Startseite
Icon Pfeil nach unten
Landsberg
Icon Pfeil nach unten

Issing: Wie die Tatort-Kultserie begann

Issing

Wie die Tatort-Kultserie begann

    • |
    Dr. Georg Feil ist auch für die Tatorte aus Münster verantwortlich, die meist keine normalen Krimis, sondern auch voller hintersinnigem Humor sind.
    Dr. Georg Feil ist auch für die Tatorte aus Münster verantwortlich, die meist keine normalen Krimis, sondern auch voller hintersinnigem Humor sind. Foto: Julian Leitenstorfer

    „Taxi nach Leipzig“ wird am Sonntag, 13. November um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt. Moment, hieß so nicht die allererste Folge der mittlerweile zum Kult gewordenen Krimi-Reihe „Tatort“? Richtig. Und die 1000.

    Weitere Berichte zum diesem besonderen Jubiläum finden Sie heute auch auf unserer Medienseite und im Bayernteil. Hier finden Sie auch ein Kurzinterview mit Dr. Feil,

    In der am 29. November 1970 ausgestrahlten ersten Folge ermittelte Walter Richter als Hamburger Kommissar Paul Trimmel. Wie unzählige Zuschauer wird auch Georg Feil aus Issing an diesem Abend vor dem Fernseher sitzen und sich die Jubiläumsfolge ansehen. Anders als Millionen Tatort-Fans, für die es Kult ist, den Sonntagabend mit den ermittelnden, mittlerweile 22 aktiven und bis heute insgesamt 125 Tatort-Kommissaren zu verbringen, kennt Georg Feil längst jede einzelne Sequenz der NDR-Produktion. Bis ins kleinste Detail, jede Einstellung, jede Requisite, jeden Drehort, jeden Dialog. Denn: Georg Feil zeichnet, zusammen mit Dagmar Rosenbauer, als Produzent verantwortlich für diese 1000. Folge, bei der eine Taxifahrt zum Höllentrip für Lindholm und Borowski wird. „Es ist ein ungewöhnliches Drehbuch, das Alexander Adolph geschrieben hat“, erzählt Georg Feil im Gespräch mit dem Landsberger Tagblatt. Rund 40 Minuten der Folge spielen in einem Taxi, in dem Borowski und

    Seit 1970 im Programm der ARD

    Um möglichst viele Blickwinkel des Geschehens einfangen zu können, hätten vier identische Taxis im Studio installiert werden müssen, berichtet er über die technische Herausforderung, die es zu meistern galt. Weiter ins Detail will er aber nicht gehen und sagt zur Jubiläumsfolge nur noch: „Die gesamte Filmhandlung ist auf den Zeitraum einer einzigen Nacht beschränkt.“ Die Folge wurde über einen Zeitraum von 25 Tagen an Drehorten in Leipzig, Salzgitter, Berlin und Braunschweig entstand, verspricht Feil. Denn unter anderem darin liege das Erfolgsgeheimnis des Formats. „Das hat man damals auf einer DIN A4-Seite festgehalten und die gibt es heute noch“, sagt Feil. „Das Format für den Marienhof zum Beispiel ist auf rund 1000 Seiten festgeschrieben“, ergänzt er.

    1000 mal Tatort, 1000 zu ermittelnde Fälle und eine Vielzahl von Kommissaren die sich mit Verbrechen unterschiedlichster Art auseinander zu setzen hatten. Zu den legendärsten dürfte wohl Götz George zählen, der als „ Horst Schimanski in Duisburg ermittelte und während der Produktion des Jubiläums-Tatorts starb. „Er war der größte Tatort-Kommissar aller Zeiten“, schwärmt Georg Feil. „Wir werden uns immer an ihm messen lassen müssen.“

    Seit 1970 flimmert die Krimireihe am Sonntagabend über die Mattscheiben und erfreut sich einer immer größer werdenden Fan-Gemeinde. „Ob das Günter Rohrbach bewusst war, als er bei einem Spaziergang durch den Kölner Stadtpark seinen beiden Ziehsöhnen Peter Märthesheimer und Gunther Witte zwei alternative Serienkonzepte abverlangte?“, fragt sich Georg Feil, der 1979 seinen ersten und den insgesamt 95. Tatort „Die Kugel im Leib“ mit Kommissar Haferkamp (Hansjörg Felmy) als Autor geschrieben hat. Von 1995 bis 2005 hat er in 36 Folgen der Köln-Tatorte und von 2002 bis 2005 in sechs Folgen der Münster-Tatorte als Produzent die Gesamtleitung übernommen.

    Vermutlich nicht, beantwortet er die Frage selbst. Nicht zuletzt die Tatsache, dass erstmals eine Serie entwickelt wurde, bei der „jeder ARD-Sender seinen eigenen Kommissar haben durfte und auch sonst so gut wie alles machen konnte, was und wie er wollte“, sieht Georg Feil bis heute als Grundbaustein für den Erfolg. „Das war eine geniale Idee“, sagt Georg Feil, der nach seinem Studium der Germanistik, Geschichte, Politischer Wissenschaften und Kommunikationswissenschaften promovierte. Als eine Möglichkeit, Geschehnisse in der Welt zu hinterfragen und zu beleuchten, bezeichnet Feil, der 1989 den Adolf-Grimme-Preis mit Bronze für „Der Fahnder“ und 2003 den International Emmy Award für „Mein Vater“ in Empfang nehmen durfte, die Kultserie, die Sonntagsabends die Nation vor dem Fernseher vereint. „Lassen Sie es mich so formulieren: Der Tatort ist ein Buch über das Weltgeschehen mit dem Versuch, dieses zu deuten.“

    Feil spricht vom „kommunikationstechnischen Kniff“, mit dem er, der an etwa 57 Tatort-Folgen verantwortlich mitgearbeitet hat, einer Folge so viel Realität, Emotionalität und Aktualität verleiht, dass der Zuschauer sich bei jeder einzelnen Geschichte sicher ist: „Das kenn ich.“

    Unendlich viel Recherche sei notwendig, Gespräche mit Polizisten, mit Pathologen, Beobachtungen im Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis. „So lange, bis mich der Fall gepackt hat, bis die Figuren zu leben beginnen“. So war es auch bei seinem ersten Münster-Tatort. Feil erinnert sich: „Nachdem fast jeder Sender seinen Kommissar hatte und die Sache blendend lief, wollte jeder mehr davon haben.“ Eigentlich hätte es einen Dortmund-Tatort geben sollen. Feil aber wünschte sich etwas Spezifisches. Und weil er in Münster aufgewachsen ist sei ihm klar gewesen: In Münster gibt es Typen und Münster ist eine Stadt mit großer Film-Tradition und einer Pathologie der Universität.. „Der Leiter der Pathologie war äußerst gesprächsbereit“, erinnert sich Georg Feil. „Er erzählte uns frei von der Leber weg und ohne es vielleicht selbst zu merken, die ersten beiden Fälle.“

    Ende vergangenen Jahres fanden die Dreharbeiten zum 1000. Tatort statt. „Dagmar Rosenbauer hat mich angerufen und gefragt, ob ich mit ihr diesen Tatort produzieren möchte.“ Für ihn sei es überhaupt keine Frage gewesen, zumal mit Alexander Adolf als Autor und Regisseur ein Stoff vorlag, den es so noch nicht gegeben hatte. „Damit befanden wir uns in der allerbesten Tradition der ersten Jahre“, sagt Feil. „Die Jubiläumsfolge wird sich vom Bekannten unterscheiden, es ist nichts so, wie es immer schon gewesen ist. Und - wir haben uns nicht geschenkt. Zumal die Produktion technisch wie organisatorisch alles andere als einfach war.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden