Am 8. und 9. September 1739 wurde das Dießener Marienmünster, damals Stiftskirche der Augustiner Chorherren, geweiht. 280 Jahre später, am Samstag und Sonntag, 7. und 8. September erinnert der Hausherr, Pfarrer Josef Kirchensteiner, mit Festakt, Festgottesdienst und Pfarrfest an dieses historische Ereignis.
Ein Beispiel für ein funktionierendes Europa
Seine Teilnahme am Festakt zugesagt hat kein geringerer als der Bauherr selbst, so heißt es jedenfalls geheimnisvoll, Propst Herkulan Karg, angekündigt. Kirchensteiner verrät nur so viel: „Propst Herkulan wird ein Interview geben über das, was ihn während des Baus des Dießener Himmels bewegt hat.“ 1732 nahm Propst Herkulan Karg das unter seinem 1728 verstorbenen Vorgänger Ivo Bader begonnene Kirchenbauprojekt wieder auf, in das er bedeutende Künstler der Zeit einbezog. Unter ihnen der Baumeister Johann Michal Fischer, der Bildhauer Johann Baptist Straub oder der Stuckateur Johann Georg Üblherr. Liest man die Namen der über 20 beteiligten Künstler, fällt auf, dass Karg den Gedanken an ein gemeinsames Europa schon damals in sich getragen habe, ist sich Pfarrer Kirchensteiner sicher. Er weist auf die Fähigkeit des Propstes hin, auch ohne eine gemeinsame Sprache unterschiedliche Künstler zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk vereint zu haben. „Für mich ist das Münster ein Beispiel für ein funktionierendes und harmonisches Europa, und das lange, bevor es überhaupt eine europäische Idee gab.“
Ein Sehnsuchtsort
Die Herausstellung des „Sehnsuchtsorts Marienmünster“ sei für ihn Anlass gewesen, den 280. Weihetag zu feiern, obwohl das kein rundes Jubiläum sei. Zusammen mit Kirchenpflegerin Barbara Mann und Pfarrgemeinderatsvorsitzendem Volker Bippus stellte Pfarrer Kirchensteiner seine Beweggründe vor, nicht bis zum 300. Jubiläumstag zu warten. „Wie kaum eine andere Kirche ist das Marienmünster hoch über dem Ammersee ein Kraftort, Oase und Thronsaal Gottes“, schwärmt Kirchensteiner und hebt das Alleinstellungsmerkmal des Münsters, die Mysterienbühne im prächtigen Hochaltar mit ihren 14 wechselnden Darstellungen hervor.
In rund 200 Kirchenführungen jährlich, von denen viele der Pfarrer selbst durchführt, erfahren Gläubige wie Kunstinteressierte dass der Dießener Himmel, das Kuppelfresko im Altarraum, 1736 von Johann Georg Bergmüller gemalt wurde.
Die Künstler arbeiten zusammen
Kirchensteiner berichtet auch vom herausragenden Zusammenhalt unter den Künstlern während der Erschaffung des Gotteshauses und gibt dazu ein Beispiel: Der Bildhauer Ehrgott Bernhard Bendl war mit der Schaffung des Rosenkranzaltars und des Kreuzaltars betraut. Er starb, bevor er seine Werke vollenden konnte. Damit das Gesamtbild der Kirche, die 1989 zum Münster erhoben wurde, stimmig sei, führten die ebenfalls mit an der Innenausstattung arbeitenden Bildhauer Aegidius Verhelst und Johann Baptist Straub das Werk zur Vollendung. „Man könnte beim Betreten des Münsters meinen, es stamme alles aus der Hand eines Künstlers“, schwärmt Kirchensteiner und betont einmal mehr die großartige Leistung des Propstes.
Große Bedeutung habe das Marinemünster auch als Grablege der Grafen und Herzöge des Herrschergeschlechts der Andechs-Meranier, erläutert der Pfarrer. Viele Heilige wie Rasso, der Stifter des Klosters und der Wallfahrtskirche in Grafrath, oder Hildegard, Kaiserin und Gründerin des Reichsstifts Kempten, stammen aus diesem edlen Grafengeschlecht. Auch Bischöfe wie Eckbert, der Erbauer des Bamberger Doms, oder Hanto von Augsburg entstammen dem Haus Andechs-Meranien.
Ein Festakt im Traidtcasten
Dennoch wird der Festgottesdienst am Sonntag, 8. September, nicht von einem Bischof zelebriert, sondern vom Diözesanadministrator Prälat Dr. Bertram Meier. Dieser leitet seit dem aus Altersgründen erfolgten Rücktritt von Bischof Konrad Zdarsa die Diözese, bis ein neuer Bischof ernannt ist.
Am Abend vor dem Festgottesdienst mit der Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart, in der Kirchenpflegerin Barbara Mann als Solistin zu hören sein wird, findet ein Festakt im Traidtcasten statt. Prof. Dr. Ferdinand Kramer, der mit Kirchensteiner in St. Ottilien Abitur machte, spricht in seinem Festvortrag über die Gesellschaft und Kultur Bayerns in der Zeit der Erbauung des Gotteshauses und Propst Herkulan Karg erzählt über seine „Freuden und Leiden während der Errichtung des Marienmünsters.“
Der Sonntag gehört dann den Gläubigen, die beim Pfarrfest mit Essen und Trinken, Kaffee und Kuchen, Spielen für die Kinder, einer großen Tombola und bei zwei Kirchenführungen das Weihejubiläum ihres Marienmünsters gebührend feiern können.
Mehr über das Marienmünster finden Sie hier: In Gedanken in Paris und bei der eigenen Kirche
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