schließlich sei Dießen „für Kultur und Kunsthandwerk und für die Fahrten mit den nostalgischen Dampfern“ bekannt.

    Es gibt bereits Beschwerdebriefe

    Der örtliche Gewerbeverband hat sich bereits schriftlich an Bürgermeisterin Sandra Perzul gewandt. Auch für Martin Brink, Wirt des Gasthofs Unterbräu, ist klar, dass es Sache der Bürgermeisterin, der Tourismusreferentin und des Gewerbereferenten ist, sich mit Nachdruck an die Entscheidungsträger bei der Bayerischen Seenschifffahrt und der Bayerischen Staatsregierung zu wenden, um mit ihrer „Strahlkraft“ daraufhin zu wirken, dass die Ammersee-Schifffahrt Dießen als größte Gemeinde am Ammersee-Westufer schnellstmöglich wieder anfährt. Nicht nur für die Gastronomen, auch für den Einzelhandel und sämtliche Freizeiteinrichtungen wie Bootsverleihe oder Minigolfanlagen sei das Fernbleiben der Dampfer ein „tiefer Einschnitt“.

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