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Ausstellung: Poetisch, traurig, hoffnungsvoll

Ausstellung

Poetisch, traurig, hoffnungsvoll

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    Dampfer Fisch Mauer 2007 – das Boot als Sinnbild für den Lauf des Lebens spielt im Werk von Andreas Bindl eine große Rolle. Es bedeutet Aufbruch und Tod.
    Dampfer Fisch Mauer 2007 – das Boot als Sinnbild für den Lauf des Lebens spielt im Werk von Andreas Bindl eine große Rolle. Es bedeutet Aufbruch und Tod. Foto: Foto: Gudrun Szczepanek

    Issing Ein Vogel und ein Berg auf Papier gezeichnet, genügen, um eine Flut von Gedanken und Emotionen im Betrachter auszulösen. Dabei sind die Arbeiten von Andreas Bindl (1928-2010) keineswegs laut und aufdringlich, sondern ruhig, zurückhaltend und poetisch. Ist es die Identifikation, das Mitfühlen mit seinen Kreaturen, das uns so bewegt? Mit offensichtlicher Anstrengung quält sich der Vogel den Berg hoch. Beinahe ist er oben angekommen, mit gerupften Federn und wie zum Schrei geöffnetem Schnabel. Wird er es schaffen? Doch was will er überhaupt auf dem Gipfel? Und warum fliegt er nicht? Sind diese Bilder nicht auch Metaphern für das Leben an sich, für Ziele, die wir uns auferlegen, für das Scheitern und das Leiden? Doch nicht nur das, es gibt auch Hoffnung. Der Vogel wird gleich den Gipfel erreicht haben, dann wird er stolz um sich blicken auf die Welt unter ihm.

    Keine klaren Antworten

    Die Arbeiten von Andreas Bindl sind vieldeutig und geben keine klaren Antworten. Sie sind sehr ungewöhnlich in unserer Welt der bunten, schreienden Bilder. Ihre Farbigkeit ist zurückhaltend, es dominieren Schwarz und Weiß und alle Grauabstufungen, die Ölkreiden und Gouachen ermöglichen. Farbe wird sparsam eingesetzt, oft nur als Untergrund, als Papierfarbe. Doch umso mehr wirken die auf das Wesentliche reduzierten Zeichnungen, die Gebärden und Körperhaltungen seiner Figuren. Dabei vermag es der Künstler auch den Gegenständen Leben einzuhauchen. Immer wieder begegnen wir Bergen, Mauern, Leiterwagen, Booten und Schiffen, die keineswegs starr erscheinen, sondern beseelt eine vieldeutige Dingwelt eröffnen.

    Andreas Bindl, geboren 1928 in Grünthal bei Rosenheim, wollte den elterlichen Hof nicht übernehmen, da ihm schon das Schlachten der Tiere unerträglich war. Angesichts seiner Bilder, in denen er immer wieder die Beziehung zwischen Menschen und Tieren thematisiert, glaubt man ihm das gerne. Nach einer Schreinerlehre ging er zunächst an die Schnitzschule nach Berchtesgaden und dann an die Münchner Kunstakademie, um Bildhauerei zu studieren. Die Existenz als freischaffender Künstler ist schwierig, und so war der Künstler dankbar für Aufträge im sakralen Bereich. In Memmingen schuf er zum Beispiel für die Kirche Maria Himmelfahrt eine Pietà, für die Pfarrkirche in Neugablonz ein Altarkreuz und eine Madonna für die Pfarrkirche in Göggingen.

    Mit seinen späteren Kunstwerken schaffte er eine Synthese zwischen Bildhauerei, Malerei und Zeichnung. Da ist in der aktuellen Ausstellung ein ungewöhnlicher Bildraum zu sehen. In einem flachen Objektkasten dehnt sich weit in die Tiefe ein sparsam gezeichneter Raum aus, der seitlich und nach vorne von konvex gewölbten Stoffpolstern flankiert wird. Die Tiefe in diesem sogenannten Polsterbild von 1974 entsteht durch das Schatten werfende Relief der Schaumstoffpolster im Kontext der Zeichnung. Auch Papier lässt sich nicht nur zweidimensional verarbeiten. Geknittert und bemalt wird es zum Objekt, zur Landschaft oder zur Figur. Neben diesen Reliefbildern zeigt die Ausstellung auch Skulpturen aus bemaltem Holz und Eisen, außerdem Bronzen, die die Motive der Bilder wie Berge, Boote oder Tiere ins Dreidimensionale übertragen und neu erfahrbar machen.

    Von 1980-1989 übernahm Andreas Bindl einen Lehrauftrag für Aktzeichnen an der Münchner Kunstakademie. 1986 bekam er den Villa-Romana-Preis und zeichnete in Florenz unter anderem einen Salome-Zyklus, aus dem einige Arbeiten in Issing zu sehen sind. Seit der Renaissance thematisierten Künstler die Geschichte der Salome. Fasziniert von der Schönheit und Brutalität der Stieftochter des Herodes zeichnet auch Bindl mehrfach ihren ekstatischen Tanz mit Tusche auf Papier. Nicht fehlen darf in dem Zyklus aus dem Alten Testament der schreckliche Lohn, den Salome von Herodes eingefordert hat: der Kopf von Johannes dem Täufer. Auch die Kreuzigungsszenen, die Bindl am Karfreitag zeichnete, sprechen von der weitreichenden Empathie des Künstlers.

    Andreas Bindl, der im Januar 2010 verstarb, wurde für sein künstlerisches Werk mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Neben den mythologischen Themen interessierten ihn zeitlebens die eigenen, existenziellen Erfahrungen, die er mit der reduzierten Sprache seiner Kunst neu formulierte. Bei aller Ernsthaftigkeit der Darstellungen beinhalten seine Arbeiten eine große Poesie, die traurig und hoffnungsvoll zugleich ist.

    Termine Die Ausstellung ist bis zum 13. Juni, Samstag und Sonntag von 14-19 Uhr in der Galerie Josephski-Neukum, Wessobrunner Straße 5 in Issing zu sehen.

    Weitere Infos im Internet

    www.galerie-josephski-neukum.de

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