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Dießen: Autobiografie: Am Schabbat ist jede Anstrengung verboten

Dießen

Autobiografie: Am Schabbat ist jede Anstrengung verboten

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    Die Buchhändler Ulrike Keutzer (links) und Anton Gruber (rechts) begrüßten Autorin Katalin Fischer zu einer Lesung ihres Romans „Die Fischers, die Hamburgers und die Bands“.
    Die Buchhändler Ulrike Keutzer (links) und Anton Gruber (rechts) begrüßten Autorin Katalin Fischer zu einer Lesung ihres Romans „Die Fischers, die Hamburgers und die Bands“.

    Die Schauspielerin, Tänzerin, Regisseurin und Autorin Katalin Fischer gehört zu den schillernden Persönlichkeiten der Dießener Kunstszene. Nun liegt das Manuskript ihres ersten Romans vor: eine Familiensaga „Die Fischers, die Hamburgers und die Bands“. Was oder wer hinter der Geschichte steckt, ist nicht schwer zu erraten.

    Die Kindheit verbrachte das Multitalent in Budapest

    Eine Frau wie Katalin Fischer mit einer spannenden Biografie musste irgendwann die eigene Geschichte erzählen und aufschreiben. Die Kindheit in Budapest, Schauspielschule in Tel Aviv, DPA-Korrespondentin und Rundfunkjournalistin mit Wohnsitzen in Paris und Dießen – ein spannender Stoff, ausreichend für ein umfangreiches Werk. Vor Kurzem hat sie Auszüge im Rahmen einer Lesung in der Buchhandlung Colibri in Dießen vorgestellt.

    Fünf Kapitel aus dem Romanprojekt, das bereits mehr als 300 Seiten umfasst, hatte die Autorin in die Dießener Buchhandlung Colibri mitgebracht. Die Handlung erstreckt sich über die Jahre 1905 bis 1920. Berichtet wird in drei Strängen aus dem Leben von Katalin Fischers Urgroßeltern, einmal mütterlicherseits und zweimal väterlicherseits, und deren Nachkommen.

    Der einzige Überlebende von sieben Geschwistern

    Im Mittelpunkt der Lesung: die Bankierstochter und ambitionierte Turmspringerin Clara Hamburger, die in ihrer Heimatstadt Berlin 1908 den Speditionslehrling Desider Fischer kennenlernt. Desider ist der einzige Überlebende von sieben Geschwistern und damit der einzige Sohn eines deutschstämmigen Bauchladenbesitzers aus Ungarn mit jüdischen Wurzeln.

    Katalin Fischer schildert die Geschichte ihrer Vorfahren vor den exakt recherchierten Hintergründen einer politisch und gesellschaftlich spannenden Zeit. Während sie ihren Protagonisten eine Stimme gibt, wird das brodelnde Berlin der 20er-Jahre ebenso lebendig, wie Österreich-Ungarn zwischen den beiden Weltkriegen. In ihrem Roman ist die Liebe der Theaterregisseurin zu skurrilen Situationen ungebrochen. So erzählt Katalin Fischer, wie 1905 das kleine Häuschen ihres Urgroßvaters David Fischer in Flammen steht. Der rettet sein Leben und den geliebten Lehnstuhl ins Freie, denn es ist Schabbat und jede Anstrengung, auch das Löschen von Feuer, ist an diesem Tag verboten.

    Der Club wurde bei einem Terroranschlag verwüstet

    Nachdenklich stimmt das Kapitel, das vom Lebensende des Gyula Band, Brotfabrikant aus Budapest, erzählt. Katalin Fischers Urgroßvater mütterlicherseits hatte sich im Jahr 1920, in dem Antisemitismus und Nationalismus auch in Ungarn neue Blüten trieben, in den „Demokratischen Club Budapest“ begeben. Just an diesem Abend wurde der Club durch einen Terroranschlag verwüstet. Der intellektuelle Gyula war einer von neun Toten.

    Für Zuhörer mit schwarzem Humor

    Lustig, zumindest für Zuhörer mit schwarzem Humor, wird es, wenn Katalins Großvater väterlicherseits Desider Fischer auf den Plan tritt. Er verspielte die Seele seines noch ungeborenen Sohnes beim Pokern mit dem evangelischen Pfarrer. Ein Gottesmann, so die Autorin, „der eher an einen Viehhändler erinnerte“. Der Pfarrer, so der Deal, darf das Kind evangelisch taufen, falls Desider beim Kartenspiel verliert. So kam es. Und wenig später, am 13. Oktober 1919, feiert der junge Vater die Geburt seines dritten Kindes mit seinen Berliner Freunden, seiner Geliebten Mizzi und einer Magnumflasche Deutz & Geldermann. Das Kind Franz wurde Katalin Fischers Vater.

    Enden, so die Autorin, soll der vorerst erste Teil des Romans mit der Geburt ihrer Mutter Ninu. Sie war die Enkelin des Budapester Brotfabrikaten Gyula Band.

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