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Landkreis Landsberg: 35-Jähriger überlebt Covid-19 nur knapp: "Meine Chance wurde auf 50:50 geschätzt"

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35-Jähriger überlebt Covid-19 nur knapp: "Meine Chance wurde auf 50:50 geschätzt"

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    Im Klinikum Landsberg ist ein 35-jähriger Mann aus dem nördlichen Landkreis mit einer schweren Covid-19-Erkrankung behandelt worden. Unserer Zeitung schildert er seine Krankengeschichte.
    Im Klinikum Landsberg ist ein 35-jähriger Mann aus dem nördlichen Landkreis mit einer schweren Covid-19-Erkrankung behandelt worden. Unserer Zeitung schildert er seine Krankengeschichte. Foto: Julian Leitenstorfer

    Michael Schmidt (Name von der Redaktion geändert. Der Covid-19-Patient bat uns darum, anonym bleiben zu dürfen) ist 35 Jahre alt und normalerweise viel mit seiner Familie unterwegs und treibt zudem etwas Sport. Momentan ist er aber vor allem froh darüber, dass er noch am Leben ist. Er erkrankte im März schwer an Covid-19, wurde im Landsberger Klinikum ins Koma versetzt und hat ein Martyrium hinter sich und noch einen weiten Weg vor sich.

    Wie er sich infiziert hat, das weiß Michael Schmidt, der keine Vorerkrankungen hatte und bis vor wenigen Jahren noch aktiv Fußball gespielt hat, nicht. Er war in keinem der Risikogebiete wie Österreich oder Italien. Das sollte dem Mann aus dem nördlichen Landkreis Landsberg zusätzlich noch zum Verhängnis werden. Alles begann am ersten Tag, an dem er wegen der Corona-Pandemie ins Homeoffice arbeiten sollte: Montag, 16. März. „Ich fühlte mich nicht gut. Am Tag darauf ging es mir dann richtig schlecht, ich bin nur noch im Bett gelegen und habe kein Essen mehr herunterbekommen. In der zweiten Woche kamen dann auch noch ein starker Husten und später die Atemnot dazu.“

    Der Mann wartet vergeblich auf einen Test

    Doch Hilfe bekam Schmidt zu Beginn nicht. Sein Hausarzt verwies darauf, dass er aktuell nicht die Möglichkeiten habe, ihn zu behandeln. Also wandte sich der 35-Jährige Ende der ersten Woche ans Landratsamt. Dort sei ihm ein Test verweigert worden. Begründung: Er sei in keinem Risikogebiet gewesen. Weitere Anrufe bei der Behörde in der zweiten Woche folgten. Am Freitag, 27. März, kam die Zusage, dass er sich doch testen lassen könne. Man werde ihn zurückrufen und einen Termin nennen, doch übers Wochenende passierte nichts. Also rief Schmidt am Montag noch mal beim Landratsamt an.

    Am 31. März wurde seine Familie im Landsberger Sportzentrum getestet. Alle Mitglieder waren positiv. Seine beiden Kinder hatten zuvor Durchfall, seine Frau zwischenzeitlich keinen Geschmackssinn mehr, doch am schlimmsten erwischte es den Vater. „Als mich der Arzt gesehen hat, hat er mich wegen meines elenden Erscheinungsbildes sofort ins Krankenhaus Landsberg weitergeschickt“, erinnert sich der Familienvater, der als Folge der Schwächung durch das Coronavirus auch noch eine Lungenentzündung bekommen hatte.

    Die Chancen stehen 50:50

    Im Krankenhaus entschieden sich die Ärzte schnell, ihn ins Koma zu versetzen. Gegenüber seiner Frau sagten die Mediziner, dass es bis zu drei Wochen dauern könne, bevor sie ihn wieder aus dem Koma wecken könnten. „Meine Chance, zu überleben, wurde auf 50:50 geschätzt. Während des Komas bin ich mit Zustimmung meiner Frau am Bett fixiert gewesen. Das war notwendig, weil ich wohl versucht habe, den Schlauch für die Beatmung herauszureißen, als die Ärzte die Tiefe des Komas zwischendurch abgeflacht haben. Ich soll in dem Zustand halb wach gewesen sein, kann mich aber nicht daran erinnern.“

    Nach einer Woche, am 6. April, holten ihn die Mediziner zurück und der Familienvater hatte mit den Nebenwirkungen des Komas und der Medikation zu kämpfen. „Ich hatte extreme Halluzinationen und mir war oft schwindlig. Überrascht war ich auch, wie sehr die Muskeln in nur einer Woche abbauen.“ Er habe anfangs nicht die Kraft gehabt, sich hinzusetzen, erinnert er sich. Ein Physiotherapeut half ihm dabei, mit diversen Übungen seine Lungenfunktion und seine Muskeln wieder zu kräftigen.

    Noch heute hat der Mann mit den Folgen zu kämpfen

    Ein besonderer Tag ist für Michael Schmidt der Ostermontag gewesen. Da durfte er die Intensivstation nach zwei Wochen wieder verlassen. „Die Ärzte haben zu mir gesagt, sie seien über das Tempo meiner Fortschritte überrascht. Am Freitag derselben Woche durfte er das Krankenhaus verlassen. Daheim angekommen, musste er sich für zwei Wochen in Quarantäne begeben und wieder hieß es warten. „Ich wollte eigentlich eine ambulante Reha anfangen. Das ist aber nur möglich, wenn ich negativ getestet werde. Das passierte dann am Montag vor einer Woche und am Tag darauf, dem 5. Mai, hatte ich dann endlich das erfreuliche Ergebnis.“ In der Zeit machte er alleine Übungen, die ihm im Krankenhaus beigebracht worden waren.

    Bis der 35-Jährige – der eine Bürotätigkeit ausübt – wieder arbeiten gehen kann, könnte es möglicherweise noch einige Zeit dauern. „Meine Kraft und Konzentrationsfähigkeit reichen derzeit für maximal 30 Minuten und an der Arbeit müsste ich an vielen Konferenzen teilnehmen. Dafür reicht auch die Luft nicht.“ Was er damit meint, wird auch im Telefoninterview mit dem LT deutlich. Nach etwa 15 Minuten wird seine Atmung hörbar schwerer.

    An einen Arbeitsalltag ist noch lange nicht zu denken

    Sehr dankbar ist er dem Personal des Klinikums Landsberg. „Sie leisten Großartiges. Ich bin dankbar dafür.“ Doch warum ist er nicht einfach selbst früher ins Krankenhaus gegangen? „Es ist Spekulation, ob die Krankheit dann milder verlaufen wäre, aber das wäre im Nachgang betrachtet vielleicht die bessere Entscheidung gewesen.“

    Dass die Politiker in den vergangenen Tagen viele Beschränkungen wegen des Coronavirus aufgehoben haben, sieht er mit gemischten Gefühlen. Er wisse aus eigenem Erlebten, wie schlimm diese Krankheit verlaufen könne. Deswegen habe er die strengere Linie von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder befürwortet. „Auf der anderen Seite ist es auch schön, dass meine Kinder jetzt Oma und Opa endlich mal wieder treffen können.“

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