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Foto: Henning Kaiser, dpa
Foto: Henning Kaiser, dpa

Gegen TV und Kinostar Til Schweiger stehen heftige Vorwürfe im Raum. Er soll an Filmsets seit Jahren seine Macht missbraucht haben.

Vorwürfe gegen Til Schweiger
03.05.2023

Der Fall Til Schweiger: Machtmissbrauch und ein Klima der Angst am Set?

Von Moritz Maier

Til Schweiger wird von etlichen Mitarbeitenden missbräuchliches Verhalten vorgeworfen. Nun melden sich immer mehr Menschen zu Wort – und sehen einen Fehler im System.

Der Schauspieler Til Schweiger steht heftig in der Kritik. Einem der bekanntesten TV-Gesichter Deutschlands wird von über 50 Menschen missbräuchliches Verhalten vorgeworfen. Der Spiegel zitiert aktuelle und ehemalige Mitarbeitende Schweigers, die ihm Machtmissbrauch, Gewalt, Beschimpfungen und ein Alkoholproblem vorwerfen. Dass die Kritik gerade jetzt bekannt wird, liegt an einem mutmaßlichen Vorfall, der an die #MeToo-Bewegung der vergangenen Jahre erinnert.

Til Schweiger soll seine Mitarbeiter wie "Untertanen" behandeln

Der Spiegel berichtet in seiner Recherche von einem ganzen Katalog an Vorwürfen gegen Til Schweiger. So sei dieser mehrfach schon vormittags alkoholisiert am Filmset angekommen. Dabei habe der 59-Jährige am Set herumgebrüllt, die Filmcrew beleidigt, schikaniert, Arbeitsschutzgesetze verletzt und sei teilweise gewalttätig geworden. Im betrunkenen Zustand könne er sogar gegenüber Kinderschauspielern ausrasten, so Mitarbeiter Schweigers im Bericht. Die harten Vorwürfe der Insider beziehen sich besonders auf die jüngsten Schweiger-Produktionen "Manta Manta 2" und "Lieber Kurt". So sprechen Mitarbeitende anonym von einem "Klima der Angst" und dass Schweiger die Menschen am Set wie "Untertanen" behandle. 

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Foto: Constantin Film
Foto: Constantin Film

Gerade läuft der zweite Teil des Filmes "Manta Manta" von und mit Til Schweiger in den Kinos. Die Dreharbeiten sorgen nun für heftige Kritik.

Ausschlag für die nun veröffentlichten Zeugenberichte ist ein mutmaßlicher Vorfall beim Dreh des momentan im Kino laufenden Films "Manta Manta 2". So sei Schweiger dort spontan der Einfall gekommen, eine Frau solle ihre Brüste zeigen, sodass ein Prominenter diese vor laufender Kamera signiere. Laut Spiegel wurde am Set dann unter Komparsinnen – also Statistinnen – nach Freiwilligen gesucht. Die Anwesenden seien über diese Aktion so empört, weil die gefundene Komparsin sich auf ihrem ersten Filmdreh befand und sich der Tragweite der spontanen Szene nicht bewusst gewesen sei. Außerdem werden solche Szenen normalerweise in einem geschützten Umfeld gedreht. In diesem Fall haben mehr als hundert Menschen dabei zugesehen, so die Zeugen. In den Film geschafft hat es die Szene nicht. Viele Mitarbeitende sagen, Schweiger sei nicht immer so gewesen. Der Alkohol habe ihn verändert.

Til Schweiger ist einer der bekanntesten Deutschen Schauspieler, der selbst Regie führt und dem am Set somit eine besondere Machtposition zukommt. Fast jeder seiner Filme ("Keinohrhasen", "Zweiohrkücken", "Kokowääh") ist ein Kassenschlager. So hat etwa "Honig im Kopf" 7,3 Millionen Menschen in die Kinos gelockt, auch die aktuelle "Manta Manta"-Fortsetzung läuft gut. 

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Foto: Filmwelt Verleihagentur, Gordon Timpen
Foto: Filmwelt Verleihagentur, Gordon Timpen

Neben "Manta Manta" soll es auch beim Dreh des Films "Lieber Kurt" von Til Schweiger zu missbräuchlichem Verhalten durch ihn gekommen sein.

Schweigers Seite dementiert die Vorwürfe in Teilen

Schweigers Anwältin antwortete dem Spiegel auf Nachfrage, ein Teil der vorgeworfenen "Sachverhalte" sei ihrem Mandanten "nicht bekannt", ein anderer Teil der Fragen unterstelle "angebliche Sachverhalte, die es nicht gegeben hat". Auch Schweigers Filmstudio Constantin verteidigt ihn. So teilt das Unternehmen mit, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "überwiegend unvollständig und verzerrend, teilweise auch wiederum schlicht falsch".

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Trotz oder vielleicht auch wegen dieser Teil-Dementi schlägt der Fall Til Schweiger immer höhere Wellen. So hat Nora Tschirner, die mit Schweiger in der Vergangenheit zusammenarbeitete, auf der Internetplattform Instagram indirekt geäußert. Tschirner hat Schweiger namentlich nicht genannt, sich aber wohl auf die Vorwürfe bezogen. "Ich muss ehrlich sagen, ich habe da keinen Bock mehr drauf", sagt Tschirner per Video. "Das ist für jeden in der Branche seit Jahrzehnten – bis auf wirklich wenige Sets – ein absolut offenes Geheimnis, dass diese Zustände herrschen."

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Foto: Fabian Sommer, dpa (Archivbild)
Foto: Fabian Sommer, dpa (Archivbild)

Schauspielerin Nora Tschirner hat früher Seite an Seite mit Til Schweiger gespielt. Das tut sie nun nicht mehr - und äußerte sich jetzt indirekt zu den Vorwürfen.

Claudia Roth: "Die Zeiten patriarchalischer Macker sollten vorbei sein"

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) fordert eine "lückenlose Aufklärung" der im Raum stehenden Vorwürfe. "Die Kultur- und Medienbranche ist aufgrund ihrer Struktur offenkundig anfällig für Machtmissbrauch, für sexualisierte Übergriffe und auch für den Verstoß gegen Arbeitsschutzregeln", sagte Roth bei einem Pressegespräch der im Zuge der #MeToo-Bewegung installierten Vertrauensstelle Themis.

Nachdem 2017 bekannt wurde, dass der bis dato mächtige US-Filmproduzent Harvey Weinstein an Sets jahrelang Frauen belästigt und missbraucht hatte, sollte derartiges Verhalten in der Medienbranche künftig der Vergangenheit angehören. Auch im Zuge der Vorwürfe gegen Schweiger werfen diesem mehrere Mitarbeitende den Missbrauch seiner Macht am Filmset vor.

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Foto: Seth Wenig, AP/dpa
Foto: Seth Wenig, AP/dpa

Durch den Filmproduzenten Harvey Weinstein und das Aufkommen seiner etlichen Verbrechen gegen Frauen ist die #MeToo-Bewegung weltweit ins Rollen gekommen.

Claudia Roth verurteilt vor diesem Hintergrund jegliches Fehlverhalten in der Branche: "Und ich sage ganz deutlich: Auch künstlerische Genies – oder angeblich künstlerische Genies – stehen nicht über Recht und Gesetz", so Roth. "Die Zeiten patriarchalischer Macker, die ihre Machtposition in übelster Form ausnutzen, sollten wirklich vorbei sein. Auch wenn das offenkundig noch nicht alle verstanden haben."

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