Als die Comic-Zeichner Kevin Eastman und Peter Laird im Jahr 1984 ein schwarz-weißes Comic-Heft über eine Gruppe von mutierten Schildkröten im Teenager-Alter veröffentlichten, ahnten sie nicht, dass ihre ungewöhnlichen «Teenage Mutant Ninja Turtles» wenige Jahre später zu einem weltweiten kulturellen Phänomen werden würden. Fast 40 Jahre später - nach vier TV-Serien, mehreren Filmen, unzähligen Actionfiguren und Merchandise-Artikeln - kommt mit «Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem» das nächste, etwas andere Abenteuer der Pizza liebenden Schildkröten in die Kinos.
Hinter der Neuauflage steht ein Team um Schauspieler und Autor Seth Rogen («Superbad»), der selbst ein langjähriger Turtles-Fan ist. «Die Idee von vier Brüdern mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten ist sofort ansprechend», erklärt der 41-Jährige seine Turtles-Faszination der Deutschen Presse-Agentur in London. «Der Wunsch, akzeptiert zu werden und das Gefühl zu haben, irgendwie nicht in diese Welt zu passen, das ist ein sehr universelles Thema.»
Zurück zum Anfang
«Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem», erzählt die Geschichte von Anfang an. Als der verrückte Wissenschaftler Dr. Baxter Stockman in seinem Labor von einem zwielichtigen Spezialkommando heimgesucht wird, landet einer seiner Kanister mit einer grünen Flüssigkeit in der New Yorker Kanalisation. Vier Babyschildkröten und eine Ratte mutieren durch den Kontakt damit zu menschenähnlichen Wesen. Die Ratte namens Splinter zieht die vier Brüder unter der Stadt groß.
15 Jahre später sind Michelangelo, Raphael, Leonardo und Donatello bis auf ihr Äußerliches ganz normale Teenager, die sich nach einem Leben sehnen, wie es andere Jugendliche haben. Sie schleichen sich unbemerkt ins Kino und zum Adele-Konzert. Ziehvater Splinter warnt: Menschen sind gefährlich. Doch als die Turtles bei einem heimlichen nächtlichen Streifzug durch New York City die Schülerin und angehende Reporterin April kennenlernen, sind sie hin und weg.
Gleichzeitig treibt ein fliegenartiges Wesen namens Superfly mit einer Gang von durchgeknallten Mutanten sein Unwesen in der Stadt. Er will mit einer Spezialkanone die gesamte Welt mutieren lassen und so von Menschen befreien. Die Turtles, die von Splinter in asiatischer Kampfkunst ausgebildet wurden, wollen das verhindern, um sich bei den Menschen beliebt zu machen. April soll sie bei ihrer Mission filmen. Doch die Dinge sind komplizierter, als sie sich darstellen.
«Es ist in vieler Hinsicht ein Teenagerfilm», sagt Seth Rogen, der das Drehbuch mit seinem Kumpel Evan Goldberg und dem Regisseur Jeff Rowe schrieb. «Als das Studio uns gefragt hat, ob wir diesen Film machen wollen, war uns klar, dass wir uns auf den Teenager-Aspekt fokussieren wollten.» Wichtig sei ihm gewesen, dass die Turtles auch von Teenagern synchronisiert werden, damit der Film eine authentische jugendliche Energie habe.
Seth Rogen, Jackie Chan und Ice Cube sind dabei
Andere Charaktere werden in der Originalfassung von Hollywood-Stars gesprochen. Neben Rogen als Warzenschwein Bebop sind das etwa Jackie Chan als Splinter, Rapper Ice Cube als Superfly, Ayo Edebiri als April O'Neil und - zum Kaputtlachen - Paul Rudd als durchgeknallter Mondo Gecko. Leider geht in der deutschen Fassung zwangsläufig etwas vom Humor der Originalversion verloren. Aber unter anderem mit Chans langjährigem Synchronsprecher Stefan Gossler sowie Markus Pfeiffer, der Rudd als «Ant-Man» seine Stimme leiht, wird das gut kompensiert.
Der Film ist gespickt mit unzähligen Gags und herrlichen popkulturellen Anspielungen, zum Beispiel, wenn Splinter die Turtles mit Pappfiguren der Schauspieler Chris Pine, Chris Hemsworth und Chris Pratt überrascht, oder ihnen Szenen aus Jackie-Chan-Filmen zeigt. Für Turtles-Kenner sind obendrein einige amüsante Easter Eggs versteckt.
An den ungewöhnlichen visuellen Stil des Films, eine Mischung aus digitaler Animation und kritzeligem Comic-Look, muss man sich anfangs ein wenig gewöhnen. Das gelingt aber schnell und dann sieht der Film spektakulär aus. Der fabelhafte Soundtrack kombiniert atmosphärische Synthesizer-Klänge des Oscar-prämierten Duos Trent Reznor und Atticus Ross («Soul») mit klassischem Hip-Hop der frühen 1990er Jahre.
Filmspaß für Jung und Alt
Witzige Dialoge, viel Humor, hohes Tempo und Action bis hin zum grotesken Showdown machen diese Coming-of-Age-Komödie zu einem großen Kinospaß. «Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem» ist für Kinder und Jugendliche fraglos unterhaltsam und vermittelt manche subtile oder weniger subtile Botschaft. Doch jung gebliebene Erwachsene wird er vielleicht noch mehr begeistern, insbesondere die, die in den späten 80er und frühen 90er Jahren aufgewachsen sind.
Bei den verantwortlichen Studios Paramount Pictures und Nickelodeon Movies hat man offenbar auch ein gutes Gefühl bei dieser erfrischenden Neuauflage. Eine Fortsetzung und eine neue Serie, die als Brücke zwischen den Filmen beim Streamingdienst Paramount+ laufen soll, sind bereits in Planung. Angesichts des aktuellen Streiks in Hollywood dürfte es bis dahin allerdings noch eine Weile dauern.
(Von Philip Dethlefs, dpa)