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Dießen: Milch und Eier in Selbstbedienung: Wenn der Bauer geprellt wird

Dießen

Milch und Eier in Selbstbedienung: Wenn der Bauer geprellt wird

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    Der Dießener Landwirt Max Knoller hat die Vertrauenskasse abgeschafft. Nicht alle Kunden erwiderten sein Vertrauen.
    Der Dießener Landwirt Max Knoller hat die Vertrauenskasse abgeschafft. Nicht alle Kunden erwiderten sein Vertrauen. Foto: Thorsten Jordan

    „Es hat in den letzten Wochen einfach keinen Spaß mehr gemacht, abends die Kasse zu kontrollieren“, erzählt der Landwirt Max Knoller, der in Dießen den Seekuhhof führt. Sogar als er Vertrauen durch Kontrolle ergänzte, blieb die Unehrlichkeit Sieger. Es sei ein ambitionierter Versuch gewesen, die Sache mit der Selbstbedienung, den er jetzt allerdings erst einmal überdenken müsse. Den Mut verloren hat er allerdings noch nicht.

    Er hat ein halbes Jahr durchgehalten, nun musste er einfach handeln. Wiederholt wurden seine Angebote ohne zu bezahlen einfach mitgenommen, trotz zwischenzeitlich installierter Videoüberwachung und deutlichen Hinweisschildern. Jetzt hat die Familie Knoller nur wenige Monate nach Start der Verkaufshütte das System der Vertrauenskasse aufgegeben.

    Manche nutzten die fehlende Kontrolle aus

    Dabei lägen die Vorteile für Produzent wie auch Käufer auf der Hand, sagt Knoller: Im Vergleich zu einem Laden mit Personal biete sich beim Ab-Hof-Verkauf eine größere Flexibilität bei den Öffnungszeiten, Anschaffungs- und Betriebskosten seien günstiger als Lohnkosten. So konnten sich die Kunden bisher auch selbst rund um die Uhr mit Honig, Waschmittel, Eis, Saft und vor allem den Eiern, die aus dem Hühnermobil auf der Wiese gegenüber stammen, bedienen. Natürlich nicht kostenfrei, doch die fehlende Kontrolle nutzten einige „Kunden“ offenbar schamlos aus.

    Warum gerade seit Spätherbst die Diebstähle zugenommen haben, dafür hat Familie Knoller für sich eine Erklärung gefunden: „Wir denken, dass jetzt nicht so viel los ist in der Hütte und deswegen fühlen sich die Leute nicht mehr so beobachtet von anderen Kunden und nehmen es dann nicht so genau beim Zahlen.“ Damit will es Max Knoller aber nicht etwa bewenden lassen. Was die Diebstähle angeht, wurde bereits mithilfe von Bildern der Videoüberwachung Anzeige erstattet, und die Familie Knoller hofft auf eine baldige Aufklärung sowie weitere Hinweise von Kunden oder Passanten.

    Jetzt muss man an die Haustür kommen

    Noch im Oktober war der Agrartechniker zuversichtlich, dass sich die Leute an das System gewöhnen würden, obwohl zuvor schon die Wechselgeldkasse wegen eines größeren Verlustes abgeschafft wurde. Mut machten und machen den Knollers die vielen ehrlichen Kunden, die mitunter auch Zettel an der Wand als Schuldscheine und Guthaben zurückgelassen haben. Die müssen nun zwangsläufig auch unter der Übergangsregelung, bei der es viele Produkte eben nur noch an der Haustür gibt, leiden. Glücklicherweise, so Max Knoller, stelle der Weg über den Hof keine so große Hemmschwelle dar wie zunächst befürchtet, und der Verkauf laufe gut weiter.

    Immerhin gibt es die Milch der 85 Kühe, die im Sommer neben dem Stall weiden, noch zum Selberzapfen in der kleinen Verkaufshütte direkt an der Straße, und zwar für einen Euro pro Liter. Beim Verkauf ist Max Knoller, dem für die Umstellung auf Bio eine Molkerei fehlt, vor allem wichtig, dass die Milch einen möglichst kurzen Vertriebsweg hat und wenig verarbeitet wird, um Emissionen sowie Verpackung zu sparen.

    Außerdem möchte er den Verbrauchern natürliche regionale Produkte nahebringen und ihnen einen Einblick in die Erzeugung dieser Produkte geben, wofür auch eine Facebook-Seite und ein Instagram-Kanal betrieben werden.

    Daher geben er und seine Familie ihren Traum nicht auf. So sollen auch die übrigen Produkte, neben der Milch, ebenfalls hauptsächlich über einen Automaten vertrieben werden, was aber nicht ganz billig ist. So wird sich der eigens von einer Schweizer Firma gelieferte moderne Milchautomat erst nach fünf Jahren amortisiert haben. Dafür muss der Landwirt aber jährlich mindestens 4000 Liter Milch verkaufen. Ein weiterer Automat befindet sich momentan in Reparatur.

    Woanders gibt es alles im Automaten

    Die Knollers haben sich mit der Direktvermarktung ab Hof dem Trend zu einem bewussten Lebensstil mit regionaler Versorgung angeschlossen. Auch andere Landwirte in der Region nutzen das System der Vertrauenskasse für ihre Direktvermarktung mit unterschiedlichem Erfolg. So gab es in der erst heuer eröffneten Eierhütte in Wengen bislang keine größeren Probleme. Am Jackelhof in Rieden werden inzwischen alle dort angebotenen Produkte über Automaten verkauft.

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