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Porträt: Kein Posterboy der Pressefreiheit: Als PEN-Präsident ist Deniz Yücel umstritten

Porträt

Kein Posterboy der Pressefreiheit: Als PEN-Präsident ist Deniz Yücel umstritten

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    Steht als PEN-Präsident in der Kritik: Deniz Yücel.
    Steht als PEN-Präsident in der Kritik: Deniz Yücel. Foto: Gerald Matzka, dpa

    Bitte hier erst in die Vergangenheit blättern. Zum Beispiel in die aus dem Jahr 2010, in der Deniz Yücel während der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika sich in eine Art Gurken-Sprachrausch steigerte: Vom Gurkenführer Philipp Lahmgurke schrieb, vom Warmdeutscher Jogi Gurk, vom Kopfball-Zulasser Arne Gurkrich ... und sich das alles so wahnsinnig komisch, respektlos, leicht und genial las, dass er für seine Vuvuzela-Kolumne böseste Schmähungen von Leserinnen und Lesern erhielt, aber auch den feinen Kurt-Tucholsky-Preis. Yücel, geboren 1973 im hessischen Flörsheim als Sohn einer türkischen Gastarbeiterfamilie, zeigte sich gerührt: „Ich weiß gar nicht, bei welcher Mannschaft dieser Tucholsky gespielt hat, werde aber mal im Internet nachgucken.“

    Spaß natürlich, er kennt ihn und kann ihn auch zitieren. Vor kurzen zum Beispiel in einem Tweet: „Stubenreine Dackel kann fast jeder züchten – die Seele des Vereins ist der Knatsch“. Und da macht auch die Schriftstellervereinigung PEN keine Ausnahme, auf den sich der Tweet bezog, deren Präsident in Deutschland Deniz Yücel seit Oktober ist – vielleicht bald aber nicht mehr, je nachdem, wie in Gotha nun abgestimmt wird, wenn sich der PEN bei der Jahrestagung mit den Abwahlanträgen gegen Yücel beschäftigt.

    Deniz Yücels Weg von der linken taz zur konservativen Welt

    Yücel abwählen? Obwohl er doch zumindest das geschafft hat, was wohl auch Ziel war: den eher grauen Verband zu neuer medialen Präsenz verhelfen? Obwohl er doch wie kaum ein anderes Vereinsmitglied für den Kampf um Meinungsfreiheit steht? Von der linken taz wechselte er 2015 zur konservativen Welt als Türkeikorrespondent. Für Erdogans Justizapparat zu kritisch, wurde er 2017 verhaftet, saß ein Jahr in Einzelhaft. Mehrfach wurde Yücel gefoltert. Über seine Zeit im Gefängnis hat er ein Buch geschrieben, aber er wollte nicht, wie er sagt, zum „Posterboy der Pressefreiheit“ werden, zum ewigen „Ex-Gefangenen“.

    Im Amt des PEN-Präsidenten aber sah er eine Möglichkeit, eine andere Rolle einzunehmen, Einfluss zu nehmen. In seiner Bewerbungsrede sagte Yücel, man müsse immer für die Freiheit des Wortes und der Kunst sein, auch von dummen Worten, von bescheuerter Kunst, „auch dann, wenn es wehtut.“ Er schleift die Worte nicht, bis sie geschmeidig sind, er schärft sie!

    Fünf seiner Vorgänger haben ihn aufgefordert, das Amt abzugeben

    Fünf seiner Vorgänger des Pen-Zentrums Deutschland haben ihn Mitte März aufgefordert, das Amt abzugeben, weil er mit seiner Forderung einer Flugverbotszone über der Ukraine gegen die PEN-Charta verstoßen habe. Bekannte Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Juli Zeh oder Daniel Kehlmann bestärken ihn darin, es nicht zu tun.

    In Gotha wird es nun vermutlich ziemlich wild zugehen. Deniz Yücel wird schlechter Führungsstil und die „tief greifende, systemische Störung von Anstand und Würde“ des Vereins vorgeworfen, anders ausgedrückt: Mobbing, Schreierei... er selbst hat in einem Interview dem Verband „dünkelhafte Bratwursthaftigkeit und Kolonialherrengehabe“ vorgehalten. Tucholsky, auch er scharfzüngiger Publizist, hätte diese Wortwahl zumindest vermutlich gut gefallen.

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