i
Foto: Malte Krudewig, dpa
Foto: Malte Krudewig, dpa

Rammstein-Frontsänger Till Lindemann (rechts) feuert auf der Bühne mit einem Flammenwerfer.

Rammstein
29.06.2023

Wie gehen Rammstein-Coverbands mit den Vorwürfen gegen Lindemann um?

Von Felicitas Lachmayr

Stahlzeit, Völkerball, Meinstein: Tribute-Bands wollen bei ihren Konzerten dem Original nahekommen. Wie sie auf die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann reagieren.

Sie spielen Lieder von Rammstein, kostümieren sich wie die echten Band-Mitglieder und ahmen deren Show nach: Coverbands wie Völkerball, Stahlzeit oder Meinstein wollen bei ihren Konzerten den brachialen Auftritt ihres Vorbilds Rammstein so gut es geht kopieren. Mit dem bombastischen Sound und der ausgefeilten Pyrotechnik können sie kaum mithalten. Sie füllen auch nicht die großen Stadien, sondern spielen auf kleinen Bühnen irgendwo zwischen Reutlingen und Osterholz-Scharmbeck. Von den Fans an der Basis werden sie trotzdem gefeiert. 

Daran ändern auch die Anschuldigungen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann nichts. Denn wie das Original stehen die Coverbands weiter auf der Bühne. Vergangene Woche gab die Tribute-Band Völkerball zwei Konzerte in Koblenz. Weitere 30 Auftritte unter anderem in München und Memmingen stehen auf dem Tourplan. Auch die Gruppe Stahlzeit will bis Ende des Jahres rund 40 Konzerte spielen. Aber werden sie wie geplant stattfinden? Wie gehen die Tribute-Bands mit den Vorwürfen gegen Lindemann um? 

Tribute-Bands wollen trotz der Vorwürfe gegen Lindemann auftreten

Das Management von Stahlzeit teilt auf Anfrage mit: "Wir haben selbstverständlich die Medienberichte verfolgt. Allerdings haben wir keinerlei Einblicke in mögliche Geschehnisse außerhalb der künstlerischen Tätigkeit der Gruppe Rammstein". Zu den konkreten Vorwürfen könne man keine Stellung nehmen.

Stahlzeit stehe für Toleranz und Respekt. Man verurteile Übergriffigkeiten jedweder Art, unabhängig davon, wo oder wie diese stattfinden. Die Coverband ist seit 2005 aktiv und spielt laut eigener Webseite bis zu 70 Konzerte im Jahr. Die Gruppe habe persönlichen Kontakt zum Rammstein-Management, nicht aber zu den einzelnen Musikern.

i
Foto: Tom Rider
Foto: Tom Rider

Rammstein ist für seine martialische Show und Pyrotechnik bekannt.

Zahlreiche Frauen hatten sich in den vergangenen Wochen zu Wort gemeldet. Sie werfen dem Rammstein-Sänger Till Lindemann Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe vor. Den Stein ins Rollen brachte die Irin Shelby Lynn. Sie hatte Ende Mai berichtet, sie sei bei einem Rammstein-Konzert unter Drogen gesetzt worden und Lindemann habe Sex mit ihr gewollt. Die Band wies die Anschuldigungen zurück, es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Doch inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Berlin gegen Lindemann

Lesen Sie dazu auch

Die Tribute-Bands sehen bislang aber keinen Grund, ihr Programm zu ändern oder Auftritte abzusagen. "Uns gegenüber stehen keine Vorwürfe im Raum und wir freuen uns auf die kommenden Konzerte, die alle wie geplant stattfinden werden", teilt das Management von Stahlzeit mit. Man zolle dem künstlerischen Bühnenwerk Tribut und präsentiere eine Bühnenshow, die dem Original nahekommt. "Die teils provokativen Inhalte standen bisher nie in der Kritik und wir sind sicher, dass unser Publikum sehr wohl zwischen Inszenierung und Realität zu differenzieren weiß", heißt es schriftlich. 

Mehr als 70.000 Menschen unterschreiben Petition gegen Rammstein-Konzert

Rammstein ist für seine martialischen Auftritte und Liedtexte bekannt. Bei ihren Shows schießen Feuerfontänen in die Luft, mal brennt eine Puppe im überdimensionierten Kinderwagen, mal wird das Publikum mit einer penisförmigen Riesenkanone bespritzt. Der pompösen Inszenierung versuchen auch die Tribute-Bands nachzukommen, offenbar mit Erfolg. "Tatsächlich stellen wir in den letzten Wochen eine verstärkte Ticketnachfrage fest", schreibt Stahlzeit. 

Gegen Auftritte des Originals formiert sich hingegen Widerstand. Kritikerinnen und Kritiker haben eine Petition gestartet, um die drei Mitte Juli geplanten Rammstein-Konzerte in Berlin zu verhindern. Mehr als 70.000 Menschen haben unterschrieben. Zudem läuft eine Spendenaktion, an der sich auch Prominente wie Nora Tschirner, Carolin Kebekus oder Youtuber Rezo beteiligen. Knapp 780.000 Euro wurden gesammelt, um die Frauen zu unterstützen, die sich zu den Vorwürfen gegen Rammstein gemeldet haben und denen jetzt rechtliche Konsequenzen drohen. 

Auch innerhalb der Band Rammstein rumort es. Vor zwei Wochen veröffentlichte Schlagzeuger Christoph Schneider ein Statement auf Instagram, in dem er sich von Lindemann distanziert: "Die Anschuldigungen der letzten Wochen haben uns als Band und mich als Menschen tief erschüttert", schrieb der 57-Jährige. "Gewisse Strukturen sind gewachsen, die über Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen." Er glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes passiert sei. Doch Schneider ließ die Fans auch wissen, dass sich Lindemann in den letzten Jahren von der Band entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen habe. 

i
Foto: Christoph Soeder, dpa
Foto: Christoph Soeder, dpa

Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider hat sich auf Instagram zu den Vorwürfen geäußert.

Vollkommen spurlos gehen die Vorwürfe auch an den Rammstein-Coverbands nicht vorbei. "Wir werden aktuell zum Teil stark kritisiert, nur weil wir die Musik von Rammstein spielen. Wir finden das ziemlich verrückt", teilte die Band Völkerball in einem Statement auf Social Media mit. "Da wir nicht aufhören werden, Rammstein-Tribute-Shows, so gut wir können, auf die Beine zu stellen, und wir es ungerecht finden, deshalb Vorwürfe gemacht zu bekommen, möchten wir hier einfach ein paar Dinge klarstellen. Wir verurteilen Gewalt und Missbrauch. Wir wünschen einfach allen eine tolle Zeit auf unseren Konzerten."

Völkerball, benannt nach einem Live-Album von Rammstein, hatte sich 2008 gegründet. Nach eigenen Angaben haben die sechs Mitglieder europaweit mehr als 500 Shows gespielt. "Wir machen unser Ding aus Liebe zur Musik und schauen auch aktuell nach jeder Show in tausende glückliche Gesichter", schrieb die Band und erhielt für ihr Statement viel Zuspruch. 

Debatte um Rammstein schlägt auch außerhalb von Deutschland Wellen

Die Debatte um Lindemann schlägt auch außerhalb von Deutschland Wellen. "Wir hoffen wirklich, dass nichts davon wahr ist", teilt die Tribute-Band Meinstein aus Barcelona auf Nachfrage mit. "Aber die Mitglieder einer Band, egal wie berühmt, sind auch nur Menschen. Sie können richtig und falsch handeln, die Konsequenzen ziehen und daraus lernen." Missbrauch sei ein sehr sensibles Thema. Die meisten Fans seien zurückhaltend und würden keine voreiligen Schlüsse ziehen, bevor gerichtliche Beweise vorliegen.

Meinstein ist seit 2012 aktiv und spielt Konzerte in ganz Spanien. "Es stehen einige Shows an und wir sind fest entschlossen, sie zu spielen", schreibt die Band. Momentan liefen Verhandlungen für Auftritte in Portugal. "Ziel war immer, die Musik von Rammstein an all die Orte zu bringen, an denen sie nicht mehr spielen können, und ihre Präsenz lebendig zu halten." Rammstein selbst hätten sie noch nie getroffen. "Sie wissen wahrscheinlich nicht, dass es uns gibt, aber es wäre die größte Ehre, einen von ihnen persönlich zu treffen", erklärt Meinstein schriftlich. 

"Wir empfinden Leidenschaft für die Musik von Rammstein und das ändert sich nicht so einfach", schreibt die Band. Schon mit 13 Jahren habe Sänger Erik Segel vor dem Spiegel Lindemann imitiert. Später habe er Übersetzen und Dolmetschen auf Deutsch studiert, alles wegen Rammstein. Das Band sei schwer zu brechen.

Facebook Whatsapp Twitter Mail