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Theater: "Kunst" wird zur Zerreißprobe für die Freundschaft

Theater

"Kunst" wird zur Zerreißprobe für die Freundschaft

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    Ein weißes Bild mit weißen Streifen löst einen heftigen Streit zwischen den Freunden Serge (Stephan Clemens), Ivan (Gunther Nickles) und Marc (Frank Röder) aus.
    Ein weißes Bild mit weißen Streifen löst einen heftigen Streit zwischen den Freunden Serge (Stephan Clemens), Ivan (Gunther Nickles) und Marc (Frank Röder) aus. Foto: Kerstin Schomburg

    "Über Geschmack lässt sich streiten." Das ist eine Binsenweisheit, die im Zusammenhang mit Yasmina Rezas "Kunst" gern zitiert wird. Dabei dreht sich der Streit in dem Stück ja nur oberflächlich um den Kunstgeschmack der drei Protagonisten. Das Theater Ulm inszeniert "Kunst" schnörkellos, was den Schauspielern Raum für ihre sehr gelungenen Darstellungen lässt, bei denen alle Gesten, Blicke und Pausen sitzen. Bei der Premiere gab es Gelächter und langen Applaus.

    Ein weißes Bild mit weißen Streifen zerstört fast eine Freundschaft

    Rezas preisgekröntes Werk wird auch fast 30 Jahre nach seiner Uraufführung immer wieder gern gespielt. Das liegt unter anderem am beliebten Plot, bei dem aus einem eher nichtigen Grund ein existenzieller, beziehungsgefährdender Streit entspringt, wie etwa im Kinofilm "Der Vorname", zu dem jüngst ein zweiter Teil erschien. Bei Reza sind es Dermatologe Serge (Stephan Clemens), Ingenieur Marc (Frank Röder) und Lebenskünstler Ivan (Gunther Nickles), deren 15-jährige Freundschaft auf eine harte Probe gestellt wird. Auslöser des Zwists ist Serges neueste Errungenschaft, ein weißes Bild mit weißen Streifen: Kostenpunkt 200.000 Franc – etwa 30.000 Euro. Serge liebt es, Marc findet's lächerlich und "eine Scheiße", Ivan kann Serges Faszination verstehen, würde selber aber nie so viel Geld dafür ausgeben und will sich auf keine Seite schlagen. Das ist die Ausgangslage, von der aus sich die Eskalationsspirale Grenzüberschreitung für Grenzüberschreitung weiterdreht. 

    Reza trifft genau ins Schwarze

    Die französische Autorin macht in ihrem Stück Beobachtungen, die auch drei Jahrzehnte später perfekt ins Schwarze treffen. Natürlich gibt es sie noch, die Kunstfreunde wie Serge, die beim Beschreiben ihrer geliebten Werke Floskeln verfallen, bei deren Verwendung man kaum anders kann, als arrogant zu wirken. Bei Marc löst im Stück allein das Wort "Dekonstruktion" Brechreiz aus. Treffsicher beschreibt Reza vor allem die Schwächen ihrer Protagonisten und die Dynamiken ihrer Männerfreundschaft. Ivan, der seine Unsicherheiten mit Alberei und Witzen kaschiert, was Gunther Nickles in der Ulmer Inszenierung viele Ansätze bietet, sein komödiantisches Talent unter Beweis zu stellen. Marc wiederum braucht die Anerkennung seiner Freunde und reagiert gerade deshalb so eifersüchtig auf Serges Faszination für die Kunst, mit der er so gar nichts anfangen kann. 

    Jasper Brandis inszeniert das beliebte Stück nicht im kleinen Podium, sondern auf der großen Bühne des Ulmer Theaters. Dort sorgt der tiefschwarze Hintergrund und die auch sonst komplett in Schwarz gehaltene Gestaltung (schwarze Couch und schwarzer Marmortisch) für die notwendige Intimität.

    Weitere Spieltermine: "Kunst" ist am Theater Ulm noch bis 11. März zu sehen. Die nächsten Vorstellungen finden am 18., 20., 25. und 28. Januar statt. Karten unter theater-ulm.de.

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