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Landkreis Landsberg: Als die Flüchtlingskrise Landsberg erreichte

Landkreis Landsberg

Als die Flüchtlingskrise Landsberg erreichte

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    Ende 2014 und vor allem im Jahr 2015 erreichten Hunderttausende Flüchtlinge Deutschland. Auch im Landkreis Landsberg kamen Hunderte Menschen an.
    Ende 2014 und vor allem im Jahr 2015 erreichten Hunderttausende Flüchtlinge Deutschland. Auch im Landkreis Landsberg kamen Hunderte Menschen an. Foto: Thorsten Jordan (Archiv)

    „Die Lage ist dramatisch“ – mit diesem Satz zitierte das Landsberger Tagblatt am 5. September 2014 den Pressesprecher des Landratsamts, Wolfgang Müller. Dramatisch – das war für Städte und Kommunen die zunehmende Zahl an Geflüchteten, die es zu beherbergen galt. Die Spitze des Zustroms an Flüchtlingen waren 2015 und 2016. Wie war die Situation damals im Landkreis und wie sieht es heute aus? Das Landsberger Tagblatt beschäftigt sich in einer Serie mit dem Thema Asyl.

    Als die Lechturnhalle zur Flüchtlingsunterkunft wurde

    Im ersten Teil geht es um die Zahlen und die Unterbringung. Schnell mussten Unterkünfte geschaffen werden. Wolfgang Müller erinnert sich, dass bereits im April 2014 eine Containeranlage in der Münchener Straße in Landsberg in Betrieb ging. Eine weitere Anlage entstand am Bahnhof in Geltendorf (Januar 2015) und in der Iglinger Straße in Landsberg (August 2015). Große Objekte wie das ehemalige Geschäft Tauscher im Landsberger Gewerbegebiet, die Kauferinger Soccerhalle, die ehemalige Therapieeinrichtung in Bischofsried (Dießen), das Weggenossenheim in Riederau oder auch Gaststätten wie der Seefelder Hof in Utting, der Gasthof Drei Rosen in Dießen, der Gasthof Zur Post in Greifenberg und das Rasthaus Kolonie Hurlach wurden angemietet. 

    Genauso war der Landkreis auf der Suche nach Privatwohnungen: „Teilweise waren bis zu drei Personen nur mit der Immobiliensuche beschäftigt“, erinnert sich Müller. Der Landkreis stellte das Jugendübernachtungsheim in Utting zur Verfügung. Die Regierung von Oberbayern hat bis heute ihr eigenes Kontingent von Geflüchteten im Landsberger Hochbauamt.

    In vielen Orten wurden Helferkreise gegründet

    Zweimal wurde auch die Landsberger Lechturnhalle als Erstaufnahmeeinrichtung requiriert – im Oktober 2014 und im Juli 2015. Diese Flüchtlinge wurden jedoch weiterverteilt, wie Müller erzählt. Für die Organisation war jedoch auch das Landratsamt zuständig. Müller erinnert sich, dass bei einem nahen Discounter haufenweise Wasserflaschen gekauft wurden und bei einem großen Möbelhaus Gläser. „Es ging darum, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben.“ Und diese Aufgabe zu bewältigen, habe in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz „super funktioniert“. In fast jeder Landkreisgemeinde hätten sich Helferkreise gebildet und sich um die Geflüchteten gekümmert. 50 Asylbewerber seien in Spitzenzeiten pro Woche angekommen, die Busse hätten gehalten und die Leute seien auf dem Parkplatz vor dem Landratsamt gestanden. 

    Wöchentlich habe man sich in diesen Hochzeiten der Flüchtlingskrise getroffen – Mitarbeiter des Bauamts, der Ausländerbehörde, von Jobcenter und Gesundheitsamt. Ende 2015 stand laut Wolfgang Müller sogar der Ankauf einer Traglufthalle im Raum, um genügend Platz zu bieten. Zumal man nicht gewusst habe, wie es mit den Asylbewerberzahlen weitergehen würden. Die Zahlen gingen zurück.

    So sieht die Lage heute aus

    Im Schnitt kommen aktuell zehn Asylbewerber pro Woche in den Landkreis. Das Jugendübernachtungshaus wurde im Mai 2017 zurückgegeben, der Container in der Münchener Straße im August 2018 geschlossen, die Soccerhalle in Kaufering wird im Augenblick aufgeben und für Bischofsried läuft der Vertrag aus.

    In den staatlichen Unterkünften leben derzeit 647 Personen, davon sind 236 bereits anerkannte Flüchtlinge, finden aber anderweitig keine Wohnung. 392 sind abgelehnt und 19 befinden sich noch im Asylverfahren. 206 leben in Landsberg, 81 in Geltendorf, 55 in Dießen, 50 in Hurlach, 43 in Utting, 34 im Fuchstal, 33 in Kaufering, 32 in Greifenberg, 31 in Vilgertshofen, 25 im Kloster St. Ottilien, 19 in Windach, 19 in Pürgen, elf in Prittriching und acht in Scheuring. Laut Landratsamt wurden im Landkreis seit 1. Januar 2015 rund 2050 Personen aufgenommen. Eingerechnet seien hier nicht die rund 500 Personen, die kurzzeitig in der Lechturnhalle als Not-Erstaufnahmeeinrichtung lebten. Geblieben seien rund 1500 Personen – Personen, die sich im laufenden Asylverfahren befinden, geduldet sind oder über ein humanitäres Aufenthaltsrecht verfügen. Das heißt: Sie sind anerkannte Asylbewerber oder unterliegen als Flüchtlinge einem subsidiären Schutz.

    Die Containeranlage in der Iglinger Straße soll wieder genutzt werden

    Barbara Rösner ist seit 1. Juli 2017 Sachgebietsleiterin für Asylangelegenheiten und muss sich mit ihren Mitarbeitern trotz geringerer Flüchtlingszahlen weiter den unterschiedlichsten Herausforderungen stellen. Denn der Landkreis müsste eigentlich mehr Asylbewerber aufnehmen. „Wir haben auch keine Plätze für Familien und allein stehende Frauen“, erzählt sie. Das ehemalige Geschäft im Industriegebiet sei dafür beispielsweise nicht geeignet. „Deshalb brauchen wir auch die Unterkunft an der Iglinger Straße“, erläutert Rösner, warum der Landkreis die Containeranlage – sie wird nach einem Brand im Augenblick saniert – weiter nutzen will. 

    Wenn ein schwerbehinderter Flüchtling komme oder mit einem bestimmten Krankheitsbild, könne dieser auch nicht in alle Unterkünfte einziehen. Rösner sagt, dass ihre Abteilung versuche, wenn ein Flüchtling in einem Ort integriert sei, ihm zu ermöglichen, dort zu bleiben. Man versuche immer das Beste, könne aber nicht immer allen Ansprüchen gerecht werden.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Flüchtlingskrise: Es bleibt eine Herausforderung

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