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Während Luke Mockridge wieder auf Tour geht, ist die ganze Welt ein Witz auf Kosten von Behinderten

Kommentar

Luke Mockridge ist wieder auf Tour: Und wann kommt die Reue?

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    Luke Mockridge bei seinem Auftritt im Technikum in München – der erste in Deutschland bei seiner neuen Tour.
    Luke Mockridge bei seinem Auftritt im Technikum in München – der erste in Deutschland bei seiner neuen Tour. Foto: Matthias Balk, dpa

    Paralympische Athletinnen und Athleten sind nicht nur Sportler, sondern auch Vorbilder und Inspiration für viele Menschen. Sie bringen beeindruckende Leistungen zustande, mit denen sie Luke Mockridge trotz ihrer Behinderung wahrscheinlich um Längen schlagen würden. Natürlich ist es in Ordnung, Witze über Behinderte zu machen. Nur: Ein Witz braucht immer eine Pointe. Was Mockridge über Behinderte zu sagen hatte, war aber schlicht eine Beleidigung, die das Image der Athleten verunstaltete.

    In einem Podcast im August hatte er gemeint, bei den Paralympics werfe man Menschen ohne Arme und Beine in ein Wasserbecken, „und wer als Letzter ertrinkt, der hat gewonnen“. Viele empörten sich über die Aussage des 35-Jährigen, der TV-Sender Sat1 nahm eine geplante neue Quiz-Show mit ihm aus dem Programm und neun von 32 Auftritten seiner Tour wurden abgesagt. Am Mittwoch spielte Mockridge in München zum ersten Mal nach dem Skandal wieder vor deutschem Publikum. Für mich war mit diesem Termin die Erinnerung an seine beleidigenden Sprüche zurück.

    Luke Mockridge in München: Wo bleibt seine Reue?

    Sie haben mich wütend gemacht. Ich hasse es, wenn man Menschen immer nur auf eine Eigenschaft reduziert. Es ist schwer zu verstehen, wie jemand, der in der Öffentlichkeit steht, so wenig Empathie für Menschen mit Behinderungen zeigen kann. Mockridge hat gezeigt, wie wenig er über die Erfahrungen und Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen weiß. Das wird vor allem deutlich, wenn man bedenkt, dass er seine missratenen Behindertenwitze nicht nach der Aufnahme aus dem Podcast schneiden ließ – Gelegenheit dazu wäre gewesen. Sich einzugestehen, dass er hier übers Ziel hinausgeschossen war, dazu war er nicht in der Lage.

    Als Mensch mit Behinderung ist man mit einer Welt konfrontiert, in der ein AfD-Politiker Nachrichten in leichter Sprache als „Nachrichten für Idioten“ verhöhnt. Wer auf Barrierefreiheit angewiesen ist, muss an manchen Bahnhöfen wochenlang darauf warten, bis dringend nötige Aufzüge repariert werden. Auch wenn etwas neu gebaut oder saniert wird, wird zu oft nicht auf Rollstuhlfahrer geachtet. Was mich zum Lachen bringt, lieber Luke Mockridge? Dass Horst Seehofer als Ministerpräsident mal gesagt hat, Bayern wäre bis 2023 barrierefrei. Dass sogar manche Beauftragte für Barrierefreiheit ein Leben im Rollstuhl selbst nicht kennen, merke ich immer wieder.

    Luca Ram als Praktikant unserer Redaktion.
    Luca Ram als Praktikant unserer Redaktion. Foto: Christof Paulus

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    Luca Ram ist 20 Jahre alt und kommt aus Landsberg am Lech. Aufgrund einer Lähmung von Geburt an ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. 2023 war er Praktikant unserer Redaktion.

    Wenn Mockridges Beleidigung für etwas gut gewesen sein soll, dann das: Viele seiner Auftritte wurden abgesagt und die Anzahl seiner Fans ist geschrumpft – auch, weil er noch keine überzeugende Reue gezeigt hat. Das sollte ihm eine Lehre sein. Und: Er sollte sich aktiv dafür einsetzen, das Bewusstsein für die Rechte und die Würde von Menschen mit Behinderungen zu schärfen. Es ist okay, wenn seine Fans ihn trotzdem unterstützen – dafür muss man aber nicht sein beleidigendes Verhalten rechtfertigen. Und wir alle sollten uns klar sein, dass eine Behinderung jeden treffen kann – und uns nicht nur über schlimme Witze aufregen, sondern auch wirklich für Inklusion einsetzen.

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