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Volker Klüpfel beim AZ-Literaturabend: „Du kannst nicht einfach dasitzen und auf eine Eingebung warten“

AZ-Literaturabend

Volker Klüpfel: „Du kannst nicht einfach dasitzen und auf eine Eingebung warten“

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    Bestsellerautor Volker Klüpfel liest beim AZ-Literaturabend aus seinem neuen Krimi „Wenn Ende gut, dann alles“.
    Bestsellerautor Volker Klüpfel liest beim AZ-Literaturabend aus seinem neuen Krimi „Wenn Ende gut, dann alles“. Foto: Mercan Fröhlich 

    Volker Klüpfel ist selten allein unterwegs. Doch beim AZ-Literaturabend sitzt er ohne seinen Kollegen Michael Kobr auf der Bühne. Mit ihm hatte er die Kluftinger-Krimis geschrieben, sie haben ihn bekannt gemacht. Doch jetzt hat der Allgäuer Autor sein erstes Solo-Werk „Wenn Ende gut, dann alles“ geschrieben und in der Augsburger Stadtbücherei vorgestellt.

    Wieder ein Krimi, wieder ein Bestseller. Die Hauptfiguren: Svetlana, eine ukrainische Putzfrau, die Detektivgeschichten liebt und Tommi Mann, ein tölpeliger Chaot, der im Wohnmobil lebt und einen Thriller schreiben will, aber nicht mehr als ein paar Seiten fabriziert hat.

    Verrücktes Duo, wie kommt man auf solche Charaktere, fragt Stefanie Wirsching, Leiterin der Redaktion Kultur und Journal der Augsburger Allgemeinen, im Bühnengespräch. Für Svetlana gebe es ein reales Vorbild, erzählt Klüpfel. Eine meinungsstarke Reinigungskraft, die seit Jahren für ihn arbeitet. „Sie gehört schon zur Familie, wir reden oft übers Schreiben“, sagt Klüpfel. „Als ich ihr erzählt habe, dass ich über eine blitzgescheite Putzfrau schreiben möchte, die Kriminalfälle löst, hat sie wie selbstverständlich genickt, als wäre es längst an der Zeit für eine solche Hauptfigur.“

    Wie es sich anfühlt, zum ersten Mal allein an einem Buch zu werkeln?

    Klüpfel, der mit seiner Familie in Kempten lebt, wirkt bodenständig, scherzt über autobiografische Elemente und schweißtreibende Momenten bei der Recherche. „Ich bin ja nicht so der Camper-Typ“, sagt er. Um zu wissen, wovon er schreibt, setzte er sich also erst mal ins Wohnmobil. „An so einem riesigen Lenkrad fühlt man sich ein bisschen wie der King of the road“, sagt er. „Aber als ich mit dem Gefährt eine schmale Baumallee entlanggefahren bin, war ich schweißgebadet.“

    Warum eigentlich ein Wohnmobil als Schauplatz, will Wirsching wissen. „Die „Kluftinger-Krimis sind fest mit dem Allgäu verwachsen, die Orte sind eigene Charaktere“, sagt Klüpfel. „Ich wollte mal was anderes machen. So ein Wohnmobil eröffnet ganz neue Schauplätze und es steht symbolisch für die Geschichte, denn Tommi sucht nach einem Platz im Leben.“

    Klüpfel selbst hat ihn längst gefunden, im Schreiben. 13 Kluftinger-Bände hat er mit Michael Kobr veröffentlicht und jetzt sein erstes Solowerk vorgelegt. Wie es sich anfühlt, so ganz allein an einem Buch zu werkeln? „Es war manchmal mühsam, im Dialog mit mir selbst zu sein“, verrät Klüpfel. „Im Team Ideen zu entwickeln kann befruchtend und kreativ sein.“ Aber das Schöne am Solo-Schreiben: „Niemand kann mir dreinreden, im neuen Buch sind Sätze drin, die so nie durchgegangen wären“, sagt Klüpfel und lacht. „Das ist auch befreiend.“

    Das Schreiben ist für Volker Klüpfel manchmal immer noch ein Kampf

    Seine Hauptfigur Tommi Mann wird im Untertitel des Krimis als Dichter vorgestellt, er selbst würde sich nie als solchen bezeichnen. „Ich schreibe Unterhaltungsliteratur und sehe mich eher als Autor“, sagt Klüpfel. „Wobei, meine Großmutter hieß mit Nachnamen Mann, vielleicht sollte ich mal mehr Ahnenforschung betreiben“, scherzt er.

    Ob Dichter oder Autor, eins hat er inzwischen gelernt: Die Ideen fallen nicht einfach vom Himmel. „Wenn du schreiben willst, musst du schreiben. Du kannst nicht einfach dasitzen und auf eine Eingebung warten“, sagt Klüpfel. „Es ist ein Job, spätestens um zehn Uhr morgens sitze ich am Schreibtisch.“ Und oft, gesteht er, ist es ein Kampf, daran haben auch die Kluftinger-Bände nichts geändert, im Gegenteil: „Je größer die Leserschaft wird, desto mehr steigt der Druck und ich hadere erst recht.“

    Früher saß Klüpfel auf der anderen Seite, schrieb als Kulturredakteur der Augsburger Allgemeinen über Bücher von anderen. Ob ihn Kritik am eigenen Werk berührt? „Ich habe ehrlich gesagt aufgehört, Rezensionen zu lesen, weil ich mich immer am Negativen verhake“, sagt der 54-Jährige. „Zehn können positiv sein, aber wenn ich negative lese, bleibt nur die hängen, das ist nicht gesund.“ Sein ehrlichster Kritiker sei sowieso sein ältester Sohn. Gar nicht schlecht, lautete dessen Fazit zum neuen Buch. „Das war für mich das größte Lob“, sagt Klüpfel. Sein Sohn hilft ihm auch bei der Vermarktung seiner Bücher in den sozialen Medien „Ich habe eine Schulung vom Verlag bekommen, aber die jungen Leute können das einfach besser“, sagt Klüpfel.

    Seine neue Krimi-Reihe um Svetlana und Tommi ist auf vier Bände angelegt, wichtigste Frage also zum Schluss: Wie geht es weiter? Welchen Fall wird das Duo als nächstes lösen? Klüpfel verrät nur so viel: „Ich habe den zweiten Teil bald fertig.“

    „Air“ von Literaturstar Christian Kracht sorgt für Diskussion beim Literarischen Salon

    Nach dem Gespräch mit dem Beststellerautor spricht AZ-Kulturredakteurin Birgit Müller-Bardorff über neue Kinder- und Jugendbücher. Neben dem erzählenden Sachbuch „Das große Buch der Hühner“ von Evelien De Vlieger empfiehlt sie „Kein Party ist auch keine Lösung“ von Anna Maria Praßler und das Bilderbuch „Kajak“ von Clémence Sabbagh.

    Beim literarischen Salon diskutieren Kurt Idrizovic, Veronika Lintner und Buch-Blogger Marius Müller.
    Beim literarischen Salon diskutieren Kurt Idrizovic, Veronika Lintner und Buch-Blogger Marius Müller. Foto: Mercan Fröhlich 

    Zum Abschluss des Abends debattiert der Literarische Salon, moderiert von Richard Mayr, Co-Leiter der AZ-Redaktion Kultur und Journal, über die Neuerscheinungen des Frühjahrs. Mit dabei: Kurt Idrizovic von der Augsburger Buchhandlung am Obstmarkt, Buch-Blogger Marius Müller und AZ-Kulturredakteurin Veronika Lintner.

    Sie empfiehlt „Air“ von Literaturstar Christian Kracht und löst damit direkt eine Debatte aus. Rätselhaft und manieriert findet Müller den Roman über einen Inneneinrichter, der nach Norwegen reist und plötzlich in eine Parallelwelt geschleudert wird. Irgendwo zwischen Manufactum-Katalog und Game of Thrones. Idrizovic wird noch deutlicher, das Buch werde von den Medien gehyped, aber es erzähle nichts. „Ich hatte keine Sekunde Spaß beim Lesen“, so der Buchhändler.

    Das Debüt „Unter Grund“ von Annegret Liepold bewerten alle drei positiv

    Begeistert ist er hingegen von Leon de Winters Roman „Stadt der Hunde“ über einen Gehirnchirurgen, der um eine riskante Operation gebeten wird. Aber auch bei diesem Buch sind sich die drei nicht einig. Für Lintner kommt dieser „James Bond mit der Lizenz zum Operieren“ zu flach daher, auch die Handlung setze zu spät ein. Müller findet den ersten Teil ganz spannend, am Ende verliere sich der Roman aber in Allegorien.

    Seine Leseempfehlung: Das Debüt „Unter Grund“ von Annegret Liepold über eine Jugendliche, die ins rechtsradikale Milieu abrutscht. Beeindruckendes Buch, findet auch Lintner. „Alle reden über Brandmauern, der Roman zeigt, wie ein Brand entstehen kann.“ Auch Idrizovic kann dem Buch einiges abgewinnen, sieht darin aber zu viel Klischees und zu wenig literarische Finesse. Müller hält dagegen, die politische Botschaft mag plakativ sein, aber angesichts der Wahlergebnisse lese er lieber ein Buch, das auf die Gegenwart verweist und Haltung zeigt als den zehnten Coming-of-Age-Roman.

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