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Porträt: Und ewig soll Yoko Ono schuld sein

Porträt

Und ewig soll Yoko Ono schuld sein

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    Als Künstlerin besaß sie längst einen Namen, bevor sie die Beatles traf: Yoko Ono.
    Als Künstlerin besaß sie längst einen Namen, bevor sie die Beatles traf: Yoko Ono. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Man könnte es sich einfach machen und immer wieder diese Szene aus Peter Jacksons wunderbarer „Get Back“-Doku von 2019 hervorzerren. Yoko Ono steht am Mikrofon, die Beatles spielen "I Told You Before" und sie – schreit. Paul McCartneys Tochter Heather steht daneben, verzieht das Gesicht und denkt sich wahrscheinlich: Uh, die Tante macht aber grässliche Geräusche! Wenig später geht das kleine Mädchen zu John Lennon und schreit ebenfalls. Kinder sind nun mal so. Womit aber gleich wieder das alte Bild von der schlimmsten Frau aller Zeiten bedient wäre.

    Freilich: Die Doku wollte den alten Mythos von der bösen, manipulativen Hexe, der Lügnerin, der unnahbaren Drachenfrau, die das Ende der größten Popband aller Zeiten besiegelt haben soll, widerlegen. "Es war nicht Yoko", wird McCartney selbst heute nicht müde zu betonen. "Sie hat die Gruppe mit Sicherheit nicht auseinanderbrechen lassen. Die Band ist selbst auseinandergebrochen." Yoko Ono habe John sogar gutgetan. So muss man sie eher als Symptom der Trennung denn als Ursache betrachten. In der Band kriselte es schon länger. Jeder Beatle hatte mindestens einmal seinen Rückzug angekündigt, Streitereien, gekränkte Egos, Drogenprobleme und der Tod von Manager Epstein taten ihr Übriges.

    Nach ihr benannt ist der "Yoko-Ono-Effekt"

    Und so gilt Yoko Ono als Stereotyp für die ewig Schuldtragende, in direkter Ahnenreihe mit Eva. "Yoko-Ono-Effekt" bedeutet seither die Störung einer harmonischen Personenkonstellation durch einen Eindringling – jüngstes Beispiel: Meghan, Ehefrau von Prinz Harry. 

    Dass die Lennon-Witwe Yoko Ono in der Kunstwelt allerdings schon vor ihrer Begegnung mit dem Beatle einen Namen besaß und völlig unabhängig von diesem agierte, blenden viele aus. Sie gilt als Pionierin der Konzeptkunst, als namhafte Vertreterin der Fluxus-Bewegung, wurde mit Ausstellungen in den bedeutendsten Museen der Welt bedacht und erhielt 2009 den Goldenen Löwen der Kunstbiennale Venedig für ihr radikales Lebenswerk. Darüber hinaus engagiert sie sich als Friedensaktivistin, verwaltet John Lennons Nachlass und ist selber zu einem popkulturellen Phänomen geworden.

    Nun, an diesem Samstag, wird sie 90 Jahre alt, und die in Tokio geborene zierliche Frau hat den Hass längst in positive Energie umgewandelt: "So viel war das, dass ich jetzt genug für 200 Jahre davon habe."

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