Öffentliche Orte, an denen Menschen zusammen kommen und verweilen können, haben in einer Gesellschaft, die zunehmend vereinzelt und vereinsamt, mittlerweile eine eminente Bedeutung bekommen. Insofern setzen die Preise, die die Langner´sche Stiftung für zwei unter architektonischen oder denkmalschützerischen Aspekten herausragende Objekte vergeben hat, auch ein Zeichen für die gemeinschaftsbildende Wirkung, die ansprechend gestaltete Plätze für die Stadtgesellschaft haben.
Seit dem Jahr 2002 besteht die Stiftung des Ehepaars Renate und Paul Langner, alle zwei Jahre zeichnet sie mit drei Preisen, die jeweils mit 5000 Euro dotiert sind, besonders gelungene Bauprojekte in Augsburg und Umgebung aus. In diesem Jahr sind dies die Floßlände am Lechufer, ein Gastronomiepavillon mit Freitreppe im Stadtteil Lechhausen, sowie das Gebäude Vorderer Lech13, ein Gebäude in der Augsburger Altstadt aus dem Jahr 1557, das durch seine Sanierung nicht nur erhalten wurde, sondern durch eine neues Tagescafé im Erdgeschoss auch den Holbeinplatz neu belebt hat.
Ulrich Seitz hatte das Haus vor zehn Jahren erworben, sehr wohl in dem Wissen, dass eine Sanierung auf ihn zukommen würde, nicht aber, in welchem Umfang. Doch das mehrstöckige Eckhaus, das ursprünglich eine Gerberei war und in dem sich ein Optikergeschäft und Wohnungen befanden, wies grundlegende statische Probleme auf. Wie viele Häuser im Lechviertel hat es mit Grundwasserschwankungen zu kämpfen. Lange Risse zogen sich durch Wände und Mauern, die Giebelfassade neigte sich bereits um 15 Zentimeter nach außen und schnelles Handeln war erforderlich.
Wieso Floßlände und altes Gerberhaus in Augsburg ausgezeichnet werden
„Die Sanierung wurde vorbildlich und bis ins kleinste Detail nach den Vorgaben des Denkmalschutzes umgesetzt“, hob der Stiftungsrat der Langner´schen Stiftung in seiner Begründung hervor. Er würdigte zugleich den persönlichen Einsatz des Bauherren Seitz, der nicht nur ein hohes wirtschaftliches Risiko getragen hatte, sondern bei der Sanierung selbst aktiv war, viele Nachforschungen zu Bausubstanz, Bedeutung und Geschichte des Hauses angestellt und die Arbeiten an dem über 500 Jahre alten Haus auch täglich mit begleitet hatte. So wurden zugemauerte Fensterstürze wiederhergestellt, der Dachstuhl wiederaufgebaut und die Aluminiumschaufenster ersetzt durch welche aus Eichenholz, wie Seitz und der ausführende Architekt Rainer Heuberger ausführten. Stundenlang sei er, erzählte Seitz, mit seiner Frau durch Paris geradelt, um historische Vorbilder dafür zu finden - und zu fotografieren, was dazu führt, dass an jene Parisreise nun vor allem viele Bilder mit Häusern erinnern, wenige hingegen mit seiner Frau, wie Seitz bei der Preisverleihung mit einem Schmunzeln erzählt.
Mittlerweile ist das Haus Vorderer Lech 13 selbst zu einem beliebten Fotomotiv geworden, nicht nur wegen seines properen Aussehens, sondern weil es Bestandteil der Altstadtidylle auf dem Holbeinplatz geworden ist. Menschen bevölkern den Platz nun tags wie abends, sitzen im Außenbereich des Tagescafés Alte Gerberei, das in das Erdgeschoss des Gebäudes eingezogen ist, oder auf den umliegenden Steinbänken, Kinder pritscheln am Trinkwasserbrunnen, erbetteln sich ein Eis im gegenüberliegenden Café Ertle und so mancher, der auf dem Weg in die Citygalerie ist, legt nun einen Halt hier ein. „Plätze sind öffentlich gelebte Demokratie“, sagt Seitz und freut sich nicht nur darüber, dass er dazu ein Stück beitragen konnte, sondern auch, dass dies durch den Preis nun Anerkennung findet.
Jener Dachstuhl übrigens, in den bei der Sanierung so viel Hingabe und Mühe geflossen sind, schlägt eine Brücke zu den beiden anderen Preisen, die die Langer'sche Stiftung vergab: die Floßlände in Lechhausen, für deren Gesamtkonzept die Augsburger Architektin Regina Schineis und die ausführenden Architekten des Neuburger Büros ABHD Architekten ausgezeichnet wurden. Der Dachstuhl stammt nämlich aus dem Allgäu und wurde vor Hunderten von Jahren mit Flößen über den Lech nach Augsburg transportiert - und möglicherweise gelangte er genau dort ans Ufer, wo heute Ausflügler das Gesicht in die Sonne recken, die Füße im Wasser abkühlen und Speisen und Getränke genießen. Denn im Rahmen des Stadtsanierungsprogramms wurde der Flösserpark neu gestaltet, mit einem Gastronomiepavillon und einer Freitreppe mit Aussichtsplattform direkt am Ufer des Flusses. „Den Lech wieder lebbar zu machen“ nennt Architektin Schineis, die selbst in Lechhausen aufgewachsen ist, als Ziel des Vorhabens. Gleichzeitig sollte aber auch ein Ort entstehen, der auch dem Stadtteil gemeinschaftsfördernden Raum bietet. Eingebettet in die Freitreppenanlage aus Dolomitsteinblöcken ist deshalb im Untergeschoss des Gastronomiepavillons ein Raum, der für Veranstaltungen genutzt werden kann.
Wie in historischer Zeit sei hier nun mit dem Pavillon und der Freitreppe ein Floß gelandet, stellte Regina Schineis dar. Der Pavillon übersetze die historischen Aufbauten der Flosse, die meist aus Zeltplanen über einem Holzgerüst bestanden, in die heutige moderne Zeit. „Ein einfaches Giebeldach, den Rest macht der besondere Ort mit seiner einzigartigen Atmosphäre, und jetzt sind es die Menschen, die ihn beleben müssen“, stellte Schineis fest. Dass die dieses Angebot gerne und häufig annehmen, davon kann man sich fast täglich überzeugen.
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