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58. Landesmeisterschaft: „Ziag, Hiasl, ziag o!“

58. Landesmeisterschaft

„Ziag, Hiasl, ziag o!“

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    „Ziag, Hiasl, ziag o!“
    „Ziag, Hiasl, ziag o!“

    Pflugdorf-Stadl Mancher Kampf dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, andere wiederum quälende Sekunden lang: Fingerhakeln ist so gesehen ein schneller Sport, freilich dauert es eine Weile, bis der Sieger einer Klasse feststeht. Denn draußen ist ein Hakler erst, wenn er zwei Mal verliert, das heißt über eine Linie gezogen wird. In Pflugdorf-Stadl hat sich am gestrigen Sonntag die bayerische Hakler-Elite getroffen, kernige Mannsbilder, aber auch zähe Burschen aus mehreren Gauen. Die Ortsgruppe Plugdorf-Stadl zählt zum Ammergau und feiert heuer 40-jähriges Bestehen. „Wir haben 20 aktive Hakler“, erzählt Vorstand Markus Harrer. 100 Mitglieder habe die

    Wer glaubt, es komme auf die Kraft alleine an, täuscht sich. Technik ist gefragt. „Jeder hat eine andere“, sagt Gerhard Sturm aus Issing, Favorit im Halbschwergewicht (bis 90 Kilogramm Körpergewicht). Er hat mit zehn oder elf Jahren als Schüler angefangen. Dreimal war er alpenländischer Meister, einmal deutscher und zwei Mal bayerischer. Seit Februar trainiert er jetzt, am Mittelfinger hat sich ein dicker Hornhautwulst gebildet – „30 Minuten täglich“, berichtet Sturm. Statt eines Gegners zieht er Gewichte und macht sich jetzt auch mit einem Expander, der mit den Füßen gehalten wird, warm.

    In Schieflage den Kampf beginnen

    Die beiden Kontrahenten haken beide ihren mit Magnesiumpulver weiß bemehlten Mittelfinger in einen Lederriemen ein und setzen sich auf ihrem Hocker zurecht. Was heißt setzen: Zumeist wird sofort eine Schieflage eingenommen, ein Knie gegen den Tisch gespreizt, die freie Hand gegen die Tischkante gedrückt, manchmal mit dem Hintern nur noch auf eine Ecke des Hockers gestützt. Der Schiedsrichter sorgt dafür, dass die Mittellinie getroffen wird, dann heißt das Kommando „Beide Hakler, fertig - zieht“. Und es wird gezogen, mancher mit kontemplativen Blick nach oben oder verbissen nach unten.

    Mancher bleibt äußerlich ruhig, anderen sind Anstrengung und Schmerz aus den verzerrten Zügen abzulesen, vor allem wenn der Kampf lange dauert. Es wird gepumpt, die Zähne werden zusammengebissen, Köpfe laufen rot an und ein Hakler aus dem Bayerischen Wald schreit sogar auf – wie bei einer asiatischen Kampfsportart.

    Die Hand vorher ein paar Tage nicht waschen

    Mit Aggression hat das nichts zu tun, oft fallen sich die Hakler, die sich zumeist kennen, nach einem Kampf kurz in die Arme. Der Legende nach sollen so früher Streitereien austragen worden sein. Besser, als sich die Köpfe einzuschlagen. Blutig geht es trotzdem zu, denn so manche Hornhaut reißt. Im Bierzelt nimmt die Zahl der Männer mit bandagiertem Mittelfinger zu, je länger der Wettkampf andauert. „Am besten die Hand vorher ein paar Tage nicht waschen“, rät Georg Kink, der die blutigen Finger neben der Sporttribüne verarztet. Ein guter Hakler zieht übrigens links und rechts, denn manchmal müssen die Sportler sieben oder acht Mal antreten, bis eine Runde entschieden ist.

    Es gibt auch Mannschaftspunkte: Der Ammergau hat sich den Pokal 2010 geholt, wie Markus Harrer erzählt. Die Lokalmatadore aus Pflugdorf-Stadl tun sich diesmal schwer gegen die Konkurrenz und können keinen bayerischen Meister stellen, aus dem Ammergau wird nur der Vorsitzende des Landesverbandes, Anton Bader aus Peißenberg, zum Meister im Halbschwergewicht. Aber viele zweite Plätze sind dabei, und so bleibt der Pokal im Ammergau. Man muss sich freilich auch gegen starke Gäste zur Wehr setzen, und dies nicht nur auf der Tribüne. Immer wieder werden im locker gefüllten Festzelt Gaunamen intoniert, um Kandidaten anzufeuern, und aus dem Werdenfelser Eck schallt es: „Ziag, Hiasl, ziag o“.

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