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USA: Wie ein Protestsong in den USA Platz eins in der Hitparade stürmt

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Wie ein Protestsong in den USA Platz eins in der Hitparade stürmt

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    Der bislang unbekannte Musiker Oliver Anthony Rockets katapultierte sich mit seinem Song „Rich Men North Of Richmond“ auf den Spitzenplatz der Hitparade.
    Der bislang unbekannte Musiker Oliver Anthony Rockets katapultierte sich mit seinem Song „Rich Men North Of Richmond“ auf den Spitzenplatz der Hitparade. Foto: Imago images

    Bis in den August war der Country-Barde Oliver Anthony aus dem ländlichen Virginia nur Eingeweihten bekannt. Bis dahin schaffte es keiner seiner Songs in die amerikanischen Hitparaden. Dann veröffentlichte er seinen Protestsong „Rich Men North of Richmond“ und traf damit ins Schwarze. Platz eins in den US-Charts. Das ist vorher noch niemandem gelungen, gleich mit dem ersten Chartsong die Topposition erobern.

    Nun offenbart Anthony außerdem erstaunliche Qualitäten. Er versteht sich erstaunlich gut auf die Vermarktung seines kometenhaften Aufstiegs. Von dem olivgrünen „Goochland“-Country-T-Shirt über den blauen Klappstuhl in dem Video bis zu den drei Hunden bedient der 31-jährige Sänger alle Klischees. 

    Der Protestsong von Oliver Anthony ist eine Vertonung populistischer Beschwerden

    Der Song ist eine Vertonung populistischer Beschwerden über die da oben. „Ich habe meine Seele verkauft, den ganzen Tag gearbeitet, Überstunden für einen Scheißlohn, damit ich hier draußen sitzen und mein Leben vergeuden kann“, grollt Oliver Anthony, der südlich von Richmond lebt, über die Eliten nördlich der Hauptstadt. „Diese reichen Männer nördlich von Richmond ... sie wollen die totale Kontrolle haben, wollen wissen, was du denkst, wollen wissen, was du tust ...“ 

    Schon ist man mittendrin in den politischen Diskussionen der USA mit ihrer tief gespaltenen Gesellschaft. Kritiker hören in den Songzeilen von Anthony nämlich Untertöne der QAnon-Verschwörungstheorie heraus und weisen auf die Polemik gegen Empfänger von Lebensmittelkarten und Migranten hin. „Herr, wir haben Leute auf der Straße, die nichts zu essen haben – und Fettleibige, die Sozialhilfe ausnutzen.“ Derweil kümmere sich der Staat um Kinder auf fernen Inseln, statt sich um die daheim zu sorgen. „Es ist eine verdammte Schande, was aus der Welt geworden ist, für Leute wie mich, für Leute wie dich.“ So heißt es bei Anthony.

    Oliver Anthony ist mittlerweile selbst ein reicher Mann

    Jetzt ist der Kerl im zerzausten Holzfäller-Look, der mit bürgerlichem Namen Christopher Anthony Lunsford heißt, selbst ein reicher Mann, der am Tag geschätzt 40.000 Dollar verdient. Einnahmen aus Lizenzgebühren, die zu sprudeln begannen, seit er den eigenproduzierten Protestsong am 8. August veröffentlichte. Allein auf Youtube ist der Song mehr als 44 Millionen mal aufgerufen worden. Hinzu kommen Millionen Aufrufe auf Spotify, iTunes und anderen Streaming-Diensten. Gewiss half dem Country-Sänger auch die Dauerpromotion auf dem US-Fernsehsender Fox , das „Rich Men North of Richmond“ zur Anti-Establishment-Hymne stilisierte.

    Anthony erlaubte dem Haussender der Republikaner, Ausschnitte bei der ersten Präsidentschaftsdebatte in Milwaukee zu spielen und die Eingangsfrage an die acht Kandidaten daran aufzuhängen. „Unser Land ist im Niedergang“, griff Donald Trumps gefährlichster Herausforderer Ron DeSantis die Steilvorlage auf, um Joe Biden als Verantwortlichen zu identifizieren. 

    Anthony verortet seine politische Botschaft in der Mitte

    Mit sicherem Instinkt für zusätzliche Schlagzeilen reagierte der Country-Sänger mit einem hinter dem Steuer seines Trucks aufgenommen Video auf die Vereinnahmung. „Ich habe den Song über diese Leute geschrieben“, sagt er mit Blick auf die Teilnehmer der Debatte, die Trump boykottierte. Es sei nervig, dass bestimmte Leute „vorgeben, als wären wir Kumpel und als würden wir denselben Kampf führen, als würden wir versuchen, dieselbe Botschaft zu senden“. Sein Anliegen sei „viel größer“ als bloße Kritik an Biden. Es gehe „um die ganze Welt“. Wo er mit seinen Botschaften zu verorten sei? „Ziemlich genau in der Mitte“, behauptet Anthony, der besonders viele Anhänger in der Trump-Unterstützer-Szene hat. 

    Unbestritten schrieb er mit seinem Song Chartgeschichte. Nie zuvor landete er auf der „Billboard“-Hitliste ein Lied auf dem ersten Platz, das nicht zuvor auf einer Hitparade aufgetaucht war. Der Country-Barde ließ seine Fans wissen, dass er den Versuchungen des großen Geldes widersteht. Er habe ein acht Millionen Dollar Vertragsangebot aus der Musikindustrie abgelehnt. Die Industrie sei ziemlich schmutzig. „Es ist schlimmer, als sie denken.“ 

    Erstaunlich, wie gut der arme Mann aus dem Kaff südlich von Richmond organisiert ist. Bei seinem Konzert auf einem Golfplatz im benachbarten North Carolina gingen Baseball-Kappen mit „Oliver Anthony for President“, T-Shirts mit Zitaten aus seinen Songs und Aufkleber weg wie warme Semmeln. Und es gibt mit „Ain´t Gotta Dollar“ auch schon einen Nachfolgehit, der auf den zweiten Platz der Charts aufstieg. „Nun ja, ich habe keinen Dollar, aber ich benötige keine zehn Cent“, bedient er darin seine Fans. Eine der vielen Ungereimtheiten des erstaunlichen Aufstiegs Anthonys, der sich als Angehöriger der Elite der Antielitären vor Dollarnoten kaum mehr retten kann. 

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