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Holocaust: KZ-Außenlager Kaufering: Gedenkstätte soll kein Disneyland werden

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KZ-Außenlager Kaufering: Gedenkstätte soll kein Disneyland werden

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    Die Baustelle am ehemalige KZ-Außenlager Kaufering VII an der Erpftinger Straße ist so gut wie eingerichtet. Am kommenden Montag gehen die Arbeiter und Spezialisten nun in die „heiße“ Phase der Konservierung der früheren Tonröhren-Erdbunker, einem Projekt, das es so in Deutschland noch nie gegeben hat.

    Entsprechend interessiert zeigen sich inzwischen die Denkmalschutzorganisationen wie etwa die Stiftung Bayerischer Gedenkstätten, das Landesamt für Denkmalpflege oder auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, schließlich handelt es sich bei den Gebäuden aus dem Jahr 1944 um ein „Denkmal von nationaler Bedeutung“. Manfred Deiler, Vizepräsident der Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung: „Ohne diese Einstufung stünden wir heute vermutlich nicht hier.“ Dann wäre es vermutlich auch nicht möglich gewesen, dieses Zeitdokument nationalsozialistischer Gräueltaten für die nächste Generation zu erhalten.

    Inzwischen wieder in Vergessenheit geraten

    Auf so lange Zeit, nämlich 20 bis 30 Jahre, sind die konservatorischen Arbeiten ausgelegt, die jetzt im KZ-Außenlager am Anlaufen sind. Architekt Franz Hölzl (Büro für Denkmalpflege, München) gilt dabei als „Mann für schwierige Fälle“ und eine solche Herausforderung stellt die Konservierung der Erdbunker schon allein aus dem Grund dar, weil es so etwas zuvor noch nicht gegeben hat. Die früheren Unterkünfte für Zwangsarbeiter, die 1944 bis 1945 beim Bau der nahen Bunkeranlage in der Welfenkaserne eingesetzt waren, sind in Deutschland kaum bekannt, allerdings nicht einzigartig: „Solche Tonröhrenbauwerke wurden früher in Südfrankreich hergestellt, sind aber inzwischen wieder in Vergessenheit geraten.“ Auch in Holland wisse man von einer Kirchenkuppel, die eine ähnliche Konstruktionsart aufweise.

    In Landsberg wurden damals diese Tonröhren, die Flaschen ähneln, die unten keinen Boden aufweisen, ineinander gesteckt und auf eine halbrunde Holzverschalung aufgebracht. Dieses Dach wurde dann auf in die Erde eingelassene Betonfundamente gestellt und fertig waren die Erdbunker. Inzwischen sind einige davon bereits zusammengebrochen, die letzten drei noch einigermaßen intakten Gebäude sollen nun gesichert werden. Los geht’s dabei am Montag mit dem Gebäude Nummer vier, an dem Spannanker von außen durch das Gebäude getrieben werden, um den Außenwänden während der Konservierung Halt zu verschaffen.

    Einen Tag später haben dann die Archäologen das Sagen. Franz Hölzl: „Wir müssen um das Gebäude das Erdreich auf einer Breite von etwa zwei Metern abtragen und auch von den Bunkerdächern entfernen.“ Die Archäologen werden das geöffnete Erdreich untersuchen und dann die weiteren Arbeiten freigeben. Nächster weiterer Schritt der Konservierung ist die Entfernung der äußeren Gebäudeschicht. Die wurde 1944 nämlich mit Teer gestrichen, um die Unterkunft abzudichten. Das sei damals Stand der Technik gewesen, doch Teer trocknet und reißt. Dadurch ergaben sich Undichtigkeiten, die inzwischen die Statik der Erdbunker gefährden. Ersatzweise wird nun eine wurzelfeste Abdeckung aus modifiziertem Bitumen aufgebracht, die später wieder von Gräsern bewachsen werden kann.

    Im derzeitigen Zustand erhalten und nicht neu bauen

    Den Innenraum hat ein Konservator schon begutachtet. Dort werden die freiliegenden Tonröhren, die sich langsam von der Decke ablösen, mit einem mineralischen Kleber wieder fixiert. Franz Hölzl: „Wir werden aber nur die lockeren Röhren oder Röhrenteile sichern und nichts wiederherstellen.“ Die Bunker sollen nämlich in dem derzeitigen Zustand erhalten und nicht neu gebaut werden. Manfred Deiler: „Wir wollen kein Disneyland aus der Gedenkstätte machen.“

    Allerdings werden später Besucher durchaus die Erdbunker – auch von innen – besichtigen können. Dazu werden von den Türöffnungen aus Treppen in die ehemaligen Häftlingsunterkünfte hinunterführen, auf eine Gehtrasse, die als Laufweg eingebracht wird. Außerdem werden Stromanschlüsse gelegt wie auch Vorbereitungen getroffen, um eventuell später einmal auch Gegenstände dort ausstellen zu können. Alle Einbauten, so versichert Franz Hölzl, würden allerdings so neutral gehalten, dass das Auge nicht dran hängen bleibe.

    Ende Juli, Anfang August möchte der Architekt mit dem ersten Gebäude fertig sein. Dann würden die Ausschreibungen für die beiden anderen Gebäude drei und zwei erfolgen. „Dort werden wir dann bereits die Erfahrungen, die wir jetzt machen, mit einbringen können.“ In die Gebäude, und das weicht vom jetzigen Zustand ab, werden auch wieder auf jeder Seite zwei Fenster und eine Eingangstüre in die Öffnungen eingesetzt. Die Türe wird dabei wie damals aus einfachen Brettern bestehen.

    Probleme erwartet der Münchner Architekt trotz der bisher fehlenden Erfahrung mit einem solchen Objekt keine. Alle Arbeiter seien hochsensibel im Umgang mit dem historischen Material. Eingesetzt würden ohnehin nur Spezialfirmen, die mit dem Bestand umgehen könnten.

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