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Warum die Sanierung deutscher Kulturbauten Milliarden verschlingt

Augsburg

Augsburger Staatstheater & Co.: Die maroden Kulturbauten im Land

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    Entkernt: Die Gebäude des Staatstheaters Augsburg werden gerade generalsaniert. Auch im Zuschauerraum wird gebaut.
    Entkernt: Die Gebäude des Staatstheaters Augsburg werden gerade generalsaniert. Auch im Zuschauerraum wird gebaut. Foto: Silvio Wyszengrad

    Augsburg saniert sein Staatstheater bereits im achten Jahr und die Kosten dafür nehmen immer weiter zu. Ursprünglichen sollte die Generalsanierung des Großen Hauses und ein angrenzender Neubau mit Büroräumen, den Werkstätten, Übungsräumen und einer Schauspielbühne für 186 Millionen Euro zu haben sein. Damals, 2016, legte man Pläne vor, nach denen das Theater 2023 saniert sein sollte. Heute schätzt die Stadt Augsburg, dass die Sanierung plus der Neubau 417 Millionen Euro kosten werde. Die ersten Premieren im generalsanierten Haus werden nicht vor dem Herbst 2030 zu sehen sein. Die Kosten für die Stadt sind gewaltig. Vergleicht man sie mit anderen kommunalen Bauten, etwa Schulsanierungen. Erst beim Blick in andere deutsche Kommunen, die ebenfalls ihre Opern- und Theaterhäuser sanieren müssen, offenbart sich, dass es auch anderswo nicht billiger geht.

    Beispiel Nürnberg mit seinem in die Jahre gekommenen Opernhaus. Dort hat der Stadtrat gerade darüber abgestimmt, in der von den Nazis erbauten Kongresshalle in Nürnberg eine Ersatzspielstätte zu errichten: Kostenrahmen dafür 296 Millionen Euro. Diese Spielstätte soll 25 Jahre genutzt werden und dient als Vorbereitung dafür, das 120 Jahre alte Opernhaus Nürnbergs sanieren zu können. Die Kosten für die folgende Generalsanierung sind bisher nicht genauer benannt. Dass diese über dem Betrag für die neu gebaute Ersatzspielstätte liegen, ist anzunehmen.

    Die Sanierung alter Bausubstanz wird schnell unkalkulierbar

    Wenn alte Bausubstanz ertüchtigt werden soll, wird es schnell unkalkulierbar. Beispiel Elbphilharmonie, die ursprünglich 77 Millionen Euro kosten sollte und am Ende bei einer Summer von 789 Millionen Euro landete. Sie wurde auf einem alten Speicher errichtet. Das Alte wieder in Schuss zu bringen, ist teuer und eine Sisyphos-Arbeit. Es dauert.

    Beispiel Köln. Dort beschloss die Stadt 2011, Oper, Schauspiel und Kleines Haus zu sanieren. Der Gebäudekomplex ist nach dem Krieg errichtet worden und steht seit 1989 unter Denkmalschutz. Ursprünglich sollte die Sanierung 253 Millionen Euro kosten und 2015 abgeschlossen sein. Nach mehreren Verzögerungen und Baupreissteigerungen beläuft sich das Budget mittlerweile auf 702 Millionen Euro. Der jüngste Termin für die Wiedereröffnung im Juni 2024 musste wegen Problemen mit der Haustechnik auf unbekannte Zeit verschoben werden. Natürlich wird es dadurch auch noch einmal teurer.

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    Das Staatstheater ist aktuell eine Großbaustelle. Für rund 340 Millionen Euro wird das Gebäude saniert und teils neu gebaut. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.

    Und in Stuttgart, wo ebenfalls das Opernhaus in die Jahre gekommen ist, scheint der Schwung, mit dem die Sanierung einmal angegangen worden ist, im Schwinden. 2019 ergaben erste Schätzungen, dass der Bau und das Einrichten einer Ausweichspielstätte sowie die Sanierung rund 550 Millionen Euro kosten könne, zuzüglich eines Kostenpuffers von 165 Millionen Euro und möglichen Baupreissteigerungen von 243 Millionen Euro war von rund 960 Millionen Euro die Rede. Nun, fünf Jahre später, ahnen alle Beteiligten, dass die Kosten für das Projekt über einer Milliarde Euro liegen wird, manche vermuten, dass sie sich der zwei Milliarden Grenze nähern könnten. Verlässliche Zahlen wird es aber erst geben, wenn genaue Pläne vorliegen.

    In München stehen mehrere kulturelle Großprojekte

    In München stehen gerade mehrere kulturelle Großprojekte an: Der Gasteig, das größte Kulturzentrum in Europa, ist noch gar nicht so alt, er wurde 1984 eröffnet. Für die Generalsanierung sollte ein Generalunternehmer gefunden werden, der das Bauvorhaben zu einem festen Preis realisiert. Doch es fand sich niemand. Mittlerweile hat die Stadt entschieden, die Sanierung in einem „Partnering“-Modell anzugehen, einer Verbindung aus stadteigener Gesellschaft und externem Bauherrn. Für die einmal veranschlagten 450 Millionen Euro ist die Sanierung nicht mehr zu haben, mittlerweile geht man von Kosten über 700 Millionen Euro aus, doch das Bauvorhaben ist bislang nicht gestartet.

    Den neuen Konzertsaal in München möchte der Freistaat nicht mehr in der ursprünglichen Konzeption umsetzen. Aus dem Milliardenprojekt soll wieder ein Millionenprojekt werden, wie Kunstminister Markus Blume verkündet hat. Wobei zwei weitere Großprojekte anstehen: die Sanierung von Residenz- und Nationaltheater. Ursprünglich sollte mit der Sanierung des Opernhauses 2032 begonnen werden, mittlerweile steht wohl eine Verschiebung auf 2040 im Raum. Bevor die Arbeiten begonnen werden, muss eine Ausweichspielstätte gefunden werden. Gerade entsteht fürs Residenztheater ein neues Proben- und Werkstattzentrum im Münchner Osten für 200 Millionen Euro. Von den anstehenden Summen, die die Sanierungen einmal kosten werden, kursieren bislang noch keine Zahlen. Es wird teuer werden, so viel steht fest.

    Auch in Frankfurt machen marode Theaterbauten der Stadt zu schaffen

    Zum Schluss noch ein Blick nach Hessen. Auch in Frankfurt bereiten das marode Opern- und Schauspielhaus der Stadtpolitik seit Langem gewaltige Bauchschmerzen. Das Ensemble der beiden ineinander übergehenden Gebäude am Theaterplatz in Frankfurt ist ein Blickfang. Doch die Unwägbarkeiten beim Sanieren alter Gebäude hat Frankfurt nun dazu bewogen, einen anderen Weg einzuschlagen. Nach vielen Diskussionen haben die Stadtoberen entschieden, die beiden alten Gebäudekomplexe abzureißen und neu zu bauen. Der geschätzte Kostenrahmen dafür beläuft sich auf 1,3 Milliarden Euro.

    Die Summen, um die Opern-, Theater- und Konzerthäuser zu sanieren oder neu zu bauen, sind hoch. Wer allerdings zögert oder die Projekte nur halbherzig angeht, muss bei den stetig wachsenden Baupreisen noch mehr Geld aufwenden. Leuchtendes Beispiel, wie es viel zu selten geht, ist der Neubau des Münchner Volkstheaters. Es gelang, den Neubau tatsächlich in den drei Jahren zu realisieren, die dafür veranschlagt waren. Und das geplante Budget war dann auch das tatsächliche, das neue Haus, das 2021 seinen Spielbetrieb eröffnen konnte, kostete 131 Millionen Euro.

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