Bei der Verleihung der Emmy-Awards 2024 gab es eine faustdicke Überraschung: Nicht der Favorit „The Bear“, sondern die Serie „Shogun“ hat die meisten Auszeichnungen abgeräumt, unter anderem als beste Drama-Serie. Und erstaunlich war auch, dass Shogun sehr viele Auszeichnungen bekommen hat. Denn bei der US-amerikanischen Verleihung der Emmys – den Oscars unter den Serien-Preisen, die diesmal am 15. September vergeben wurden – hat die Dramaserie neue Rekorde aufgestellt.
„Shogun“ spielt im kriegerischen Japan des 17. Jahrhunderts
„Shogun“, das im kriegerischen Japan des 17. Jahrhunderts spielt, war für 25 Preise nominiert worden, und hat davon letztlich 18 erhalten – so viele wie nie zuvor. Die Produktion, die sich bis jetzt über eine Staffel à zehn Folgen erstreckt, ist ein außerordentlich japanischer Triumph: Mit Hiroyuki Sanada, der den Kriegsherrn Yoshii Toranaga spielt, sowie Anna Sawai, die die Adlige Mariko Toda darstellt, gehen zwei Preise für die besten Hauptrollen nach Japan. Sanada hat die Serie zudem produziert.
Im ostasiatischen Land löst das Begeisterung aus. Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender NHK zitiert in einem langen Bericht einen Filmexperten, der findet: „Die Geschichte der Emmys wird gerade neugeschrieben.“
Die Pandemie trug wohl zum Erfolg von „Shogun“ bei
Hiroyuki Sanada, der in Japan schon lange ein Star ist, seit Jahren aber in Hollywood lebt, vermutet, dass die Pandemie wohl einen Teil zum Erfolg der von ihm produzierten Serie beigetragen habe: Denn als die Kinos dichtbleiben mussten, hätten sich die Menschen daran gewöhnt, daheim Serien zu schauen – auch solche in ausländischer Sprache. Gut für „Shogun“, in dem vor allem Japanisch gesprochen wird.
Vor diesem Hintergrund titelte die rechtskonservative, bisweilen nationalistische Zeitung Sankei Shimbun nun: „Hiroyuki Sanadas Wille, die Covid-Pandemie und der Trend zu Diversität: ‚Shogun‘ erreicht Emmy-Erfolge.“ Denn die Serie hat auch diese Erst- oder Bestmarke aufgestellt: Nie zuvor hat eine Serie, die vor allem in nicht-englischer Sprache produziert worden ist, bei den Emmys den Preis der besten Serie gewonnen, also die Königsdisziplin. Viele in Japan macht dieser Umstand besonders stolz.
„Shogun“ ist eine Verfilmung des Romans von James Clavell
Denn „Shogun“ – eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von James Clavell aus 1975, der erzählt, wie ein britischer Missionar in einen Konflikt zwischen fünf Kriegsherren gerät, die je den vakanten Titel des Shogun erlangen wollen – ist erst die zweite Serie, die überhaupt hierfür nominiert wurde. Die erste war im Jahr 2022 die südkoreanische Produktion „Squid Game“, die eine hyperkapitalistische Dystopie beschreibt, die auch als Gesellschaftskritik an Südkorea zu verstehen ist.
„Squid Game“ unterlag damals der Serie „Succession.“ So wird es in Japan nun ausgekostet, dass „Shogun“ bei den Emmys auf historische Weise abgeräumt hat. Zwischen den sich in vielerlei Hinsicht unlieben Nachbarn Südkorea und Japan – Japan war bis 1945 Kolonialmacht Südkoreas – herrscht nämlich auch auf kultureller Ebene Rivalität. Wobei in den letzten Jahren sowohl im Bereich der Serien als auch bei Filmen und in der Popmusik vor allem Südkorea Schlagzeilen machte.
Japan und Südkorea im Film-und-Serien-Wettstreit
Dass nun mal Japan weltweit strahlt, dürfte wiederum in Südkorea nicht jedem gefallen. So kann man davon ausgehen, dass aus dem ostasiatischen Land, aus dem nicht nur K-Pop, sondern auch der Rekordfilm „Parasite“ stammt, demnächst wieder eine rekordverdächtige Produktion kommen wird. Und dann dürfte wieder irgendwer aus Japan nachlegen wollen. Was fürs globale Publikum aber durchaus angenehm werden kann.
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