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Schatz aus Kolonialzeit: Berliner Humboldt Forum zeigt Benins Bronzen

Schatz aus Kolonialzeit

Berliner Humboldt Forum zeigt Benins Bronzen

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    Die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin sind im Humboldt Forum nun auf 16.000 Quadratmetern zu sehen.
    Die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin sind im Humboldt Forum nun auf 16.000 Quadratmetern zu sehen. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Hermann Parzinger hütet einen Schatz. Es ist ein großer Schatz und viel mehr als ein Topf alter Münzen. Er besteht aus Gold-Vögeln, Bronze-Köpfen, Federhüten, Seidenkleidern, wertvollen Schnitzereien, Herrscherthronen, Prunkwaffen und Prachtbooten. Parzingers Vor-Vor-Vor-Vorgänger und deren Zuträger haben den Schatz zusammengesammelt, darunter nicht wenig Zusammengeklautes, Zusammengeraubtes. So geschehen in Afrika, in Asien, in Nord- und Südamerika. Völkerkunde hieß ihr Geschäft, und sie bestückten damit Museen und Sammlungen der Reichshauptstadt Berlin.

    Es sind Leute aus Deutschland, die finden, die Preziosen müssten zurück in die Länder, wo sie einst herkamen. Denn wenn sie weiter in Berlin ausgestellt würden, verlängere man dadurch das Verbrechen der Kolonialisierung. Und es sind die Nachfahren der Leute, denen die Deutschen einst das Wertvolle und Heilige abnahmen.

    Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), gestikuliert.
    Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), gestikuliert. Foto: Monika Skolimowska, dpa (Archivbild)

    Über 100 Jahre nach Kolonial-Zeit: Benin-Bronzen werden in Berlin ausgestellt

    Parzinger ist in einer misslichen Lage. Der gebürtige Münchner hat es trotzdem geschafft, den Schatz zu bewahren und in einer neuen Ausstellung zu zeigen. Nicht in Afrika, Asien oder Amerika, sondern mitten im Zentrum Berlins. „Wir begreifen die Sammlung nicht als Last, sondern als Chance“, sagt Parzinger zur Eröffnung der neuen Ausstellungsflächen des Berliner Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum. Er steht in einem Saal des Forums, das damit nun endlich richtig fertig ist. Das

    Bevor die Leute an seinem Schatz zerrten, hatte Parzinger Ärger wegen der Schloss-Kopie, der ausradierten DDR-Geschichte und eines Kreuzes, das auf der Kuppel stehen sollte. Der Professor für Archäologie musste ein bisschen tricksen für sein Forum. Das fängt schon beim Namen an – Humboldt. Niemand hat etwas gegen Alexander von Humboldt, dem Gegner der Sklaverei und „eigentlichem Entdecker“ Südamerikas, wo er noch mehr verehrt wird als in Deutschland. Schwieriger als die Namenswahl ist die Herkunft der Dinge, die ausgestellt werden. Mittlerweile ist es nicht mehr nur ein Problem, wie der Schatz in den Besitz der Deutschen kam, sondern dass sie ihn über 100 Jahre später noch immer präsentieren. Es ist der Blick der Weißen auf die Welt. Die Deutschen sind da nicht allein. Es trifft auch Engländer Franzosen, Spanier und Holländer.

    Hermann Parzinger lädt Menschen aus Ursprungsländern zu Ausstellung ein

    Parzinger weiß, wie heikel die Diskussion um das Erbe der europäischen Imperien ist. Er hat sich deshalb entschlossen, seine Gegner zu umarmen. Der Professor hat einen schwarzen Gürtel in Judo, dem japanischen Kampfsport. Ziel ist das Siegen durch Nachgeben. Bei der Vorbereitung der Ausstellung hat der 63-Jährige Menschen aus den Ursprungsländern eingeladen, daran mitzuwirken. Zur Eröffnung sind 80 Frauen und Männer aus allen Himmelsrichtungen da. Eine Vertreterin der Omaha-Indianer aus den USA, eine Museumsdirektorin aus Namibia, eine Fotografin aus Indien, eine Lehrerin aus Kolumbien. Auf ein Diskussionspodium zur Eröffnung hat er nur diese Frauen gesetzt. Zu viele Männer auf einer Bühne ist auch nicht mehr gut. In seiner Rede spricht er die Gender-Sprache, redet von Partner*innen. Dort, wo das Sternchen steht, macht der Professor eine Kunstpause. „Das Humboldt Forum kann diese Kraft nur dann entfalten, wenn es gemeinsam mit unseren Partner*innen aus aller Welt Themen setzt.“

    Es ist die Sprache der Grünen, die derzeit mit Claudia Roth und Annalena Baerbock zwei für ihn wichtige Posten besetzen. Roth gibt als Kulturstaatsministerin viel Geld für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Baerbock kann als Außenministerin für Kompromisse mit den Ländern sorgen, die die Kunstwerke ihrer Ahnen endlich zurückhaben wollen.

    Nigeria will die Bronzen aus dem Königreich Benin nun zurück haben

    So ist es kurz vor der Eröffnung geschehen. Für die berühmten Bronzen aus dem Königreich Benin hat Nigeria die Besitzrechte übertragen bekommen. Das einstige Reich liegt heute auf dem Gebiet des westafrikanischen Landes. Von den rund 500 Artefakten bleibt ein Drittel als Dauerleihgabe für zunächst zehn Jahre in Berlin.

    An ihrem neuen Platz im Humboldt Forum wird jetzt auf Tafeln aufwendig erklärt, wie die Europäer in den Besitz der Bronzen kamen. Kunstgenuss mit schlechtem Gewissen ist Teil des Ausstellungskonzepts. Dass die Könige von Benin auch Sklavenhändler waren, wird nur am Rande erwähnt. Parzinger deutet in seiner Rede an, dass es weitere Rückgaben geben wird. „Wir finden es richtig, wir finden es gut.“ Der Präsident kann das verschmerzen. Die ethnologische Sammlung umfasst eine halbe Million Objekte, den übergroßen Teil bekommt kein Besucher zu Gesicht.

    Darunter sind auch Kostbarkeiten aus Kamerun, die Jean-Pierre Félix-Eyoum besonders interessieren. Er lebt seit über 40 Jahren in Deutschland und ist Großneffe von Rudolf Duala Manga Bell. Letzterer war ein König des

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