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Foto: Jan-Pieter Fuhr
Foto: Jan-Pieter Fuhr

Mal ernst, mal (aber)witzig, diesen Spagat versucht das Staatstheater Augsburg in seinem Programm der Spielzeit 2024/25. Unter den Wiederaufnahmen mit dabei: das Schauspiel "Frankenstein" (Bild).

Staatstheater Augsburg
06.05.2024

Spielplan 2024/25: Aberwitz kennt keine Grenzen

Von Stefan Dosch

Das Staatstheater Augsburg hat sein Programm für 2024/25 vorgestellt. Passend zum Spielzeit-Motto werden unter anderem Roboter-Ziegen zu erleben und Ballermann-Schlager in Klassik-Aufmachung zu hören sein.

Man tritt den übrigen Sparten des Staatstheaters Augsburg nicht auf die Füße, wenn man dem Digitaltheater des Hauses den Lorbeer reicht für die wohl abgefahrenste Produktion der nächsten Spielzeit. Unter dem kryptischen Titel "dolci_inganni.zip" wird es nämlich ein "performatives Opern-Erlebnis" geben, bei dem, Zitat, "singende Ziegen (halb 3D-gedruckte Modelle, halb Roboter)" das Programm mitsamt Anklängen an Mozarts "Così fan tutte" bestreiten. Ein Stück, das obendrein perfekt zum Spielzeit-Motto der Saison 2024/25 passt, welches da lautet: "aber witzig".

Wobei Staatstheater-Intendant André Bücker in der Brechtbühne bei der Vorstellung seines achten Spielplans darauf hinweist, dass das Motto nicht nur als "Aberwitz" im Hinblick auf die Kapriolen heutiger Zeit gelesen werden wolle, sondern ebenso als "aber auch witzig", dem Grunde nach also ernst. Ein Charakter, der Bücker zufolge so manche Produktion der neuen Spielzeit kennzeichnet. In der Schauspiel-Sparte beispielsweise das Stück "Weltwärts" von Noah Haidle, wo der Ernst des Themas Sterbehilfe eine Verbindung eingeht mit komödiantischen Elementen. 

Im Schauspiel dominiert Zeitgenössisches

Zeitgenössisches dominiert das Schauspiel in der kommenden Saison, wobei es sich dabei auch um Bearbeitungen alter Stoffe handeln kann wie bei der "Hildensaga", eine Neufassung des Nibelungenlieds, welche die Frauen in den Vordergrund rückt. Unter den insgesamt zehn Premieren finden sich zwei Uraufführungen, beide Male Auftragsarbeiten des Staatstheaters an bereits vor Ort erprobte Autoren. Von Dietmar Dath stammt ein Stück rund um das Thema KI und neue Arbeitswelt, Titel "Deine Arbeit hasst dich, weil sie dich nicht braucht". Während Tine Rahel Völckers ihre "Gesänge vom Überleben" als Dokumentartheater konzipiert, das sich auf die Spuren der Zwangsarbeiter in Augsburg während des Zweiten Weltkriegs begibt. Einziger Bühnenklassiker in neuer Inszenierung ist Ibsens Schauspiel "Nora oder Ein Puppenheim".

Auch die Musiktheater-Sparte wartet in der kommenden Spielzeit mit einem üppigen Programm mit neun Premieren auf, zwei mehr als 2023/24. Auch hier eröffnet Zeitgenössisches die Spielzeit – Moritz Eggerts "Die letzte Verschwörung" hat in Augsburg seine deutsche Erstaufführung – , auch hier gibt es zwei Uraufführungen. Dennoch hat der Stücke-Kanon hier stärkeres Gewicht mit Rossini ("La Cenerentola"), Verdi ("Un ballo in maschera") und Mozart ("Così fan tutte"). Anders als im diesjährigen Sommer wird die Freilichtbühne 2025 keine Oper bieten, das Musical hat wieder den Vortritt mit Lloyd Webbers "Evita".

Die Ballettsparte widmet sich der Malerin Frida Kahlo

Als Ballettproduktion, die einer schillernden Künstlerfigur gewidmet ist, versteht sich "Frida", gewidmet der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. Die von Ballettdirektor Riccardo Fernando entwickelte Choreografie will nicht nur mit Tanz und Musik aufwarten, sondern auch mit Gesang und Sprechpassagen. Mit vier Premieren fällt die Zahl der Neuproduktionen – darunter "Made for Two reloaded", ein von neun Choreografinnen und Choreografen entworfener Duett-Abend – in der Ballettsparte etwas kleiner aus als üblich. "Dimensions of Dance" gibt es diesmal nicht in neuer Ausgabe, sondern als Wiederaufnahme von "Part 5" aus der noch laufenden Spielzeit.

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Apropos Wiederaufnahmen: Nicht mehr nur das Ballett kann mit lange im Voraus ausgebuchten Vorstellungen aufwarten. Das Schauspiel "Frankenstein", gerade aus der Taufe gehoben, ist für den Rest der Spielzeit auch schon komplett verkauft, wird aber 2024/25 wieder zu sehen sein.

Eine Akkordeonistin als Artist in residence

Die Augsburger Philharmoniker präsentieren in ihrer Sinfoniekonzert-Reihe acht Programme, im letzten von ihnen einen Orchester-Parforce-Ritt mit Strawinskys "Le sacre du printemps". Generalmusikdirektor Domonkos Héja macht ferner wieder mit Musik aus Ungarn bekannt, neben Bartóks 3. Klavierkonzert ein Klavierkonzert des komponierenden Dirigenten Antal Doráti. Artist in residence ist kommende Spielzeit Olivia Steimel, Virtuosin auf dem Akkordeon.

Bleibt noch die Sparte Nummer fünf, das Digitaltheater. Nebst dem schon eingangs erwähnten Roboter-Ziegen-Mozart wird es unter anderem eine VR-Brillen-Produktion von E.T.A. Hoffmanns Schauergeschichte "Der Sandmann" geben sowie ein "hybrides Schauspiel" zu einem Text von Sybille Berg, "Wonderland Ave", ein Stück über das Ende des "humanen Kapitals" im Zeitalter der superschlauen Maschinen. Ein Stück, wie es heißt, in dem sich der Ernst mit dem Heiteren mischt. Das ist es wieder, das Spielzeitmotto. 

"Aber witz": Wenn diesbezüglich dem Digitaltheater der Spitzenplatz zukommt, folgt das Musiktheater scharf hinterdrein. "Exportschlager" lautet der Titel einer Uraufführung, deren Urheber der dem Youtube-Publikum wohlbekannte Simon Mack ist. Ein Musiker, der sich darauf versteht, Ballermann-Klassiker wie "Geh mal Bier holen" in ein klassisch-musikalisches Gewand zu kleiden. Mit "Exportschlager" soll für das Staatstheater nach dieser Methode "ein deutsches Singspiel" entstehen. "Aber witz", ist man versucht zu sagen, kennt keine Grenzen.

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