Für das Ozonloch dürfte das Rockout-Festival in der Augsburger Schwabenhalle eher kontraproduktiv gewesen sein. Die Protagonisten mit ihren wilden, teilweise überlangen Mähnen müssen Tonnen an Haarspray an diesem Abend verschlissen haben. Aber die Fans waren auch nicht gekommen, um über die Klimakrise zu diskutieren, sondern wollten nur drei Dinge: harte Musik, laute Musik und tolle Shows.
Und dafür strömten Sie in Scharen in die Halle. Rund 4500 Menschen sorgten für eine grandiose Kulisse. Die These von Kiss-Bassist Gene Simmons, „der Rock ist tot“, die er kürzlich dem Magazin Rolling Stone übermittelte, wurde in Augsburg widerlegt. Die Atmosphäre hatte was von einem „Wacken light“.
Etwa 4500 Menschen bei Rockout-Festival in der Schwabenhalle
Junge und ältere Rockfans feierten das Event gemeinsam. Das Bier lief in Strömen und je näher der Zeiger auf ein Uhr nachts vorrückte, umso schwankender wurde bei einigen Durstigen auch der Gang. Fast jede und jeder trug das Shirt seiner Lieblingsband auf der Haut. Der achtstündige Marathon mit den Bands „Axxis“, „Dynatzty“, „H.E.A.T“, „Gamma Ray“, „Kissin Dynamit“ und „Blind Guardian“ war zugleich auch ein Treffen von Freunden im Geiste, die sich nicht unbedingt dem musikalischen Mainstream verschrieben haben. Dabei besteht vor allem bei „Kissin Dynamite“ die Gefahr, dass sie den Mainstream vereinnahmen könnte.
Wer die Band noch vor zwölf Jahren beim Masters of Rockantenne gesehen hat, reibt sich nun die Augen. „Kissin Dynamite“ hat im Vergleich zu damals einen Riesenschub gemacht. Damals lief die Gruppe um Sänger Johannes Braun eher noch unter ferner liefen. Heute gehören die Baden-Württemberger zu den Top-Acts in der Rock- und Metal-Szene und waren neben „Blind Guardian“ der Headliner.
Das liegt natürlich auch daran, dass die Radio-Rocksender gerne auf Material von „KD“ zurückgreifen. Klar, als Erstes denkt man bei „Kissin Dynamite“ an „Six feet under.“ Dabei hätte es den Song aus dem Album „Money, Sex und Power“ (2012) fast nie für die Öffentlichkeit gegeben. „Die Plattenfirma hat gesagt, alle Songs sind super nur Six feet under ist Sch...“, erzählt Braun. Der 32-Jährige gibt auch zu: „Der Song hat so wenig mit Metal zu tun, wie die Karibik mit Norwegen.“ Die Band hat sich dann durchgesetzt und seitdem dudelt das Lied durch ganz Europa.
Rockout-Festival: Harte Musik, laute Musik und tolle Shows
Mittlerweile hat „Kissin Dynamite“ eine schöne Latte von Hits auf ihrer Setlist, wie „DNA“, „My Monster“, „Only the dead“ und natürlich „The Devil is a Woman“ und „Not the End to the Road.“ In der Show lässt sich Braun dann in einem Schlauchboot singend von seinen Fans durch die Halle tragen. „Egal ob man die mag oder nicht. Die sind einfach professionell“, sagt der Augsburger Sänger Alex Wesselsky, der ansonsten als Frontmann bei „Eisbrecher“ auf der Bühne steht.
Die Stimmung kann die letzte Band an diesem Abend, „Blind Guardian“, nicht mehr toppen, aber dazu ist die Musik der Band auch viel zu ernst. Die „Guardians“, die schon immer zu den erfolgreichsten Metallern der Republik gehören, lieben es halt düster. Dass Hansi Kürsch schon immer ein Fan von J.R.R. Tolkien und Mittelerde ist, weiß man, dass Kürsch ein begnadeter Sänger ist, ist ebenso bekannt. Durch seinen Mix aus Falsett und Tenor wirken Titel wie „Nightfall“, „Blood of Elves“, „Violent Shadows“ oder „Into the Storm“ noch düsterer, wie sie eigentlich sind.
Interessant war auch, wie sich „Gamma Ray“-Sänger Kai Hansen schlägt, der die Speed-Metal-Band „Helloween“ für seine alte Liebe verlassen hat. Nun, die Umstellungsprobleme halten sich in Grenzen. Vom Stil her klingt „Gamma Ray“, die Hansen seinerzeit (1989) auch mitgegründet hat, zumindest ähnlich.
Schweden-Rock in der Schwabenhalle
Dennoch wertet Hansen die Gruppe auch auf. Während er sich die Bühnenpräsenz bei „Helloween“ öfter mal teilen musste (u.a. mit Michael Kiske) übernahm Hansen das Feld bei „Gamma Ray“. Teilweise ein starker Auftritt, allerdings haperte es manchmal mit der Akustik. Dennoch, wer wissen will, wie gut „Gamma Ray“ ist, soll sich Stücke wie „Land of the free“, „Masters of Confusion“ oder „Somewhere out in Space“ mal anhören.
Wer sich erhofft hatte, dass auch mal weihnachtliche Klänge durch die Schwabenhalle klingen, wurde enttäuscht. Auch „Axxis“ und die beiden Schweden-Kracher „Dynatzty“ und „H.E.A.T.“ hatten damit nichts am Hut. Da ist der Rocker und die Rockerin auch nicht traurig. Ist ja viel zu leise. Da hört man ja nichts.
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