Berühmt geworden ist er durch seine Illustration des Kinderbuchs „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“. Doch war Wolf Erlbruch nicht nur Kindern, sondern, wie jeder gute Kinderbuchautor, auch den Erwachsenen ein Begriff. Sein zeichnerischer Stil, die Hintergründigkeit seiner Darstellung machten ihn, der nicht nur illustrierte, sondern später auch schrieb, unverkennbar. Am 11. Dezember ist Erlbruch in Wuppertal gestorben, er wurde 74 Jahre alt.
Ein Höhepunkt unter den zahlreichen Auszeichnungen, die Erlbruch im Laufe seines künstlerischen Schaffens erhalten hatte, war gewiss der Astrid-Lindgren-Preis 2017. Unter damals 226 Kandidaten aus aller Welt machte der Autor das Rennen um einen Preis, der als einer der wichtigsten Preise für Kinderbuchschriftsteller nicht nur Ehre einbringt, sondern auch großzügige 522.000 Euro.
Der kleine Maulwurf und die Frage: Sind Fäkalien kindertauglich?
Welches ist das schönste seiner Kinderbücher? Der Erstling „Der Adler, der nicht fliegen wollte“ aus dem Jahr 1985 oder „Das Bärenwunder“, in dem es um die Sehnsucht nach Gemeinschaft und Nähe geht? Vielleicht auch „Ente, Tod und Tulpe“, in dem Erlbruch behutsam und philosophisch das Sterben thematisiert? Nicht zu vergessen natürlich das Buch „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“.
Mit jenem Häufchen auf dem Kopf eines Maulwurfs wurde der gebürtige Wuppertaler nicht nur in Deutschland, sondern auch international bekannt – nicht ohne damit auch Diskussionen auszulösen, inwieweit Fäkalien und deren genauere Betrachtung überhaupt kinderbuchtauglich sind.
Die verniedlichende Bedeutung des Begriffs „kindgerecht“ hat Erlbruch indes immer wieder in Frage gestellt. „Die meisten Kinderbücher sind misslungene Verklärungen der eigenen Kindheit. Ich meine, dass jedes Kind Bücher verdient, die es ernst nehmen, weil jemand ihm von seiner Weltsicht erzählt. Kein Kind ist so infantil, wie oft die Dinge daherkommen, die Erwachsene ihm als kindgerecht andrehen wollen“, erklärte er in einem Interview. Wobei sich Wolf Erlbruchs Werke nie so eindeutig als Kinderbücher einordnen lassen – spricht er doch in Themen und Gestaltung auch Heranwachsende und Erwachsene an. Mit Augenzwinkern und Humor charakterisiert Erlbruch seine tierischen Figuren großflächig als Sympathieträger - auch wenn sie durchaus Ecken und Kanten haben. Sein hintersinniges Erzählen lässt oft mehrere Deutungen des Inhalts zu. „Wolf Erlbruch macht existenzielle Fragen für Leser jeden Alters zugänglich und handhabbar“, würdigte die Jury für den Lindgren-Preis den Illustrator und Autor.
Erlbruch illustrierte auch Joyce und Goethe
Unverwechselbar ist Erlbruchs künstlerische Bildsprache: Collagen in Pinsel-, Feder- und Kreidezeichnung. Kreativ und verfremdend setzte er Landkarten, Pack- und japanisches Buntpapier als Untergrund ein. Erlbruch hat auch Titel von Rafik Schami, Mirjam Pressler, James Joyce und überdies „Das Hexeneinmaleins“ nach Goethe illustriert.
Sein Handwerk erlernte Erlbruch an der Folkwang Hochschule für Gestaltung in Essen. Als Professor für Illustration kehrte er dorthin von 2009 bis 2011 zurück, nachdem er zuvor auch in Düsseldorf und Wuppertal gelehrt hatte. „Guckt euch um“, war dabei sein Ratschlag an die Studierenden. Nur wer viel gesehen habe, könne auch gut erzählen. In diesem Sinne lud er schon einmal einen Schweinezüchter in die Vorlesung ein, um seinen Zuhörern einen Einblick in ein anderes Leben zu geben.