Die Haare fallen auf den Boden, ein Kind liest dazu aus einem Buch vor und Friseur Danny Beuerbach hört aufmerksam zu. Haare schneiden lassen und Vorlesen gelten nicht unbedingt als Lieblingsbeschäftigungen von Kindern, aber im Stuhl von Danny Beuerbach vergessen sie das leicht. Denn Beuerbach ist nicht einfach nur irgendein Friseur in München, sondern ein „magischer Friseur“. Sein Projekt „Book a look and read my book“ (englisch für: Buche einen Look und lese mein Buch) ist so simpel wie wirksam. Wer dem Lockenkopf beim Frisieren eine Geschichte vorliest, bekommt den Haarschnitt kostenlos oder zumindest mit Rabatt. Dahinter steckt die Idee, Kinder spielerisch zum Vorlesen zu ermutigen.
Mit seinem mobilen Salon, vielen Büchern und einem bunten Teppich zieht Danny Beuerbach durchs Land
Der Vorlesefriseur zieht mit seinem mobilen Salon samt Friseurequipment, vielen Büchern und einem bunten Teppich mittlerweile nicht mehr nur durch München, sondern durch ganz Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ob im Park, an der Bushaltestelle, im Buchladen oder in der Bibliothek, die Orte für den Haarschnitt sind vielfältig. Längst ist die Aktion nicht mehr nur auf Kinder beschränkt, auch Erwachsene können ihm vorlesen, eine Geschichte erzählen oder vorsingen. Nun hat Beuerbach den Deutschen Lesepreis 2021 in der Kategorie „Herausragendes individuelles Engagement“ mit seiner Aktion gewonnen. Die Idee dafür kam ihm, als er in seinem Job nur wenig Zeit zum Lesen hatte. Also nahm er ein Buch mit in den Salon und ließ Stammkunden daraus vorlesen. Irgendwann gelangte ein Buch auch in die Hände eines Kindes. Daraus entwickelte sich ein Herzensprojekt für den engagierten Haarstylisten, der bereits Obdachlosen kostenlos die Haare geschnitten oder auf Festivals die Schere ausgepackt hat.
Als Kind fiel es dem gebürtigen Hessen, der seit ein paar Jahren in München lebt, selbst schwer zu lesen. Als Erwachsener spricht er offen über seine Rechtschreibschwäche. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem andere nichts zutrauen“, erinnert er sich. Deshalb gilt die eiserne Regel: Verbessern gibt es nicht. Wichtiger ist es, ihm eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die den Kindern das Vertrauen in sich selbst gibt. „Wenn ich merke, dass ein Kind ins Stocken gerät, schaffe ich es meistens durch nonverbale Kommunikation, die Situation aufzulösen.“ Mittlerweile hat Beuerbach auch ein eigenes Kinderbuch mit dem Titel „Der magische Friseur“ geschrieben.
Um noch mehr Kinder zum Lesen zu animieren, möchte Danny Beuerbach auch andere Friseure und Friseurinnen für die interaktive Leseförderung begeistern. Der bisher einzige Vorlesefriseur sagt über seine Aktion: „Mit dieser süßen Idee kann man vielleicht nicht die Welt verändern, aber man kann zeigen, dass man mit kleinen Sachen doch etwas erreichen kann.“