Unter seinem richtigen Namen ist der junge Kemptener schüchtern, trifft sich mit Freunden und Familie, geht gern Skifahren und Bergwandern und arbeitet als Maschinenbauingenieur in einem eher prosaischen Beruf. Unter seinem Künstlernamen gibt er die Zurückhaltung auf, wird er zur Drag-Queen in schillernder Frauenkleidung und sorgt für Skandale.
"Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt" ist das Motto der Lesung für Kinder
Den richtigen Namen will er aus der Öffentlichkeit heraushalten, um Familie und Freunde zu schützen, mit dem Künstlernamen gab es in jüngster Zeit einige Schlagzeilen: Vicky Voyage. Eine Lesung für Kinder ab vier Jahren unter dem an Pippi Langstrumpf angelehnten Motto "Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt", erzeugte die Aufregung und brachte sowohl Hubert Aiwanger auf den Plan wie auch die Münchner CSU und die AfD. Von Frühsexualisierung und Kindeswohlgefährdung war da die Rede, ein Verbot der Veranstaltung wurde gefordert. Trotzdem wird die Lesung nun am Dienstag in einer Münchner Stadtteilbücherei stattfinden.
Vicky Voyage ist ob des Aufruhrs selbst sachlich und gefasst und erklärt eins ums andere Mal in Interviews, dass ihm vor allem daran liegt, Kindern deutlich zu machen, dass jeder so sein darf, wie er will. "Wir lesen aus Büchern vor, in denen es um Selbstbestimmung geht, um Geschlechterrollen und Identitäten, nicht um Sexualität", tritt er beispielsweise in der Morgenpost dem Vorwurf der Frühsexualisierung entgegen. Bücher also wie "Der Junge im Rock" , in dem ein Bub lieber die Beinfreiheit eines Rocks genießt, um ungestört klettern zu können, dafür aber von seiner Umwelt ausgelacht und gemobbt wird.
Zur Kinderlesung kommt Drag Queen Vicky Voyage als Fee oder Schneekönigin
Sein Studium brachte den 34-jährigen Kemptener nach München, und dort zeigte er beim Christopher Street Day 2018 auch seine zweite Identität als Vicky Voyage. Seitdem tritt er mit fantasievollen Kleidern, aufwändigen Perücken und buntem Make Up in den Szenelokalen der Landeshauptstadt ebenso auf wie bei der "Allgäu Pride" in Kaufbeuren. "Für mich geht es darum, sich selbst zu verwirklichen, aber auch zu provozieren und so die Zusehenden dazu anzuregen, über das eigene Sein nachzudenken", sagt Vicky Voyage.
Zur Kinderlesung wird er übrigens auf allzu freizügige und aufreizende Kostümierung verzichten, wird zarte Fee oder prächtige Schneekönigin verkörpern – ganz im Sinne des Kindeswohls. "So wie ein Zauberer mehr Magie versprüht, wenn er zum Zauberstab auch einen Umhang und Hut trägt, schmeißen wir uns in Drag und tragen nicht nur einen Rock."