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Schreiben lernen: Vom Füller bis zur Schulausgangsschrift

Ausstellung

Wie die Kinder zur Schreibschrift kommen

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    Zum Lernen des Schreibens gehört mehr als ein Schreibgerät, es ist auch eine Frage der Haltung.
    Zum Lernen des Schreibens gehört mehr als ein Schreibgerät, es ist auch eine Frage der Haltung. Foto: Joachim Göres

    Blau oder grün? Wer an seine Schulzeit und sein erstes Schreibgerät denkt, wird diese Frage häufig noch beantworten können: Die Füller von Geha waren grün, die von Pelikan blau. Der blaue Pelikano kam 1960 auf den Markt und stellte eine kleine Revolution dar: Bis dahin mussten Schüler ihren Füller umständlich mit Tinte aus einem Tintenfass nachfüllen, die neuartigen Füllerpatronen ließen sich dagegen schnell auswechseln. Daran erinnert die gerade eröffnete Ausstellung „Gänsefeder, Pelikano, Tastatur“ über die Geschichte des Schreibens, die bis Ende des Jahres in Hannover im Pelikan Tintenturm läuft. Titel und Ort lassen ahnen, dass hier vor allem Produkte des Herstellers Pelikan präsentiert werden, der seit fast 200 Jahren Schreibutensilien fertigt. Zu sehen sind in der Ausstellung unter anderem Werbeplakate, Schiefertafeln, Stahlfedern, Tintenfässer und eine große Auswahl von Füllern. Man kann mit einer Gänsefeder schreiben lernen oder sich mit einem Füllfederhalter im goldenen Gästebuch verewigen.

    Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Frage: Wie wurde früher Kindern die Schreibschrift vermittelt und wie lernen sie sie heute. 1865 wurde in Schulen die Kurrentschrift eingeführt. Sie lernten bei weitem nicht alle Kinder – Schulpflicht gibt es in Deutschland erst seit 1919. Von 1915 bis 1941 war in Preußen Sütterlin Pflicht, erfunden vom Grafiker Ludwig Sütterlin. Typisch für diese Schrift sind Auf- und Abstriche, Verbindungsbogen und -haken sowie Ovalformen. Danach galt bis in die 50er Jahre die deutsche Normalschrift, eine leicht abgewandelte Form der Sütterlin-Schrift. Ab 1953 setzte sich die lateinische Ausgangsschrift durch. Da viele Kinder damit Schwierigkeiten hatten, entwickelten Pädagogen und Wissenschaftler in den 60er Jahren die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA). Die kleinen Buchstaben werden mit einem Aufstrich verbunden, das Schreiben geht flüssiger von der Hand. Im Vergleich mit der Vorgängerschrift ähneln die großen Buchstaben eher Druckbuchstaben, es gibt weniger Schnörkel. Die Besonderheiten der einzelnen Schriften kann man in der Ausstellung nebeneinander studieren.

    Experten haben regelmäßig diskutiert, wie die Schrift leichter erlernt werden kann

    „Es gab regelmäßige Treffen der Experten der Arbeitsgemeinschaft Schreiberziehung, die darüber diskutierten, wie man die Schrift leichter erlernen kann. 1974 führten die westdeutschen Bundesländer dann die VA ein“, sagt Pelikan-Archivar Wilfried Leuthold. Er war damals bei diesen Treffen dabei, die im Pelikan-Konferenzsaal stattfanden – heute Ort der Ausstellung, der bei der Eröffnung 1913 der größte Besprechungsraum Deutschlands war.

    Mit dem Füller schreibt es sich besser – dieses Schreibgerät führt zu einer guten Körperhaltung.
    Mit dem Füller schreibt es sich besser – dieses Schreibgerät führt zu einer guten Körperhaltung. Foto: stock.adobe.com

    Heute lernen Kinder in den Grundschulen als Erstschreibschrift die Druckschrift. Darauf aufbauend sollen sie in den meisten Bundesländern eine verbundene Schrift lernen, entweder die lateinische Ausgangsschrift, die Vereinfachte Ausgangsschrift oder die Grundschrift. Bei letzterer dürfen Buchstaben miteinander verbunden werden, müssen aber nicht. Dann gibt es noch die Schulausgangsschrift. Bei ihr ähneln die Großbuchstaben stark den Druckbuchstaben. In Bayern ist die Schulausgangsschrift und die Vereinfachte Ausgangsschrift zugelassen, wie auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Andere Bundesländer lassen alle vier Schreibschriften zu (NRW, Niedersachsen) oder machen gar keine Vorgaben (Bremen, Hessen, Thüringen). Dagegen ist in Berlin, Sachsen und dem Saarland die Schulausgangsschrift Pflicht.

    In den meisten Schulen lernen die Schüler mit dem Füller das Schreiben

    Nach wie vor lernen Kinder in deutschen Schulen das Schreiben mit dem Füller – unter anderem, weil durch seine Benutzung automatisch die richtige Schreibhaltung eingenommen wird. „In skandinavischen Ländern haben Grundschüler die Schrift mit dem i-Pad gelernt, doch jetzt geht man wieder zurück zur Handschrift, weil beim Schreiben mit Hand viel mehr Prozesse im Kopf ausgelöst werden als wenn man nur auf einen Knopf drückt“, sagt Leuthold. Die von Pelikan und dem Historischen Museum Hannover konzipierte Ausstellung lässt anschaulich eine Ahnung davon aufkommen, was beim Schreibenlernen alles zu bedenken ist.

    Übrigens: Auf die Frage „blau oder grün“ werden Leserinnen möglicherweise „rot“ antworten – weil blau als typische Jungenfarbe galt, brachte Pelikan auch einen roten Füller auf den Markt, der sich bei Mädchen großer Beliebtheit erfreute. Heute haben Kinder und ihre Eltern die Qual der Wahl, wie auch die Ausstellung zeigt – neben den klassischen Farben gibt es Pelikan-Füller in Pink, Lila, Weiß, Schwarz, mit Rillen- oder Schuppenstruktur, mit schimmernder Metallic-Lackierung, Schafte mit Wegrollschutz …

    Bis 11. Januar 2026 im Tintenturm der Firma Pelikan in Hannover

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