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Porträt: Der unbekannte Superstar: Wer ist Thomas Pynchon?

Porträt

Der unbekannte Superstar: Wer ist Thomas Pynchon?

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    Thomas Pynchon 1953, im Jahrbuch der High School. Aktuellere Fotos von ihm sind nicht bekannt.
    Thomas Pynchon 1953, im Jahrbuch der High School. Aktuellere Fotos von ihm sind nicht bekannt. Foto: Wikimedia (gemeinfrei)

    Er wäre der perfekte Sieger gewesen. Der Literatur-Nobelpreis im vergangenen Jahr der wegen Corona ausgefallenen Vergabe geht an: Thomas Pynchon! Denn nicht nur, dass der Großmeister der postmodernen Romanlabyrinthe die höchste Auszeichnung längst verdient hätte und sie jetzt, da er am 8. Mai bereits 85 Jahre alt wird, wohl nicht mehr erhalten wird (zu hohe Dichte an gekrönten US-Autoren zuletzt).

    Der Stuhl wäre im Fall dieses Geehrten zudem sowieso covid-konform leer geblieben. Denn Pynchon ist ja seit 60 Jahren untergetaucht, die aktuellsten bekannten Fotos von ihm stammen aus dem Jahr 1953. Und falls er ein Dankesvideo nach Stockholm geschickt hätte, dann mit Papiertüte auf dem Kopf – wie er dreimal schon bei den „Simpson“ aufgetaucht ist und sich dabei selbst gesprochen hat!

    Vor 25 Jahren stöberte ein Journalist den weißbärtigen Pynchon auf

    Solche Scherze macht er gern. Hat zwar irgendwie dafür gesorgt, dass alle Unterlagen von seinem Physik- und Literaturstudium wie auch vom Dienst bei der Navy oder aus der Zeit als Technik-Redakteur bei Boeing verschwunden sind – aber schreibt plötzlich die Inhaltsangabe seiner Romane für die Online-Händler selbst. Fand aber überhaupt nicht lustig, als ihn vor 25 Jahren ein CNN-Journalist in Manhattan aufstöberte, um ihn, da schon weißbärtig, zu enttarnen. Pynchon untersagte die Veröffentlichung der Aufnahmen wegen Verletzung seiner Privatsphäre.

    Was man indes weiß: Dass der Autor eben dort, im Herzen New Yorks, mit seiner Frau, der Literaturagentin Melanie Jackson und einem gemeinsamen Sohn lebt. Was man aber viel mehr wissen sollte: dass er, angefangen beim gefeierten Debüt „V.“ 1963, bislang endend mit „Bleeding Edge“ 2013, acht Romane geschrieben hat. Und was für welche!

    Pynchons größtes Wahnsinnsbuch: "Die Enden der Parabel"

    Leicht Zugängliches und gar Verfilmbares wie der Kiffer-Detektiv-Roman „Natürlich Mängel“ ist da die absolute Ausnahme. Typisch ist vielmehr, was sich in Pynchons Opus Magnum zeigt, als das – obwohl er mit dem über 1600-seitigen „Gegen den Tag“ auch längeres geschrieben hat – der massive und von Elfriede Jelinek mitübersetzte Brocken „Die Enden der Parabel“ gilt. Ein Wahnsinnsbuch in allen Sinnen, für das der Autor selbst leider keine Inhaltsangabe geliefert hat.

    Es setzt gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ein – und während die Nazis als letzte Hoffnung ihre V2 Richtung England schießen, hat dort ein Soldat bei jeder Rakete eine Erektion. Ja, bei Pynchon geht das zusammen. Aber da zeigte sich auch schon, was nur bedingt zusammenging: er und Auszeichnungen. Den National Book Award bekam er, der Pulitzerpreis wurde ihm trotz einstimmigen Jury-Votums vom Vergabekomitee verweigert. Das Buch sei zu obszön und außerdem unlesbar. Andere Auszeichnungen lehnte Pynchon selbst ab. Ob es mit dem Nobelpreis…? Wir werden es wohl nie erfahren.

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