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Prächtig und unterhaltsam: Das große Buch der Hühner

Jugendsachbuch

Prächtiger Hühnerhaufen: Das große Buch der Hühner

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    „Das große Buch der Hühner“ von Evelien de Vlieger und Jan Hamstra
    „Das große Buch der Hühner“ von Evelien de Vlieger und Jan Hamstra Foto: Gerstenberg/AZ-Montage

    Früher waren sie vor allem auf Bauernhöfen zu finden, in kargen Kriegs- und Nachkriegszeiten auch in Klein- und Nutzgärten, aber mittlerweile ist es nicht unüblich ein paar Hennen samt krähendem Hahn im Reihenhausgarten zu haben. Spätestens seit die Vogelgrippe in den USA dafür sorgt, dass Eier zum Luxusprodukt werden, weiß man auch, wie viel Wert Hühner für den Menschen haben. Nicht nur Filmstar Isabella Rossellini oder TV-Moderatorin Judith Rakers singen wahre Lobeshymnen auf das Federvieh und man möchte direkt darin einstimmen, wenn man sich durch Evelin De Vliegers „Das große Buch der Hühner“ geblättert hat, so sehr kann man sich freuen und staunen über diese Tiere. Fast dreimal so viele gibt es davon auf der Erde wie Menschen: 22 Milliarden.

    Das große Buch der Hühner: eine informative und unterhaltsame Kulturgeschichte des Haushuhns

    Wer Zweifel hat, ob sich Kinder in einem Sachbuch gerade für Hühner begeistern können, dem sei ein Blick einige Millionen Jahre zurück empfohlen. Da gab es noch Dinosaurier auf der Erde und die sind nun nachweislich ein Trendthema in Kinderzimmern - und Vorfahren des Huhns, stammen vom Archäopterix doch die Vögel ab. Mit diesem Köder zieht die flämische Autorin Kinder in ihr Buch und startet damit eine informative und unterhaltsame Kulturgeschichte des Haushuhns. Dessen Weg verfolgt sie von Thailand vor über achttausend Jahren bis in heutige Gehege und erklärt dabei auch, wie die Amerikaner zu ihrer Fast-Food-Kette „Kentucky Fried Chicken“ kamen. Seit rund 3000 Jahren gibt es Hühner übrigens auch in Europa.

    Faszinierende Tiere: „Das große Buch der Hühner“ bringt die Vielfalt und Besonderheiten des Federviehs näher.
    Faszinierende Tiere: „Das große Buch der Hühner“ bringt die Vielfalt und Besonderheiten des Federviehs näher. Foto: Gerstenberg Verlag

    Streichen wird man aus seinem Wortschatz nach Lektüre dieses Buches auf jeden Fall die Beleidigung „dummes Huhn“, entlarvt sie einen doch selbst als ziemlich unwissend. Hühner haben in Teilen nämlich ein ähnlich aufgebautes Gehirn wie Menschen, verfügen über ein Gedächtnis und Küken können sogar nicht nur bis fünf zählen, sondern auch abziehen und dazuzählen. Aber nicht immer wurden Hühner so unterschätzt, wie es die Phrase vom „dummen Huhn“ nahelegt. Früher galten sie als geheimnisvolle Tiere, die den Menschen die Zukunft deuten konnten, wurden als heilig verehrt und für Julius Cäsar waren sie göttliche Tiere, die man nicht essen durfte.

    Lieblingsbeschäftigung der Hühner ist das Scharren

    In vielen Einzelheiten widmet sich Evelien De Flieger der Anatomie, Haltung, Nahrung, Rassenvielfalt und Paarung der Tiere. Sie informiert über die Besonderheiten des Skeletts (Hühner gehen immer auf Zehenspitzen) und erklärt, warum Henne und Hahn auch Steinchen verspeisen - weil diese nämlich im Magen den Speisebrei zermalmen und dabei den Verdauungsvorgang erleichtern. Etwa die Masse eines Ziegelsteins wandert so im Laufe eines Jahres durch den Körper eines Huhns. Überhaupt ist die Lieblingsbeschäftigung der Hühner das Scharren. Den ganzen Tag streifen sie mit ihren Läufen den Boden ab nach Nahrung und es gibt nur wenig, das nicht in ihren Schnabel wandert.

    Apropos Schnabel: Wer schon mal an einem Hühnerstall oder -gehege vorbeigekommen ist, weiß, dass sie den nicht halten können und ziemliche Quasselstrippen sind. Nicht umsonst werden eine Horde kichernder und plappernder Menschen gern als „Hühnerhaufen“ bezeichnet. Bis zu 30 unterschiedliche Laute haben Wissenschaftler entdeckt, mit denen sich Hühner „unterhalten“, vom einfachen „Tock!“ bis zum schnurrenden „BRRRRR!“ Dazwischen erschallt dann immer wieder das bis zu 140 Dezibel laute „Kikeriki!“ eines Hahns, das sich je nach Sprache aber ganz anders anhört. In Schweden ist es ein „Kuckeliku!“ , im Englischen „Cock-a-doodle-doo!“ und die Spanier ahmen die Hähne mit einem „Quiquiriqui!“ nach.

    Die Fülle an Fakten und Informationen verpackt Evelien De Vlieger kindgerecht in oft unterhaltsame Texte, ohne das Thema zu vereinfachen. Übersichtlich auf einer Doppelseite findet sich jeweils ein Thema wieder - auch die zweifelhaften Haltungsformen, ohne die das Thema Hühner nur unzureichend behandelt würde, fehlt nicht, wird aber, wohl auch mit Rücksicht auf die jüngeren Leseenden, eher zurückhaltend behandelt. „Bei der Hühnerbrust im Supermarktkühlregal bekommt man kein Foto mitgeliefert, wie das Huhn lebend ausgesehen hat, sonst wäre dein Appetit auf Huhn mit einem Schlag vorbei.“

    Das große Buch der Hühner: Illustriert mit kolorierten Linoldrucken

    Eine Sensation sind die Illustrationen von Jan Hamstra, der Federvieh in vielen, vielen Variationen mit nachträglich kolorierten Linoldrucken präsentiert. Schon auf dem Cover und im Vorsatz blicken sie einem im Halbprofil mit ihren unterschiedlich gestalteten Federkleid und den Kämen und Schöpfen auf dem Haupt mit großer Ausdruckskraft entgegen. Ein Prachtband im Großformat ist dieses Sachbuch, für Kinder ab 9 Jahren empfohlen, aber mit Schmökerpotenzial vom Enkel bis zu Großmutter ausgestattet.

    Evelien De Vlieger & Jan Hamstra: Das große Buch der Hühner. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf, Gerstenberg, 75 Seiten, 28 Euro – ab 8

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