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Oper: Der neue "Tristan" kommt bei der Uraufführung in Ulm gut an

Oper

Der neue "Tristan" kommt bei der Uraufführung in Ulm gut an

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    Eine Liebe, die nicht sein darf: Tristan (Markus Francke) und Iseut (An de Ridder) wollen ihren Gefühlen füreinander nicht nachgeben.
    Eine Liebe, die nicht sein darf: Tristan (Markus Francke) und Iseut (An de Ridder) wollen ihren Gefühlen füreinander nicht nachgeben. Foto: Jochen Klenk

    Die junge Braut feiert Weihnachten mit ihrem frisch angetrauten Mann – dem König – und ihren Eltern. Unter dem festlich beleuchteten Baum werden Geschenke ausgetauscht. In Hollywood wäre nun das Happy End erreicht. Doch leider spielt sich die Szene nicht im Kino ab, sondern am Theater Ulm bei der Uraufführung der Oper "La Légende de Tristan". Das muss tragisch enden. Mit der Weihnachtsszene wird das Publikum hier nur in die Pause entlassen.

    Der Komponist Charles Tournemire gehört nicht zu den bekanntesten seiner Zunft. Einen Namen hat er sich hauptsächlich als Organist gemacht. Seine Opern wurden dagegen selten bis nie gespielt. Dass in Ulm nun seine Version des Tristan-Stoffes (mit dem Libretto des Mediävisten Albert Pauphilet) rund 100 Jahre später auf die Bühne kommt, ist wirklich eine Besonderheit – ein Coup von Intendant Kay Metzger, der die Inszenierung persönlich übernahm. Metzger lässt "Tristan" nicht vor frühmittelalterlicher Kulisse spielen, er verfrachtet das Stück in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts – Tournemires Gegenwart könnte man annehmen. 

    Tournemire legt den Fokus in seiner Oper "La Légende de Tristan" auf Tristan

    Allein der Titel zeigt: Tournemire und Pauphilet legen den Fokus der Oper nicht auf das Paar Tristan und Isolde, dessen Schicksal vom versehentlich konsumierten Liebestrank besiegelt wird. Im Vordergrund steht Tristans Leidensweg, was Tenor Markus Francke in der Titelrolle viele Gelegenheiten gibt, zu glänzen. Er bringt die Zerrissenheit Tristans äußerst glaubwürdig auf die Bühne. In der Ulmer Inszenierung leidet der Kriegsheld dabei nicht nur an der Unvereinbarkeit seiner Liebe zu Iseut (so der französische Name der Isolde) und der Treue zu seinem Freund und König Marke. Einblendungen von historischen Weltkriegsszenen oder Albträume, die ihn aus dem Schlaf hochschrecken lassen, weisen auch auf Traumata aus diesen Kämpfen hin. 

    Auch in manch anderen inhaltlichen Punkten unterscheidet sich dieser Tristan von Richard Wagners weltbekannter Fassung. So ist Morholt, der von Tristan im Kampf getötet wird, nicht der Verlobte Iseuts, sondern ihr Onkel. Ein Todestrank, mit dem Isolde bei Wagner der Heirat mit König Marke entkommen will, kommt nicht vor. Den Liebestrank, den die beiden trinken, halten bei Tournemire beide für harmlosen Rotwein. Die Wirkung jedoch bleibt dieselbe: Die sich im Vorfeld ohnehin schon anbahnenden Gefühle werden zementiert, Erlösung bringt am Ende nur der Tod. 

    Wie kommt "La Légende de Tristan" beim Pubklikum an?

    Dass sich "La Légende de Tristan" dem Vergleich mit Wagners Opus immer wieder wird stellen müssen, dürfte klar sein. Ob sich Tournemires Werk langfristig einen Platz im Tristan-Opern-Kosmos erobern wird, muss die Zeit zeigen. Das Premierenpublikum in Ulm, wo das Stück nun ja zum ersten Mal überhaupt zu sehen war, war jedenfalls überzeugt von der Darbietung. Es belohnte das Ensemble und das Orchester mit einem langen Applaus und Standing Ovations – zu Recht. Die Musikerinnen und Musiker unnter der Leitung von GMD Felix Bender zeigten sich in Höchstform. Auch An de Ridder (Iseut) und Dae-Hee Shin (König Marc) füllten ihre Rollen großartig aus. 

    Info: Das Theater Ulm spielt "La Légende de Tristan" noch bis zum 16. März. Termine und Tickets unter theater-ulm.de.

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