Ein Leitungs-Duo wird das Brechtfestival von 2026 bis 2028 künstlerisch verantworten: Sahar Rahimi und Mark Schröppel werden die Nachfolge von Julian Warner antreten, der das Festival seit 2023 kuratierte. Darüber entschied die Jury, ein mit lokalen und nationalen Experten besetztes Gremium. Im Kulturausschuss am Mittwoch fand die Entscheidung breite Zustimmung.
Das neue Leitungs-Duo des Augsburger Brechtfestivals verfolgt ein inklusives Konzept
Der Ansatz des Duos beruht laut einer Pressemitteilung der Stadt auf der Idee der „erweiterten Inklusion“ mit einem Fokus auf theatralen und performativen Formaten. „Inklusion bedeutet für uns zu erkennen, welche Potenziale und magischen Momente uns als Gesellschaft und als Institutionen entgehen, wenn wir ihren bisher ignorierten Perspektiven auf die Welt nicht zuhören. Unser Ansatz steht für den Versuch, Minderheiten mit Mehrheiten, Subkultur mit Hochkultur, progressiv mit konservativ, alt mit jung, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung im Zeichen eines zugänglichen künstlerischen Experiments zu vereinen. Wir wollen einen aktiven Gegenpol zu den aktuellen gesellschaftlichen Spaltungsprozessen setzen“, so Rahimi und Schröppel. Die beiden Theatermacher sehen Brecht selbst in seiner Arbeit als Vorläufer von Inklusion und kultureller Teilhabe.
Auch einige Details für ihr erstes Brechtfestival im Jahr 2026 nannten Rahimi und Schröppel bereits im Kulturausschuss. So soll Manuel Gerst, ein Autor mit dem Schwerpunkt auf Einfacher Sprache, Stadtschreiber werden. Damit verfolgten sie das Ziel, für alle verständlich zu sein, ohne die literarische Qualität zu verlieren. Als Festivalzentrum des Brechtfestivals in den Jahren 2026 bis 2028 sind mehrere Leerstände in der Innenstadt im Gespräch wie das ehemalige Kaufhaus Woolworth sowie die ehemaligen Räumlichkeiten der Modehäuser Eckerle und Rübsamen. Die räumliche Kontinuität helfe, dass die Menschen den Ort annehmen und sich mit ihm identifizieren. Neben lokalen Akteuren wie dem Staatstheater Augsburg und Bluespots Productions wurden auch prominente Schauspieler wie Sepp Bierbichler und Uschi Glas für die Mitwirkung am Brechtfestival angefragt, verriet das neue Leitungs-Duo.
„Ich freue mich sehr, dass zwei erfahrene Kunstschaffende gewonnen wurden, die das Zusammenkommen unterschiedlicher Menschen und gesellschaftlicher Gruppen in den Fokus stellen. Was benötigen wir angesichts immer tiefer werdender Gräben in der Gesellschaft und ernster globaler Krisen mehr, als diesen Reichtum voll auszuschöpfen?“, kommentierte Kulturreferent Jürgen Enninger die Entscheidung.
Sahar Rahimi und Mark Schröppel setzten sich gegen 25 weitere Bewerber durch
Die Jury bestand aus einem zehnköpfigen Gremium lokaler und nationaler Expertinnen und Experten sowie aus drei Beratern ohne Stimmrecht. Der Vorschlag der zukünftigen künstlerischen Leitung des Brechtfestivals setzte sich in einem anonymisierten Auswahlverfahren gegenüber 25 weiteren internationalen Bewerbungen durch und überzeugte schließlich in einem persönlichen Auswahlgespräch unter drei Anwärtern.
Sahar Rahimi, 1981 in Teheran geboren, ist Regisseurin, Autorin und Performancekünstlerin. Der Fokus ihrer Arbeit liegt in kollektiven, partizipativen und inklusiven Kontexten. Sie studierte von 2003 bis 2008 am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und ist Mitbegründerin der Performancegruppe Monster Truck, die 2019 mit dem renommierten Tabori Preis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet wurde. Als Solokünstlerin inszeniert Sahar Rahimi u.a. am Ballhaus Ost-Berlin, am Theater Basel und am Schauspielhaus Wien.
Der neue Co-Leiter des Brechtfestivals Mark Schröppel ist in Augsburg geboren
Mark Schröppel ist Jahrgang 1983, geboren und aufgewachsen in Augsburg, und arbeitet als Regisseur, Performer und Musiker. Von 2005 bis 2012 studierte er am Gießener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft und am Dartington College of Arts in Großbritannien. Als Mitbegründer der Performancegruppe SKART bzw. SKART & Masters of the Universe arbeitet er kollektiv und überwiegend mit Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Beeinträchtigung. Produktionen von und mit ihm wurden u.a. auf Kampnagel Hamburg, den Münchner Kammerspielen und dem Berliner Hebbel am Ufergezeigt. In Augsburg stellte sich Schröppel als Theatermacher schon vor: 2013 inszenierte er in der Brechtbühne das Stück „Mein Freund, der Baum“.
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