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Der Gehörlosenverein Landsberg feiert das 30-jährige Jubiläum des Hauses der Gehörlosen.

Kaufering

30 Jahre Haus der Gehörlosen: Von wechselnden Stammtischen zu einem festen Zuhause

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    Mitglied Roland Wiedemann, Vorstand Jürgen Lindner und Ehrenvorstand und Hausverwalter Karl Baur (von links) freuen sich über das 30-jährige Bestehen des Hauses der Gehörlosen.
    Mitglied Roland Wiedemann, Vorstand Jürgen Lindner und Ehrenvorstand und Hausverwalter Karl Baur (von links) freuen sich über das 30-jährige Bestehen des Hauses der Gehörlosen. Foto: Christian Rudnik

    „Am Anfang stand hier eine alte Baracke auf dem Dreck“, erinnert sich Karl Baur, Ehrenvorstand und Hausverwalter des Gehörlosenvereins Landsberg am Lech. Vor 30 Jahren verwirklichte der Verein seinen Traum: ein eigenes Clubhaus, das seither der Dreh- und Angelpunkt der Gehörlosengemeinschaft in Kaufering, Landsberg und Umgebung ist. Ende September feierte der 1933 gegründete Verein das 30-jährige Jubiläum seines „Hauses der Gehörlosen“ an der Landrat-Müller-Hahl-Straße in Kaufering. Ehrenvorstand Karl Baur, Vereinsvorstand Jürgen Lindner und Roland Wiedemann, ehemaliger zweiter Vorstand, teilen Erinnerungen an die Bauphase, erzählen Anekdoten und berichten über das heutige Vereinsleben.

    Aus einer alte Baracke wird ein schönes Clubhaus

    „Früher waren wir ständig auf Wanderschaft“, erinnert sich Baur. Stammtische des Vereins fanden zwar regelmäßig statt, jedoch oft an wechselnden Orten. Mit über 50, manchmal sogar 100 Teilnehmern gestaltete sich die Suche nach passenden Räumlichkeiten zunehmend schwierig. Eine feste Lösung musste her.

    „Am Anfang stand hier eine alte Baracke auf dem Dreck.“

    Karl Baur, Ehrenvorstand des Gehörlosenvereins Landsberg am Lech, Über die Anfänge des Clubhauses

    Die Gelegenheit ergab sich, als die Gemeinde Kaufering dem Verein ein Grundstück samt einer alten Baracke überließ. „Vorher war hier ein Motorradclub drin, aber die Nachbarn fanden den Lärm zu laut“, berichtet Baur. Nach etlichen Beschwerden über den Motorradclub musste die Gemeinde handeln – praktisch für den Gehörlosenverein, der bereits im Voraus Interesse an dem Grundstück angemeldet hatte. Doch zunächst gab es Bedenken: „Einige Mitglieder sagten, die Baracke sei zu alt und ranzig“, erinnert sich Baur. Ein Gutachten brachte schließlich die Wende. Die Baracke war nicht sanierungsfähig und die Gemeinde genehmigte einen Neubau.

    Die alte Baracke, die für das Clubhaus abgerissen wurde.
    Die alte Baracke, die für das Clubhaus abgerissen wurde. Foto: Christian Rudnik

    Ein Bauprojekt, das die Gemeinschaft stärkte

    Innerhalb von nur neun Monaten entstand das heutige Clubhaus – ausschließlich durch die Eigenleistung der Mitglieder. „Wir haben an jedem Wochenende durchgearbeitet, oft schon freitags direkt nach dem Feierabend“, erzählt Baur. „Alle haben mit angepackt, Männer wie Frauen.“

    Unter der Leitung eines vereinseigenen Baumeisters und einem Architekten, der Kontakte zum Verein pflegte, entstand das Clubhaus in nur neun Monaten Bauzeit. „Die Gehörlosen wollten und konnten bauen – das hat hier Eindruck hinterlassen, selbst bei skeptischen Nachbarn“, erzählt Roland Wiedemann, ehemaliger zweiter Vorstand. Das Ergebnis, das nicht nur groß, ordentlich und funktional ist, symbolisiert auch den Zusammenhalt und die Tatkraft der Gehörlosengemeinschaft. Das Haus der Gehörlosen war also geschaffen.

    Ein Haus mit Geschichte und Bedeutung

    Das Clubhaus wurde 1994 eröffnet und ist seither ein unverzichtbarer Treffpunkt für die Gehörlosengemeinschaft im Landkreis. Während das Gebäude dem Verein gehört, wurde das Grundstück von der Gemeinde auf Basis eines 99-jährigen Erbpachtvertrags zur Verfügung gestellt.

    Am 29. September feierten über 100 Mitglieder das 30-jährige Jubiläum im Clubhaus. Ein Höhepunkt war die Ehrung derjenigen, die damals beim Bau Stein auf Stein gesetzt haben. „Ohne ihren Einsatz gäbe es diesen Ort nicht“, betont Jürgen Lindner, der heutige Vereinsvorstand. Die Männer und Frauen von damals wurden für ihre extraordinäre Leistung gewürdigt.

    Bauarbeiten am Haus der Gehörlosen im Jahr 1974. Das Foto stammt aus dem Album über den damaligen Bauhergang.
    Bauarbeiten am Haus der Gehörlosen im Jahr 1974. Das Foto stammt aus dem Album über den damaligen Bauhergang. Foto: Christian Rudnik

    Neben regelmäßigen Stammtischen finden im Clubhaus auch kulturelle und soziale Veranstaltungen statt. Besonders beliebt ist die jährliche Weihnachtsfeier, die traditionell am 26. Dezember abgehalten wird. „Hausweihnachten nennen wir das“, erklärt Wiedemann. Denn die Feiertage mit Familie können für Hörbehinderte durch den Kommunikationsstress oft anstrengend sein. „Hier im Haus der Gehörlosen können wir mit unserer zweiten Familie entspannt feiern“, sagt er.

    Verein der Gehörlosen Landsberg: Keine jungen Mitglieder?

    Doch der Verein steht auch vor Herausforderungen. „Kaum noch junge Menschen treten bei“, erklärt Lindner. Viele jüngere Gehörlose tragen heute ein Cochlea-Implantat (CI), das ihnen das Hören von Geburt an erleichtert, wodurch sie sich oft weniger mit der Gehörlosengemeinschaft verbunden fühlen. „Wir haben derzeit keine Mitglieder unter 35 Jahren“, gibt Lindner zu bedenken.

    Trotzdem bleibt der Verein optimistisch. „Wir haben eine starke Geschichte und werden weiterhin alles tun, um unsere Gemeinschaft zu stärken“, so Lindner. Mit 30 Jahren Clubhaus blickt der Gehörlosenverein Landsberg am Lech e.V. auf eine Erfolgsgeschichte zurück – vom wechselnden Stammtisch hin zu einem selbst erbauten Zuhause.

    Die Mitglieder des Gehörlosenvereins feierten im Herbst 30-jähriges Vereinsbestehen.
    Die Mitglieder des Gehörlosenvereins feierten im Herbst 30-jähriges Vereinsbestehen. Foto: Elisabeth Socher
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