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Kaufering: Seniorchef Günter Stemple hört bei Corpuls in Kaufering auf

Kaufering

Seniorchef Günter Stemple hört bei Corpuls in Kaufering auf

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    Günter Stemple (links) zieht sich bei Corpuls aus der Geschäftsführung zurück. Zu dieser gehören auch Christian und Iris Klimmer sowie Klaus Stemple (nicht im Bild). Die Firma mit Sitz in Kaufering stellt Medizinprodukte her.
    Günter Stemple (links) zieht sich bei Corpuls aus der Geschäftsführung zurück. Zu dieser gehören auch Christian und Iris Klimmer sowie Klaus Stemple (nicht im Bild). Die Firma mit Sitz in Kaufering stellt Medizinprodukte her. Foto: Thorsten Jordan

    Günter Stemple hat mit einem Mitarbeiter angefangen. Heute ist der Medizingerätehersteller Corpuls einer der großen Arbeitgeber in Kaufering. Nun hat sich der Seniorchef, der im März 79 Jahre alt wird, komplett zurückgezogen und überlässt das Feld der nächsten Generation. Was ein Pfarrer mit dem Namen des Unternehmens zu tun hat und warum der Firma kurz nach der Gründung schon wieder das Aus drohte, erzählt Stemple dem LT.

    Dass Günter Stemple seine eigene Firma gründete, ist einem unerfreulichen Ereignis geschuldet. „Ich habe als Geschäftsführer für ein Unternehmen gearbeitet und sehr viel Kraft und Zeit investiert. Nach sieben Jahren habe ich im Sommer 1981 den ersten größeren Urlaub gemacht. Als ich zurückgekommen bin, haben die Gesellschafter mir mitgeteilt, dass sie meine Dienste nicht mehr brauchen würden. Ich stand vor dem Nichts.“

    Die Bank erhält das Haus als Sicherheit

    Doch den Kopf in den Sand stecken, das ist nicht Günter Stemples Art. Er entschied sich, das Wagnis mit einer eigenen Firma einzugehen. „Ich habe das gerade abbezahlte Haus für einen Kredit über 270.000 D-Mark bei der Bank als Sicherheit hinterlegt und im 60 Quadratmeter großen Hobbyraum unseres Eigenheims neu angefangen.“ Einen Mitarbeiter der alten Firma – die Ende 1982 laut Stemple Insolvenz anmeldete – warb er ab, so der Vater dreier Töchter und eines Sohns. Als Anreiz erhielt der Mitarbeiter einen Anteil von zehn Prozent an der neuen Firma.

    Im Keller tüftelten sie an einem neuen Prototyp von Defibrillator, den sie im Sommer 1982 auf einer Messe vorstellten. Als Marktnische hatte der Firmengründer Geräte ausgemacht, die auch im Außeneinsatz für den Rettungsdienst gut verwendbar sein sollten. Erklärtes Ziel sei gewesen, einen „robusten, kompakten und leichten Defibrillator zu bauen“, so Stemple, der gebürtig aus Pfaffenhausen bei Mindelheim stammt. Im ersten Jahr verkauften sie 200 Geräte. „Das war eine Punktlandung. Der Kredit und auch das noch vorhandene Eigenkapital waren aufgebraucht, als wir das erste Gerät ausgeliefert haben“, erinnert sich der Gründer der GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple GmbH, die unter dem Produktnamen Corpuls bekannter ist.

    Für die Firma Corpuls ging es ums Überleben

    Doch der damals weltgrößte Hersteller von Defibrillatoren, eine Firma aus den USA, wurde auf die Konkurrenz aus Kaufering aufmerksam. Die deutsche Vertriebsniederlassung kaufte eines der Geräte und ließ von einem Institut ein Negativgutachten anfertigen. Die Folge war ein Gerichtsprozess. „Da ging es für uns ums Überleben. Zum Glück haben wir einen Vertriebsmitarbeiter des Unternehmens kennengelernt, der bereit war, sich für uns als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen und zu berichten, wie alles gelaufen ist“, erinnert sich der 78-Jährige. Der Prozess endete mit einem Vergleich.

    Den Schritt vom Ingenieurbüro zur GmbH vollzog er Anfang 1983. Bei der Namensfindung für sein Produkt unterstützte ihn sein Onkel, ein Pfarrer mit Latein- und Griechischkenntnissen. Cor bedeutet Herz und das Wort Puls heißt übersetzt Schlag. Stemple hat sich den Namen schützen lassen. Als es dann im Hobbyraum zu eng wurde, mietete sich Günter Stemple, der in München und Augsburg Nachrichtentechnik studiert und in die Medizintechnik hineingeschnuppert hatte, ab 1984 bei Hilti ein. Das Unternehmen meldete aber schon nach zwei Jahren Eigenbedarf für die Räume an. „Das war für mich der Punkt, an dem ich entschieden habe, dass wir etwas Eigenes bauen.“ Von der Gemeinde erwarb er 4000 Quadratmeter Grund in der Hauswiesenstraße, wo über die Jahre immer wieder erweitert wurde.

    Als Erfolgsrezept hat der Firmengründer unter anderem die Innovationskraft des Unternehmens ausgemacht. „Wir haben beispielsweise seit zehn Jahren ein Alleinstellungsmerkmal mit einem von uns entwickelten Gerät, das drei Module zusammenfasst, die auch einzeln verwendet werden können.“ Dieses könne Vitalfunktionen wie den Blutdruck überwachen, verfüge über einen Defibrillator und einen Monitor zur Bedienung der beiden Geräte. Die drei Komponenten kommunizieren über Funk miteinander. Der Wegfall der Kabel erleichtere die Arbeit. „Gerade in Hochhäusern oder da, wo es eng ist, ist es ein Unterschied, ob die Einsatzkräfte neben dem Patienten auf der Trage noch ein oder sechs Kilogramm zusätzlich tragen müssen. “

    Die Firma Corpuls mit Sitz in Kaufering stellt Medizinprodukte her, die unter anderem in Rettungshubschraubern zum Einsatz kommen.
    Die Firma Corpuls mit Sitz in Kaufering stellt Medizinprodukte her, die unter anderem in Rettungshubschraubern zum Einsatz kommen.

    Corpuls entwickele die Geräte zudem alle so, dass sie in Rettungshubschraubern eingesetzt werden könnten, sagt Stemple. „Da sind die Bedingungen so anspruchsvoll, dass sie dann auf jeden Fall für den Einsatz auf der Straße auch geeignet sind.“ Große Hoffnungen setzt das Unternehmen auch in das Thema Telemedizin und hat ein Videokonferenzsystem entwickelt, bei dem der Rettungssanitäter im Fahrzeug sich mit dem diensthabenden Facharzt in der Klinik austauschen kann. Auch könnten medizinische Daten – beispielsweise vom EKG – über das Handy an den Arzt übermittelt werden, und der könne Handlungsempfehlungen geben.

    Ein anderes Erfolgsrezept ist aus seiner Sicht, dass die Geräte nicht über den Fachhandel vertrieben werden, sondern Corpuls sein eigenes Netz hat. Das sei angesichts der umfangreichen Aufgaben bei der Beratung, Schulung und Wartung der Geräte sinnvoll, ist der Firmengründer überzeugt. Die Geräte der Kauferinger sind in 70 Ländern zugelassen, und in 50 Staaten hat das Unternehmen Geschäftspartner.

    Die Firma aus Kaufering hat 300 Mitarbeiter

    Inzwischen hat Corpuls mehr als 300 Mitarbeiter und führt Gespräche mit der Marktgemeinde über eine neuerliche Erweiterung. Stark gewachsen sei die Belegschaft mit dem Einstieg seines Schwiegersohns Christian Klimmer um die Jahrtausendwende. „Er hat auf dem internationalen Markt deutlich mehr Kunden gewonnen. Vorher hatten wir 50 Mitarbeiter“, so der Firmengründer. Klimmer gehört wie seine Frau Iris, geborene Stemple, und Klaus Stemple zur Geschäftsführung. „Wir haben den Kindern die Wahl gelassen, was sie machen möchten. Ich habe dann aber mit 65 Jahren gesagt, dass sie entweder in die Firma einsteigen oder wir verkaufen“, sagt der Seniorchef, der sich viele Jahre alleine um die Themen Vertrieb und Entwicklung kümmerte.

    Das funktioniere nur, wenn man gesund bleibe und die Familie mitziehe, betont er. „Meine Frau Adesta hat sich um die Finanzen gekümmert und war quasi Mädchen für alles.“ Dass er viele Jahre noch in der Geschäftsführung blieb, habe auch damit zu tun, dass er sein Wissen weitergeben wollte und die Arbeit mit jungen Menschen auch für ihn gewinnbringend sei.

    Günter Stemple hat zwölf Enkel

    Dass ihm nun langweilig werden könnte, fürchtet Günter Stemple, der auf der Suche nach bezahlbarem Baugrund fürs Eigenheim in Kaufering 1974 fündig wurde, nicht. „Ich werde sicherlich viel Spazieren gehen und habe zwölf Enkel.“

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