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Issing: Nur die Schubkarre genießt den Ruhestand

Issing

Nur die Schubkarre genießt den Ruhestand

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    Auch eine umfunktionierte Schubkarre findet man in Alois Streichers grünem Paradies in Issing. Eine Rasenfläche sucht man vergebens.
    Auch eine umfunktionierte Schubkarre findet man in Alois Streichers grünem Paradies in Issing. Eine Rasenfläche sucht man vergebens.

    Gärtnern zählt nicht nur im Landkreis Landsberg zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Viele Menschen bezeichnen sich als Gartenliebhaber. Beim Tag der offenen Gartentür am Sonntag, 25. Juni, können wieder private Gärten von 10 bis 17 Uhr besucht werden. Im Landkreis geben acht Gartenbesitzer Einblick. Wir stellen sie vor. Heute den Garten von Alois Streicher in Issing.

    Wer den Begriff „Selbstversorger“ hört, vermutet reihenweise Gemüse und Obstbäume. Doch im Garten von Alois Streicher in Issing erwartet den Besucher etwas anderes: ein Blütenmeer und dazwischen überall Brokkoli, Kohlrabi, Lauch, Sellerie und diverse andere Gemüsepflanzen. Was man vergeblich sucht, ist eine Rasenfläche. Der Garten liegt am Hang, ist komplett bepflanzt. Mit der Anlage der Wege entstanden Terrassen. Die Wege sind an der Hangseite mit hübsch bepflanzten Betonsteinen begrenzt.

    Maibeere und Felsenbirne

    Der Besucher wandelt auf verschiedenen Untergründen durch den Garten. Es gibt Folienhäuser und abgedeckte Hochbeete voller Gemüsepflanzen, die mit feinen Netzen gegen Schädlinge geschützt werden (es gibt kein Spritzmittel oder dergleichen). Maibeere, Felsenbirne, Josta- und Johannisbeeren und die unterschiedlichsten Kräuter wachsen im Garten, darunter Besonderheiten wie die Pflanze der Unsterblichkeit. Davon ernährt sich der 71-jährige Besitzer, wie er sagt.

    Doch es blüht auch anderswo. Neben der Blumenvielfalt gibt es üppig rankende Waldreben und die gefüllte Klematis die sich mit Kletterrosen an Bäumen emporranken und bald hunderte Blüten bringen werden. Ein rot blühender alter Holunder, weitere Großbäume und überall Fuchsien voller Blüten. Einige Beete sind mit Buchshecken eingerahmt. Alois Streicher streicht zärtlich über sie hinweg. „Er will gestreichelt werden“, sagt der Rentner. Darum sei er so schön.

    Ein Hauch von Romantik

    Skulpturen und Pergolen versprühen im Garten einen Hauch von Romantik. 6000 Liter Regenwasser fängt Alois Streicher auf. Nur dieses verwendet er zum Gießen und für den Goldfischteich im Westen des Hauses, der von zwei etwa 30 Jahre alte Kiefern, an denen sich weiße Rosen emporranken, beschattet wird. Alle Schattenplätze füllen unzählige verschiedene Sorten buntlaubiger Purpurglöckchen aus. Sein Saatgut und Pflanzen hat Streicher nur von Gärtner Pötschke. „Weil der noch Natursamen hat.“

    Sitzplätze und Betonsteine mit Holzauflage laden ein zum Rasten und Staunen. Die rund 600 Quadratmeter Garten sind mit Liguster- und Tujahecken eingefasst. Unglaublich, was der braun gebrannte, drahtige Mann, der lieber seinen Garten als sich selbst fotografieren lassen möchte, in Handarbeit geschaffen hat. 30 Jahre lang bewerkstelligte er die Erdbewegungen nur mit einer Schubkarre. Sie brach irgendwann unter der Last zusammen und darf seitdem, mit Blumen üppig bepflanzt, ihren Ruhestand inmitten der Beete genießen.

    Hauswurzen blühen auf Betonsteinen

    Gerade beginnen die Hauswurzen auf den Betonsteinen zu blühen – dazwischen zarte Porzellan-Röschen. Das Besondere ist spürbar, der Garten spiegelt Alois Streichers Liebe zur Natur wider. Für Gartenvögel hat er 15 Nisthilfen angebracht. Er betont, wie wichtig rankender Efeu und Liguster als Rückzugsorte für Zaunkönig, Rotkehlchen, Meisen, Amseln und Spechte seien. Er beobachtet sie beim Baden, schaut, wo sie ihre Nester bauen und freut sich daran, wie sie die Jungen aufziehen. „Alles darf hier sein, was der Natur förderlich ist“, meint Alois Streicher.

    Der gelernte Schreiner stammt aus der Gärtnerfamilie Streicher in Utting und hat einen besonderen Hang zur Landschaftsgärtnerei. Zurzeit ist er sehr eingespannt bei der Anlage des Gartens der Friedensappelle bei Denklingen. Dort hilft er seinem jüngeren Bruder Ludwig Streicher. Mit ihm hat er eine Wiese in einen Garten verwandelt. Das Herz-Jesu sei dem Bruder wichtig, so habe er den Mittelpunkt, ein Herz, aus dem Gras gestochen, Rosen und Waldreben gepflanzt, den Garten angelegt und mit ihm die Kapelle ausgebaut.

    „Ich kann meine beiden Berufe wunderbar verbinden, ich habe damals auch mein Haus innen mit Holz ausgebaut“, meint der naturverbundene Mann, der in Issing auch das Kreuz auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Schule pflegt. Was er erntet und nicht gleich braucht, friert Alois Streicher ein. „Jeden Tag gehört bei mir eine Zwiebel in die Pfanne.“

    Im Laufe der Zeit habe er die Lust auf Fleisch und Wurst verloren. Er wolle den Geschmack von Kräutern und Gemüse voll spüren. Und so kommt bei ihm viel Salat und Gemüse auf den Tisch: im Winter Pastinaken, Sellerie, Chinakohl und rote Rüben. „Jeden Morgen stärke ich mich mit einem Müsli, jetzt mit Maibeeren, später Felsenbirne und Himbeeren“, sagt der 71-Jährige.

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