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Ising: Ein charmanter Hundling und technische Brillanz

Ising

Ein charmanter Hundling und technische Brillanz

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    Muss aufpassen, dass er von Kater Caspar keine gewischt bekommt: „Hundling“, Heike Pillemann, Kaltnadel, geschnittene Form, Collage, 2016.
    Muss aufpassen, dass er von Kater Caspar keine gewischt bekommt: „Hundling“, Heike Pillemann, Kaltnadel, geschnittene Form, Collage, 2016.

    100 Exponate von 16 Künstlern – das klingt rekordverdächtig, und ist auch im Issinger Pfarrhof mit seinen drei Ebenen plus Zwischengeschoss nur möglich, weil die aktuelle Schau „Die Radierung III – 2. Hängung“ die Grafik, und einmal nicht die Malerei in den Mittelpunkt des Interesses rückt. Die großen, mitunter wandfüllenden Arbeiten, die es in der Galerie Josephski-Neukum verschiedentlich auch schon zu sehen gab, sind – nicht zuletzt aufgrund der ganz anderen Entstehungsweise von Werken im Tiefdruckverfahren – im Augenblick dort nicht zu finden. Stefanie Neumanns Hochformate „My desperate kingdom of love“ und „This world can leave us broken inside“, beide Kaltnadel, geschnittene Form, chine collé, mit jeweils knapp über einem Meter Seitenlänge, bilden da schon die „große“ Ausnahme.

    Doch geht es in Teil drei einer 2001 begonnenen und 2008 fortgesetzten Ausstellungsreihe nicht darum, Rekorde aufzustellen. Vielmehr wollen die Galeristen Helga Neukum und Joschi Josephski „die Möglichkeiten der Radierung (künstlerischer Tiefdruck) in ihrer Vielfalt“ aufzeigen – ein längst nicht so akademisches Unterfangen wie es sich vielleicht anhören mag. Obschon sich einem interessierten Fachpublikum mit ungewöhnlich großer Vielfalt auf relativ engem Raum durchaus seltene Vergleichsmöglichkeiten bieten. Wer aber nicht so tief einsteigen möchte, der überlasse das Rätseln um Begriffe wie „Mezzotinto, Pinselätzung, Reservage“ und einige andere mehr getrost denen, die sich auch für die technische Seite der Druckkunst interessieren und wende sich selbst stattdessen deren rein sinnlich erfahrbaren Ergebnissen zu. Und da gibt es viel zu sehen. Viel Neues auch, in Teil zwei der nach der Winterpause zu etwa einem Drittel umgestalteten Ausstellung. Mit Brigitte Heintze als Gast ist sogar eine Künstlerin hinzugekommen. In Motivabwandlung zeigt sie aus dem Zyklus „Gelo e Isca“ zwei überzeichnete Radierungen, Unikate, und erweitert den bisherigen Farbkanon um einen weiteren, zart blau-grauen Akzent. An gleicher Stelle – – und hier erweist sich der obere Flur als eine Art Kabinett des Farbdrucks – finden sich Gegenüberstellungen so unterschiedlich arbeitender Künstler wie Stefanie Neumann mit ihrem dunkel vor den Hintergrund eines Weihnachtidylls aus Rehen und Christbaumkugeln auf Geschenkpapier gesetzten „tree“ aus dem Jahr 2012 sowie Rolf Hegetusch mit zwei Werken etwas früherer Entstehungszeit, dessen älteres, „Meridien bleu“, im kontrastierenden Einsatz warmer und kalter Farbtöne eine beinahe schon magische Strahlkraft entwickelt; direkt gegenüber Felix M. Furtwänglers sechs geheimnisvoll-düstere Farbradierungen aus dem Zyklus „Torquatus Tassus“ und schließlich die hoch kreative Heike Pillemann, deren einer Kater „Casper I“ sich verabschiedet hat, ersetzt und würdig vertreten nun durch einen ebenso charmanten „Hundling“, der freudig wedelnd auf den zurückgebliebenen, etwas grantig dreinblickenden „Casper II“ zugelaufen kommt. Armer

    Ebenfalls farbig und technisch brillant: Raimund Wäschle, der im Zwischengeschoss mit seinen warm-leuchtenden „Shunt“ aus 2004 und 2005 und zwei in ihrer Komposition ähnlich angelegten, skizzenhaften und eher kühl temperierten Arbeiten mit einer kleinen Werkauswahl der vergangenen zehn Jahre vertreten ist. Rolf Hegetuschs Reliefdrucke, die in Linien- und Farbführung weichfließenden „Rheingold I“ und „Rheingold II“, bilden eine kontrastierende Sichtachse; ebenso die fast holzschnittartigen Schwarz-Weiß-Drucke teils erst kürzlich wieder entdeckter Druckplatten des 2014 verstorbenen Künstlers Helmut Rieger.

    Weiterhin im Treppenaufgang zum Dachgeschoss beeindrucken Stefan Wehmeiers als Dreiergruppe gehängte, eisig weiße und blaue beziehungsweise in glühendes Rot gesetzte Gebirgslandschaften und – oben angekommen – fünf Arbeiten aus dem Nachlass des 2010 verstorbenen, großen Melancholikers Andreas Bindl.

    „Die Radierung III – 2. Hängung“ ist auch in ihrer Überarbeitung nach der Winterpause intensiv genutztes Forum für nicht weniger als 16 zeitgenössische Künstler zur Präsentation unterschiedlichster Positionen und drucktechnischer Varianten. Zusätzlich zu den bereits genannten beteiligen sich Anna Margrit Annen, Christina von Bitter, Heiko Herrmann, Franz Hitzler, Tom Kristen, Walter Tafelmaier und Richard Vogl.

    Geöffnet ist die Ausstellung noch dieses und das darauffolgende Wochenende, immer samstags und sonntags von 14 bis 19 Uhr in der Galerie Josephski-Neukum, Wessobrunner Straße 5, Issing, Telefon: 08194 999075.

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