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Galerie: Winkelbilder: Zwischen profan und sakral

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Winkelbilder: Zwischen profan und sakral

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    Winkelbilder: Zwischen profan und sakral
    Winkelbilder: Zwischen profan und sakral

    Welcher Ort wäre wohl besser geeignet für eine Ausstellung zum Thema „Herrgottswinkel“ als die Galerie Josephski Neukum im historischen Pfarrhof in Issing? Und das, obwohl die Idee hierzu eigentlich aus Düsseldorf stammt, genauer aus der Galerie Peter Tedden, die vor fünf Jahren eine Ausstellung zu eben diesem Thema veranstaltete.

    Der Katalog fand seinen Weg nach Issing in die Galerie Josephski Neukum und beschäftigte die Galeristen so lange, bis sie beschlossen, selbst etwas dazu auf die Beine zu stellen. Das Ergebnis ist eine Ausstellung, die sich sehen lassen kann: 127 Arbeiten von 37 Künstlern verteilen sich auf die verwinkelten (!) und über alte Holztreppen verbundenen Räume des Pfarrhofs. Oder, wie Joseph Josephski selbst sagt, allein aufgrund der Menge der präsentierten Arbeiten war es eine der schwierigsten bisher kuratierten Veranstaltungen, aber auch eine der spannendsten.

    Er ist aus der bayerischen guten Stube auch heute kaum wegzudenken, der Herrgottswinkel, der stets so platziert ist, dass der Blick auf Anhieb darauf gezogen wird. Geschmückt mit einem Kruzifix oder Heiligenfiguren bietet er die Möglichkeit zur Andacht und inneren Einkehr. Nicht mehr aktuell?

    Es sind teils erfrischende Antworten, die die 37 Künstler in der Auseinandersetzung mit diesem speziellen Eck gefunden haben, und doch wird auch deutlich, wie schwierig es ist, sich von den in der Kunstgeschichte tradierten Bildern der christlichen Ikonografie zu lösen. Es sind sehr unterschiedliche Interpretationen dieser Bildtraditionen zu sehen, beispielsweise eines Kruzifixes oder einer Pietà. Gerade Letztere soll, wie das Erbärmdebildnis des leidenden Christus, über die Compassio, das Mitleiden, zum Bereuen und zur Besserung menschlichen Handelns führen. Eine Intention, die heute kaum noch verstanden wird, zu sehr haben sich die Zeitenläufe geändert. Auch Altäre oder Madonnen entsprechen dem typisch christlichen Bildkanon und bieten Raum für mannigfaltige Interpretation. Und nicht zuletzt die Natur als Andachtsraum ist ein mit der Menschheitsgeschichte eng verwobenes Motiv. Ein Aqua Spirito, ein Weihwasserbecken also, und ein Opferstock runden die Bandbreite der künstlerischen Arbeiten ab.

    Alles eine Frage des Blickwinkels also, sowohl für die Künstler als auch die Betrachter. Und Winkel, die die Künstler mit ihren teils skurrilen, teils faszinierenden und teils intellektuell durchdrungenen Ideen ausgestaltet haben, gibt es im alten Pfarrhof genug zu entdecken. Da ist das schon erwähnte große Weihwasserbecken von Willi Weiner, das Aqua Spirito, das in seiner Größe an ein Füllhorn erinnert und wie in einer Kirche am Eingang platziert ist. Oder das Bavarian Geistereck von Skadé, einer bayerischen Schamanin, die dem Herrgottswinkel damit eine Vielfalt völlig neuer Konnotationen hinzufügt. Fast unsichtbar die Quallen, die die Tierbilder von Doris Hadersdorfer wie kaum wahrnehmbare Schleier überziehen, und in den Hasenrosenkränzen von Doris Trummer eine unerwartete Entsprechung finden. Deren haptische Qualität allein lädt schon zur Andacht ein, auch ohne dass man sie durch die Finger gleiten lässt.

    Überhaupt die Andacht: Sie kommt trotz des teils eigenwilligen Umgangs mit der christlichen Ikonografie keineswegs zu kurz, sondern öffnet sich darüber hinaus zum profanen Bereich, was den eigenen Blickwinkel enorm erweitert. In einem Zeitalter, in dem die Grenzen zwischen profan und sakral zunehmend verwischen, das Sakrale profan und das Profane heiliggesprochen wird, bietet die aktuelle Ausstellung in Issing willkommene Anregungen, sich mit der eigenen kulturellen Verankerung auseinanderzusetzen. Denn dass christliche Bildtradition auch heute noch einen großen Teil der kulturellen Identität Europas ausmacht, konnte man zuletzt an den Reaktionen auf den Brand des Dachstuhls von Notre Dame in Paris feststellen.

    Die Künstlerpositionen zum Thema sind bis 30. Juni in der Galerie Josephski Neukum im Pfarrhof in Issing jeweils Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 14 bis 19 Uhr zu entdecken.

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