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Foto: Malte Krudewig, dpa
Foto: Malte Krudewig, dpa

Rammstein gehen 2024 auf Europa-Tour. Die Ermittlungen gegen Frontsänger Till Lindemann wegen möglicher sexueller Übergriffe wurden im August eingestellt.

Rammstein 2024
11.10.2023

Rammstein gehen 2024 auf Europa-Tour: Was bleibt vom Skandal?

Von Felicitas Lachmayr

Rammstein gehen 2024 auf Tour. Das Verfahren gegen Sänger Till Lindemann wurde eingestellt. Mehrere Frauen hatten ihm sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Geschadet hat es der Band nicht. Im Gegenteil.

Rammstein gehen wieder auf Tour. 18 Konzerte in mehreren europäischen Ländern, allein die Ankündigung sorgt bei Fans für Jubel: 230.000 Mal wurde der Post auf Instagram bereits geliked, als ob nie etwas gewesen wäre. Dabei standen bis vor Kurzem Vorwürfe wegen Machtmissbrauch und sexueller Übergriffe gegen Sänger Till Lindemann im Raum. Und jetzt? Alles beim Alten? Ist der Sturm vorbeigezogen, wie es Lindemann beim Konzert in München prophezeit hatte? 

Das ist zumindest das Zeichen, das Rammstein mit ihrer angekündigten Europa-Tour setzen. Die klare Botschaft: Wir machen weiter wie bisher. Warum auch nicht, juristisch war Lindemann nichts nachzuweisen. Dutzende Frauen hatten ihm Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Ihren Schilderungen zufolge sollen junge Frauen gezielt für Aftershow-Partys ausgewählt worden sein, bei denen es zu sexuellen Handlungen mit Lindemann gekommen sei. 

Zeitweise schien das Image der Band angekratzt

Unbeteiligte Dritte hatten Anzeige erstattet, doch Ende August stellte die Berliner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ein – aus Mangel an Beweisen. Lindemann hatte die Vorwürfe von Anfang an zurückgewiesen, seine Anwälte gingen mit Abmahnungen und Unterlassungsklagen gegen Frauen vor, die sich öffentlich äußerten.

Zeitweise schien das Image der Band angekratzt. Schon vor dem Skandal hatten Fans über einen möglichen Abschied spekuliert, weil Rammstein das Lied „Adieu“ veröffentlicht hatten. Mit den Vorwürfen gegen Lindemann geisterten dann vermehrt Trennungsgerüchte durchs Netz, auch befeuert durch ein Statement des Schlagzeugers, der erklärte, Lindemann habe sich von der Band entfernt. 

Geschadet hat der Skandal der Band nicht

Doch bei Konzerten traten Rammstein in den vergangenen Monaten geschlossen auf. Mit der angekündigten Europa-Tour räumen die Musiker, die seit 30 Jahren zusammenspielen, mit den Gerüchten jetzt endgültig auf. Und machen weiter wie bisher. Überraschend ist das nicht, Rammstein sind ein Unternehmen mit treuer Fans-Base, das vermarktet werden will. 

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Geschadet hat ihnen der Skandal nicht. Im Gegenteil: Nach ersten Vorwürfen gegen Lindemann stiegen die Verkaufszahlen. Sechs von acht Alben landeten in den Charts, die Konzerte der diesjährigen Tour waren fast alle ausverkauft. Die meisten Fans standen hinter der Band, der Skandal dürfte sie eher noch mehr zusammengeschweißt haben. Bestimmt werden einige Rammstein-Fans auf Tickets verzichten, wenn kommende Woche der Vorverkauf für die Europa-Tour startet. Doch über leere Stadien muss sich Rammstein wohl keine Sorgen machen. 

Für Rammstein ändert sich wenig

Was aber bleibt von dem Skandal? Von den Schilderungen der Frauen? Von den Debatten über Sexismus und Machtmissbrauch? Die Einstellung des Verfahrens gegen Lindemann bedeutet nicht, dass die Frauen gelogen haben. Zudem könnten jederzeit neue Vorwürfe erhoben werden. Allerdings dürfte es Betroffenen nach all dem nicht leichter fallen, sich zu Wort melden.

Damit offenbart sich ein Problem, das über Rammstein hinausgeht. Denn Frauen, die öffentlich über mögliche Übergriffe sprechen, werden teilweise massiv angefeindet. Im Fall Lindemann wurde den Frauen schnell unterstellt, sie hätten wissen müssen, worauf sie sich einlassen. Dahinter steht der perfide Mechanismus der Opfer-Täter-Umkehr, der dazu führt, dass Grenzüberschreitungen bagatellisiert werden, Betroffene die Schuld bei sich suchen und sich nicht trauen, darüber zu sprechen. Der Fall Lindemann ermutigt Frauen nicht unbedingt, über mögliche sexuelle Übergriffe zu sprechen. 

Für Rammstein ändert sich dagegen wenig. Die berüchtigte Row Zero soll es bei der Europa-Tour nicht mehr geben. Vielleicht verzichten sie auch auf After-Show-Partys. Vielleicht können sie nicht mehr alles nur ironisch meinen. Vielleicht setzt sich Lindemann nicht mehr auf eine penisförmige Riesen-Kanone und bespritzt das Publikum mit Schaum. Vielleicht streicht die Band wie bei den vergangenen Konzerten das Lied „Pussy“ von der Set-List. Darin heißt es: „You’ve got a pussy, I have a dick, so what’s the problem? Let’s do it quick“. Vielleicht aber auch nicht. 

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