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Oscar-Nominierung: Mit "Im Westen nichts Neues" ist Edward Berger eine Sensation gelungen

Oscar-Nominierung

Mit "Im Westen nichts Neues" ist Edward Berger eine Sensation gelungen

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    Regisseur Edward Berger bei der Premiere des Films "Im Westen nichts Neues"
    Regisseur Edward Berger bei der Premiere des Films "Im Westen nichts Neues" Foto: Annette Riedl, dpa (Archivbild)

    Soldaten kriechen durch den Matsch, Bomben explodieren, im Lazarett reihen sich Tote aneinander. Beklemmende Bilder, die Regisseur Edward Berger mit seinem Antikriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ geschaffen hat. Dass sein Film über das Grauen des Ersten Weltkrieges nun für die Oscars nominiert ist, hatte Berger bei allem Erfolgsversprechen (bei Netflix stand der Film zeitweise auf Platz eins der nicht-englischsprachigen Filmcharts) nicht erwartet.

    „Ich bin ein bisschen überwältigt“, sagte Berger, der gerade einen Film in Italien dreht. Er und sein Team hätten eine kurze Pause gemacht, um die Bekanntgabe der Nominierungen im Livestream zu sehen. „Wir haben uns wahnsinnig zusammen gefreut“, sagte Berger.

    Denn mit dem Film ist ihm eine Sensation gelungen: Ganze neun Mal ist „Im Westen nichts Neues“ für die Oscars nominiert. Ins Rennen geht er nicht nur als bester internationaler Film, sondern auch in der Topsparte „Bester Film“. Damit hätten sie eine kleine Schallmauer durchbrochen, sagte Berger. Das passiere selten für einen internationalen Film. Er sei wahnsinnig froh und stolz darauf.

    Internationale Beachtung erlangte Regisseur Berger mit der TV-Serie „Deutschland 83“

    Die Nominierungen sind umso überraschender, da der Mann mit Hornbrille, Halbglatze und Dreitagebart bislang weniger für große Spielfilme bekannt war. Vielmehr hatte er sich als Autor und Regisseur von Serien einen Namen gemacht – in Deutschland vor allem mit Krimi-Folgen für Schimanski oder Tatort. 

    Internationale Beachtung erlangte Berger 2015 mit der Fernsehserie „Deutschland 83“ über einen DDR-Grenzsoldaten, der in die Bundeswehr eingeschleust wird. Der 53-Jährige hatte mehrere Teile gedreht und wurde anschließend von Amazon Prime Video für die Serie „The Terror“ engagiert. Zudem wirkte er an der Miniserie „Patrick Melrose“ mit Schauspieler Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle mit.

    Doch auch mit Filmen konnte Berger überzeugen. Sein Großstadtdrama „Jack“ über zwei kleine Jungs auf der Suche nach ihrer Mutter wurde bei der Berlinale 2014 als kleine Sensation gefeiert. An dem Werk war erstmals seine Frau, die Schauspielerin Nele Mueller-Stöfen, als Co-Autorin und Darstellerin beteiligt. Auch für den Kinofilm „All my Loving“ von 2019 über ein Geschwister-Trio erhielt Berger positive Kritiken. Der Erfolg zahlte sich aus: Im selben Jahr engagierte ihn die Produktionsfirma von Leonardo DiCaprio als Regisseur für einen Film über den VW-Abgasskandal.

    Die Wahl lag auf der Hand, denn Berger wuchs in der Autostadt Wolfsburg auf. Bürgerliche Verhältnisse, drei Geschwister, der Vater Logistikmanager bei VW: Berger war als Jugendlicher allerdings mehr an Filmen als an Autos interessiert. Nach dem Abi zog er nach Paris, verkaufte T-Shirts auf Rockkonzerten und wohnte zeitweise über einem Kino. Einige Monate später landete er in Berlin – bis heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in der Hauptstadt –, studierte Regie an New York University und drehte erste Kurzfilme.

    „Im Westen nichts Neues“ ist als erster deutscher Film als "Bester Film" nominiert

    Knapp 30 Jahre später hat er es nach Hollywood geschafft. Neun Mal ist sein Film „Im Westen nichts Neues“ für die Oscars nominiert. Damit geht er neben Filmen wie „Avatar: The Way of Water“, „Everything Everywhere All at Once“ oder „Triangle of Sadness“ ins Rennen. Eine Datenbankrecherche habe ergeben, dass es in der Geschichte zwar mehrere nominierte Filme in dieser Kategorie mit deutscher Koproduktion gab, teilte die Oscar-Akademie mit. „Jedoch war keiner davon allein oder hauptsächlich eine deutsche Produktion.“

    Die letzten Deutschen, die einen Oscar gewannen, waren 2022 der Komponist Hans Zimmer und der Spezialeffektkünstler Gerd Nefzer für „Dune“. Erst drei deutsche Regisseure ergatterten einen Oscar für den besten internationalen Film. Zuletzt war das 2007 Florian Henckel von Donnersmarck mit „Das Leben der Anderen“.

    "Im Westen nichts Neues" von Edward Berger geht ins Oscar-Rennen.
    "Im Westen nichts Neues" von Edward Berger geht ins Oscar-Rennen. Foto: Reiner Bajo/German Films Service , dpa

    Mit seinem Antikriegsdrama könnte Berger nun der nächste sein. Ob er sich schon einen Anzug zurechtgelegt hat? Er lasse sich gerade einen Smoking schneidern, sagte Berger auf Nachfrage. Wegen Dreharbeiten werde er noch bis Mitte März in Rom bleiben – also direkt bis zu den Oscars, denn die werden am 12. März verliehen.

    „Im Westen nichts Neues“ ist auch in der Sparte adaptiertes Drehbuch nominiert. Denn der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1929 und zeigt die Gräuel des Ersten Weltkrieges aus Sicht eines jungen Soldaten. Der Österreicher Felix Kammerer spielt die Hauptrolle. Auch der deutsche Komponist Volker Bertelmann, bekannt als Hauschka, ist für die Filmmusik nominiert.

    Warum er „Im Westen nichts Neues“ verfilmen wollte? „Kein anderes Land hat seinen selbstdestruktiven Impulsen so sehr nachgegeben wie Deutschland im letzten Jahrhundert“, erklärte Berger in einem Interview. Das hinterlasse ein Erbe, das interessant genug sei, es mit anderen Ländern zu teilen. Mit seinem Film hat er dieses Erbe sichtbar gemacht. Ob es für einen Oscar reicht? (mit dpa)

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