Die vergangenen Tage waren für Julia Scherdi, ihren Mann Mathias und ihre am 8. Juni geborene Tochter Ellena nach dem Schock am Pfingstmontag sehr ereignisreich und erfreulich. Am 10. Juni zog ein Unwetter mit großen Hagelkörnern über den Süden Bayerns und richtete erhebliche Verwüstungen an. Betroffen davon war auch die Familie Scherdi, bei der Wasser in die Wohnung im Erdgeschoss lief.
Familie verliert Wohnung bei Unwetter - und erfährt viel Hilfsbereitschaft
„Die anschließenden Reaktionen und die Hilfsbereitschaft waren großartig und rührend. Wir hatten mehrere Angebote von Wohneigentümern. Es waren sechs Wohnungen dabei, in die wir innerhalb von zwei Wochen hätten einziehen können“, sagt Julia Scherdi, die am Tag des Unglücks mit ihrer Tochter das Krankenhaus gerade verlassen hatte. Angeboten wurden der Familie Unterkünfte in mehreren anderen Gemeinden des Landkreises Landsberg, darunter Denklingen, Leeder und Utting.
Letztlich entschieden sie sich für die leer stehende Wohnung im Pfarrhof in Stoffen, die zwei Kilometer von ihrer früheren Wohnung entfernt liegt. „Wir hatten Glück. Wir kennen jemanden, der jemanden kennt. So kam der Kontakt zustande und wir haben einen Mietvertrag unterschrieben.“ Froh ist die 27-jährige Julia Scherdi, dass sie weiterhin in der Nähe ihrer Familie leben kann und dennoch einen Rückzugsort hat. Die neue Bleibe ist sogar größer als die Wohnung, in der die Familie zuvor gewohnt hat.
Die Familie hatte die Haustüre offen gelassen
Auch sonst wurden der Familien viele Sach- und Geldspenden angeboten, die sie allerdings ablehnten. „Es waren sehr nette Angebote und Gesten. Weil uns aber Familie und Nachbarn schnell zu Hilfe kamen, konnten wir viele Sachen noch retten und es gibt sicher Menschen, die die Möbel oder das Geld dringender brauchen können als wir. Wichtig war für uns vor allem ein Dach über dem Kopf und etwas Platz zu haben“, so Julia Scherdi. In der Nacht nach dem Unglück schliefen sie bei den Nachbarn und zogen danach zu ihrer Mutter, die im Nachbarhaus in Lengenfeld wohnt. Auch bei anderen Gelegenheiten wie beim Einkaufen und auf dem Standesamt – als sie die Geburtsurkunde von Ellena abholte – erhielt Julia Scherdi viel Zuspruch, sagt sie.
Den Scherdis wurde am Pfingstmontag zum Verhängnis, dass sie die Haustür offen stehengelassen hatten. „Wir hatten ein Bad ohne Fenster und nach dem Duschen immer die Haustür zum Lüften aufgemacht“, erzählt sie. So war es auch an jenem Tag. Ihr Mann gesellte sich nach dem Duschen zu Mutter und Kind aufs Sofa und sie genossen die gemeinsame Zeit. An die Haustür dachte niemand mehr. Dann fing es an zu regnen. Als Mathias Scherdi später die Tür des Wohnzimmers öffnete, kamen ihm die Wassermassen entgegen. Das Wasser hatte sich seinen Weg bereits von der Haustür zur Küche gebahnt, im Flur lagen Hagelkörner. Die Wohnungstür konnte die junge Familie wieder schließen, davor staute sich das Wasser anschließend auf einer Höhe von rund 30 Zentimetern.
Jetzt kommen sie drei Monate lang im Pfarrhof unter
Dass auf dem früheren Bauernhof das Wasser steht, ist nichts Ungewöhnliches und passiert bei Starkregen immer wieder, erzählt Julia Scherdi. Das Gebäude liegt etwa 40 Zentimeter tiefer als die Straße. Um dem Problem zu begegnen, gibt es vor dem Haus auch einen Ablauf, der in der Vergangenheit „gut funktioniert“ habe. Diesmal seien jedoch die Blätter durch den massiven Hagel von den Bäumen gefallen und hätten den Ablauf verstopft.
Im Pfarrhof können Scherdis so lange leben, bis sie mit dem Hausbau in Lengenfeld fertig sind. Die junge Mutter rechnet damit, dass dies voraussichtlich in drei Monaten der Fall sein wird.
Viele waren vom Hagel betroffen: