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"Tausend und ein Morgen": Ilija Trojanows neuer Zeitreise-Roman ist literarischer Hochleistungssport

"Tausend und ein Morgen"

Ilija Trojanows neuer Zeitreise-Roman ist literarischer Hochleistungssport

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    … und zur gleichen Zeit Ilija Trojanow in der Stadtbücherei.
    … und zur gleichen Zeit Ilija Trojanow in der Stadtbücherei. Foto: Anette Zoepf

    Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten betrachtet muss man sagen: Es ist nur fair, dass "Tausend und ein Morgen" seinen Leserinnen und Lesern einiges abverlangt. Denn der neue Roman von Ilija Trojanow ist ein irre aufwendig gemachtes Stück Literatur. Der Autor erschafft darin eine zukünftige Wirklichkeit, die nicht nur über ihre eigenen, post-kapitalistischen Regeln verfügt, sondern auch über eine eigene Sprache. Mit dieser neuen Sprache als Baumaterial wird akkurat die Erzählung konstruiert: In der Zukunft macht sich eine Truppe auf, durch Zeit und Raum zu reisen, ins „Damalsdort“, um das Geschehen dort so zu lenken, dass die Zukünfte (es gibt ihrer stets mehrere) besser werden, gerechter. 

    Unterstützt von ihren Freunden und dem virtuellen Assistenten COG bricht Chronautin Cya auf in Piratennester, in den Moloch einer indischen Großstadt, in die Russische Revolution. Sie reist auf irgendwie programmierte und doch sehr körperliche Weise; so mühelos, dass die Welten auf den Buchseiten fast verschwimmen, getrennt allein durch gefettete Gedankenfetzen. Hier wie dort, damals wie morgen, geht es dabei stets sehr philosophisch zu und immer auch um die ganz großen Fragen.

    Gendergerechte Sprache, aber elegant

    Direkte Rede wird im Buch rechts gesetzt, die Einwürfe COGs kursiv; dazwischen die gefetteten Zeitenwechsel und so manche gestalterische Spielerei: Da gilt es, als Leserin flexibel und konzentriert zu bleiben. Zumal da ja auch noch die Sache mit der Sprache ist. Trojanow hat für "Tausend und ein Morgen" nicht nur eigenes Vokabular erschaffen, sondern auch eine eigene Grammatik. Er verwendet den weiblichen Singular als Plural für alle („Piratin“ statt „Pirat:innen“) und beweist so völlig beiläufig, wie elegant gendergerechte Sprache sein kann. 

    Am Ende ist es ziemlich viel, vielleicht fast zu viel, was der Roman will: 1. Die Mechaniken zivilisatorischen Fortschritts beschreiben, 2. die Utopie einer Welt zeichnen, in der herrschafts- und gewaltfreies Zusammenleben genauso möglich ist wie eine Existenz in Einklang mit Natur und Technik, und 3. den ästhetischen und inhaltlichen Möglichkeitsraum von Sprache erweitern. Literarischer Dreikampf für Hochleistungsleserin. 

    Ilija Trojanow: Tausend und ein Morgen. S. Fischer, 528 Seiten, 30 Euro.

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