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Kreis Landsberg: Wenn sich ein Pfarrer in seine Pfarrhelferin verliebt

Kreis Landsberg

Wenn sich ein Pfarrer in seine Pfarrhelferin verliebt

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    Schäfler
    Schäfler Foto: photographie Zacherl

    Im Mai 2009 haben der damalige Pfarrer Markus Schäfler und Pfarrhelferin Silvia Gerhardt die Pfarrei Geltendorf verlassen. Seit Juli leben sie in Honsolgen bei Buchloe und bauen die psychosoziale Praxis "Seelenraum" auf. Acht Monate nach ihrer Entscheidung, ihre Ämter in der römisch-katholischen Kirche aufzugeben, sprachen die beiden mit Gerald Modlinger über ihre neuen Lebensverhältnisse.

    "Es gibt einen Platz, der tief in unserem Inneren ist. Einen Platz voller Frieden und Einklang." Das steht am Anfang der Internetseite Ihrer Praxis. Haben Sie, Frau Gerhardt und Herr Schäfler, diesen Platz jetzt gefunden?

    Gerhardt: Wir haben diesen Platz für die nächste Zeit gefunden. Was aber nicht heißt, dass wir da jetzt stehen bleiben. Es ist wie eine Reise zur eigenen Mitte. In dieser Mitte findet man zu sich selbst und damit auch zu dem, was Gott für einen will. Darin sehen wir unsere Berufung: Mit anderen Menschen diesen Weg zu gehen und unsere Erfahrungen weiterzugeben.

    Schäfler: Erstaunlicherweise ist das für viele Menschen sehr schwierig. Solange sie nicht ankommen können, aus welchen Gründen auch immer, entwickeln sie viele Verdrängungsmechanismen, mit denen sie vom Weg zu sich selber abkommen. Die innere Unzufriedenheit ist vorprogrammiert und die Gefahr groß, in eine Endlosschleife zu kommen.

    Was geschah seit Ihrem Weggang aus Geltendorf?

    Schäfler: Wir sind zunächst in eine Ferienwohnung gezogen, wo uns auch tatsächlich niemand gefunden hat. Dort haben wir das Konzept für unsere Homepage und unsere Praxis erarbeitet. Als wir das Pfarrhaus ausgeräumt haben, sah alles recht perspektivlos aus. Aber genau an diesem Tag habe ich ein Angebot der Arbeitsagentur in Augsburg bekommen, dass ich als Arbeitsvermittler arbeiten kann. Ich hatte mich darauf noch in meiner Zeit als Pfarrer beworben und konnte sofort anfangen.

    Gerhardt: Für mich als Religionspädagogin war es schwierig, aber das hat mir die Zeit eröffnet, das Haus in Honsolgen zu renovieren. Als es fertig war, habe ich ein Angebot von einem Bildungszentrum bekommen und arbeite momentan in Vollzeit mit arbeitslosen Jugendlichen. Die Beratungspraxis machen wir momentan noch nebenberuflich, denn es ist zunächst einmal schon ein Kraftakt, so etwas aufzubauen.

    Sie bieten Lebensberatung und Coaching, Spiritualität und Rituale an. Worin unterscheidet sich Ihr Angebot von anderen, die mit solchen Begriffen für sich werben?

    Schäfler: Wir sind dezidiert christlich und wir halten uns für sehr bodenständig, das unterscheidet uns von anderen Angeboten. Wir möchten aber auch Fernöstliches nicht abwerten, auf einer bestimmten Ebene treffen sich auch fernöstliche und westliche Religionen.

    Gerhardt: Durch die Zen-Praxis und den Buddhismus habe ich zum Johannes-Evangelium einen ganz anderen Zugang bekommen und kann etwa auch die Philosophie von Karl Rahner oder die heilige Theresia von Avila verstehen. Im Wesentlichen sind alle Religionen gleich: Es gibt eine äußere Schicht mit Gebrauchsanweisungen und Kochrezepten, dann eine spirituelle und Glaubensebene und eine tiefste, die mystische Ebene. Das braucht man nicht zu glauben, das hat man erlebt.

    "Glück ist keine Frage der Umstände. Glück ist eine Frage der Einstellung" lautet ein Zitat von Ihnen, Herr Schäfler. Wecken Sie da nicht schwer erfüllbare Erwartungen?

    Gerhardt: Wir versprechen nichts, wir verstehen uns als Begleiter. Unsere Aufgabe ist, zur richtigen Zeit zu erkennen, welche Frage wir dem Klienten stellen, auf die er eine Antwort findet.

    Schäfler: Jeder hat die Antwort in sich. Weil Gott den Menschen liebt, hat er ihm ein Ziel hineingelegt. Es geht darum, es zu finden.

    Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kollegen? Welche Reaktionen haben Sie nach Ihrem Entschluss, das Pfarreramt aufzugeben, erfahren?

    Gerhardt: Seine Kollegen haben es wesentlich besser aufgenommen als meine. Herr Schäfler hat nach seinem Entschluss sehr viele Glückwünsche von ihnen bekommen. Zu meinen Kollegen habe ich seither keinen Kontakt mehr gehabt.

    Schäfler: Die Freundschaften bestehen immer noch und ich habe einen guten Kontakt zu meinen Kollegen. Ich habe mich früher ab und zu mit Mitbrüdern zum Mittagessen getroffen, das führe ich auch weiter.

    Sie haben Ihren Entschluss, Ihre Partnerschaft öffentlich zu machen und auf Ihre beruflichen Positionen zu verzichten, immer mit Ehrlichkeit begründet. Warum ist Ihnen dieses Thema so wichtig?

    Schäfler: Auch wenn es alle akzeptiert hätten, hätten wir es nicht offiziell sagen können, wir hätten uns trotzdem verstecken müssen, das hätte ich auf Dauer nicht ausgehalten. Und wie hätte ich etwa den Firmlingen beibringen wollen, zu sich selber zu stehen, während ich mich selber verstecken muss?

    Gerhardt: Ich hätte es ja nicht einmal meinen Kindern sagen können. Wir wollen authentisch leben.

    Oder fühlten Sie sich, Herr Schäfler, auch in anderer Form eingeschränkt von Traditionen und Dogmen der römisch-katholischen Kirche oder von Gläubigen unverstanden?

    Schäfler: Die Abgrenzung zwischen Klerikern und Laien ist zwar völlig unbiblisch. Und so habe ich immer versucht, Priester zu sein und anderen zu helfen, auch Priester zu sein. Aber mit der Kirche als Institution hatte ich nie Probleme, als Pfarrer habe ich mich immer frei genug gefühlt. Ein Thema war schon immer, dass es viel Fassadenmalerei gibt, ich aber die Menschen zu ihrem Innern führen wollte. Wer es aber nur so macht, wie die anderen, fällt zwar nicht auf, aber Gott findet er nicht.

    Wie ist Ihrer beider Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche heute?

    Schäfler: Was ich in meinem Abschiedsbrief geschrieben habe, war ehrlich gemeint: Wir sind niemandem böse, weder der Kirche als Ganzes noch einzelnen Personen. Natürlich können wir, da wir exkommuniziert sind, schlecht in den römisch-katholischen Gottesdienst gehen. Aber wir können es uns auch nicht vorstellen, ohne Gottesdienst und kirchliche Anbindung zu leben. Deshalb sind wir kurz nach dem Ausscheiden aus unserem Dienst Mitglieder der altkatholischen Kirche in der Gemeinde in Kaufbeuren geworden. Wir wurden dort sehr freundlich aufgenommen, und als wir dort waren, hat man uns gesagt, ,wir haben Sie schon erwartet'.

    Es heißt, Sie heiraten im Mai.

    Gerhardt und Schäfler: Wir heiraten im Laufe des Jahres und befinden uns in der Hochzeitsvorbereitung.

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