Eigentlich hätte Markwart Herzog Ende vergangener Woche ein letztes Mal an der traditionsreichen Tagung zur Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben teilnehmen wollen. Viele Jahre hat er das Symposium der Bezirksheimatpflege als Direktor der Schwabenakademie tatkräftig begleitet und unterstützt. Doch zur nun 36. Auflage durfte Herzog seinen Arbeitsplatz, das Kloster Irsee, nicht mehr betreten. Drei Wochen vor seinem Ruhestand, der am 1. Oktober beginnt, wurde er, wie berichtet, vom Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer vom Dienst freigestellt und mit einem Hausverbot belegt.
Schwabenakademie: Ein abgesagtes Yoga-Festival sorgte für Zwist zwischen Herzog und dem Bezirk
Als Grund dafür führte Sailer als Vorsitzender des Zweckverbandes, der die Schwabenakademie trägt, die Absage eines im Kloster geplanten Yoga-Festivals an. Damit habe Herzog enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Der Akademiedirektor hält dagegen, dass er – explizit in Absprache mit den Veranstaltern – wegen der geringen Anmeldezahlen die Reißleine gezogen habe, um eben wirtschaftlichen Schaden zu verhindern. Kenner der Verhältnisse in der ehemaligen Benediktinerabtei bei Kaufbeuren gehen davon aus, dass das abgesagte Festival nur ein Vorwand gewesen sein könnte, um Herzog so schnell wie möglich von seinem Posten zu entfernen. Dieser hatte sich nämlich in den vergangenen Monaten sehr kritisch zu vom Zweckverband angestrebten personellen Entwicklungen bei der Schwabenakademie geäußert.
Damit geht die überaus fruchtbare Tätigkeit Herzogs für die Schwabenakademie ganz anders zu Ende, „als ich mir das vorgestellt hatte“, bedauert der 1958 in Heilbronn Geborene. Nach dem Studium der Philosophie, Theologie und Kommunikationswissenschaft in München promovierte er 1995 im Fach Religionsphilosophie. 1997 begann dann seine Tätigkeit für die Schwabenakademie, zunächst als wissenschaftlicher Bildungsreferent, ab 2009 dann als Gesamtleiter der Einrichtung.
Markwart Herzog etablierte viele Tagungsreihen in der Schwabenakademie Irsee
Neben der Profilierung des Bildungsangebotes etablierte Herzog erfolgreich mehrere wissenschaftliche Tagungsreihen im Kloster Irsee. Darunter die Langzeitprojekte „Sterben, Tod und Jenseitsglaube“, der „Irseer Arbeitskreis für vorindustrielle Wirtschafts- und Sozialgeschichte“, das „Kunsthistorische Forum Irsee“, die „Philipp-Hainhofer-Kolloquien“, und nicht zuletzt die sporthistorischen Konferenzen, die weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Beachtung gefunden haben. Für Schlagzeilen sorgten etwa der „Irseer Fußballhistorikerstreit“, der sich 2006 an den Forschungen Nils Havemanns über den Deutschen Fußball-Bund im „Dritten Reich“ entzündet hat, oder die Kontroverse über die Aufarbeitung der NS-Zeit beim FC Bayern München (2016/2017). Zumeist begleitend zu diesen Tagungsreihen sind unter Herzogs Ägide rund 60 Bücher erschienen. Die Zahl seiner wissenschaftlichen Publikationen während der Irseer Zeit gibt Herzog mit „weit über 300“ an.
Für sein Wirken erhielt de Akademiedirektor mehrere Preise, darunter die Auszeichnung „Geisteswissenschaften international“ des Auswärtigen Amtes, dem „Volkacher Taler“ der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur und der „Richard-Schaeffler-Preis für philosophisch-theologische Grenzfragen“. Der Wissenschaftler wurde zudem in die International Society of Olympic Historians, die Schwäbische Forschungsgemeinschaft und in die Deutsche Akademie für Fußballkultur berufen und war von 2016 bis 2019 in der Nominierungskommission für den Grimme-Preis in der Kategorie „Fiktion“.
Angesichts dieser Verdienste bedauert nicht nur Peter Fassl, der frühere Bezirksheimatpfleger von Schwaben, die Umstände, unter denen der Schwabenakademie-Direktor in den Ruhestand wechselt. „Ich danke Herrn Dr. Markwart Herzog“, schreibt Fassl in einer Stellungnahme zur jüngsten Tagung zur Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben, an der der langjährige Mitorganisator nun nicht mehr teilnehmen durfte.
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