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Nachruf: Ciao, "La Lollo"! Ein Nachruf auf die Leinwandgöttin Gina Lollobrigida

Nachruf

Ciao, "La Lollo"! Ein Nachruf auf die Leinwandgöttin Gina Lollobrigida

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    Gina Lollobrigida war eine Liebhaberin des großen Auftritts.
    Gina Lollobrigida war eine Liebhaberin des großen Auftritts. Foto: Alessandro Di Meo, dpa (Archiv)

    Alle Achtung! Wer es schafft, selbst im hohen Alter immer noch den Weg in die Schlagzeilen zu finden, der besitzt fürwahr ein Gespür in Sachen Selbstvermarktung. Wobei es Gina Lollobrigida im vergangenen August vielleicht sogar tatsächlich um ihr Land ging und weniger um irgendwelche vordergründigen PR-Effekte. „Italien steht schlecht da, ich will etwas Gutes und Positives tun“, diktierte „La Lollo“ den Journalisten in die Notebooks, als sie mit 95 Jahren bekanntgab, noch einmal für den Senat ihres Landes kandidieren zu wollen, und zwar auf der Liste der Anti-Establishment-Partei Italia Sovrana e Popolare, eine Allianz von Kommunisten und anderen Splittergruppen. „Ich war es einfach Leid, die Politiker untereinander streiten zu hören, ohne jemals zur Sache zu kommen.“

    Auch im hohen Alter zeigte sich die Lollobrigida politisch

    Ob man das alles ernst nehmen durfte, zumal die Film-Diva vor ihrer Kandidatur erst ihren Anwalt um Erlaubnis fragen musste, sei einmal dahingestellt. Lollobrigida besaß zu jener Zeit einen Vormund, den ihr ein Gericht nach einem jahrelangen Familienstreit zuwies, und konnte deshalb nicht selbstständig über ihr Vermögen entscheiden. Vielleicht wären dies ja sogar ideale Voraussetzungen für eine Politikerkarriere gewesen …

    Fakt ist jedenfalls, dass die neben Sophia Loren und Claudia Cardinale berühmteste Schauspielerin Italiens schon einmal versucht hatte, ins Politikgeschäft einzusteigen. 1999 bewarb sich das einstige Sexsymbol für einen Sitz im EU-Parlament, verfehlte aber deutlich die dafür nötige Stimmenanzahl. Genauso lief es natürlich im vergangenen Jahr. Ihre Liste kam auf lediglich 1,3 Prozent und scheiterte an der Drei-Prozent-Hürde. Gina selbst musste sich zwischenzeitlich sowieso mit anderen Problemen herumschlagen: Bei einem Sturz hatte sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen, die Operation aber gut überstanden. Stand alles irgendwo zu lesen.

    "Fanfan, der Husar" war Gina Lollobrigidas erster Erfolg

    So wie die Zielgerade verlief im Prinzip ihr gesamtes Leben: Man redete über sie. Kleinere Skandälchen und ein paar Skandale, immer irgendwie im Gespräch bleiben, auch in Zeiten, in denen es das Schicksal nicht besonders gut mit ihr meinte. Das nennt man Überlebensreflex. Selbst als die goldenen Jahre ihrer Filmkarriere allmählich verblassten, gelang es Lollobrigida, nie ganz in Vergessenheit zu geraten. Schließlich galt es, einen Ruf zu verteidigen.

    Gina Lollobrigida galt lange als «die schönste Frau der Welt».
    Gina Lollobrigida galt lange als «die schönste Frau der Welt». Foto: Uncredited/LaPresse/AP, dpa

    Nach kleineren Statistenrollen und Erfolgen in diversen Schönheitswettbewerben wurde das junge Mädchen, das als Luigina Mercuri am 4. Juli 1927 im Abruzzen-Dorf Subiaco das Licht der Welt erblickte, in den 50er Jahren mit einem Schlag berühmt. In ihrem ersten großen Film „Fanfan, der Husar“ wirft ihr Partner einen Blick auf ihr Dekolleté und ruft verzückt: „Donnerwetter – diese Täler und Hügel! Wirklich ein bezauberndes Panorama!“ Dabei entstand der Beiname, der perfekt in die sexistische Klischeewelt der Nachkriegszeit passte und den „Gina Nazionale“ stets billigend in Kauf nahm, bisweilen sogar gewinnbringend einsetzte: das Busenwunder.

    Die Lollobrigida spielte mit Sean Connery und Tony Curtis

    Natürlich regt das die Nachfrage an, und Angebote gab es in der Tat zuhauf. Die Filme, die ihren Ruf zementierten, hießen „Die Schönen der Nacht“, „Der Glöckner von Nôtre Dame“, „Trapez“, „Salomon und die Königin von Saba“, „Liebe, Brot und Eifersucht“, „Die schönste Frau der Welt“, „Happy End im September“, „Kaiserliche Venus“, „Wenn das Blut kocht“ oder (natürlich!) „Geh nackt in die Welt“. Ihre Partner waren Anthony Quinn, Rock Hudson, Frank Sinatra, Tony Curtis, Burt Lancester, Gérard Philipe, Sean Connery oder Horst Buchholz.

    Wo sie winkte, da sah man hin:
    Wo sie winkte, da sah man hin: Foto: AFP / Ralph Gatti / Ralph Gatti

    „La Lollo“ genoss es, im Mittelpunkt zu stehen, mit ihrer Weiblichkeit zu spielen, den Männern den Kopf zu verdrehen und bei den Frauen Neid zu entfachen. Was man aber nie vergessen sollte: Talent hatte sie allemal. Jemanden zu finden, der nicht nur gut aussah, sondern auch noch über diese außergewöhnlichen Fähigkeiten als Mimin verfügte, das glich einer Win-Win-Situation, auch wenn die Schauspielerin trotz mehrerer Hollywood-Engagements nie den endgültigen Sprung über den großen Teich wagen wollte.

    Gina Lollobrigida wurde eine der reichsten Frauen Italiens

    Bisweilen bedauerte es Gina Lollobrigida sogar, sich nicht in anspruchsvollen Rollen bewiesen zu haben. Aber das lag allein an ihr. Eine zeitlang bediente sie höchst erfolgreich das Klischee der glutäugigen Diva und brachte es damit letztlich zu einer der reichsten Frauen Italiens. Weil sie sich neben Glamour auch den Luxus von Prinzipien gönnte, gab sie die Schauspielerei Anfang der 1970er Jahre auf. „Ich habe es abgelehnt, mich auszuziehen“, begründete sie diesen Schritt. Filmproduzenten hätten sie deshalb nicht mehr beachtet.

    Gina Lollobrigida war auch als Fotografin erfolgreich.
    Gina Lollobrigida war auch als Fotografin erfolgreich. Foto: Massimo Sambucetti/AP, dpa

    Die selbstbewusste Italienerin, die sich als „hartnäckig, starrköpfig, enthusiastisch und impulsiv“ beschrieb, wurde danach Fotografin und bekam illustre Objekte wie Fidel Castro, Pelé, Ronald Reagan, Paul Newman, Salvador Dalí und auch die deutsche Fußballnationalmannschaft vor die Kamera. Ab den 1990er Jahren schuf sie gewaltige Plastiken nach ihren Filmfiguren, die sie geschickt über eine eigene Ladenkette vermarktete.

    Die großen und kleinen Skandale der Lollobrigida

    Und natürlich gab es immer wieder Neues von der launischen Diva. 1986 zum Beispiel war Lollobrigida in aller Munde, als sie sich als Jury-Präsidentin bei den Berliner Filmfestspielen vehement gegen Reinhard Hauffs „Stammheim“ über den Baader-Meinhof-Prozess und die Todesumstände der in

    Ihr Privatleben erwies sich als nie versiegender Born für die Boulevardpresse. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann gab es 2006 eine skandalträchtige Beinahe-Hochzeit mit einem Betrüger sowie den hässlichen Vormundschaftsstreit mit ihrem Sohn. Der hatte behauptet, ihr Assistent manipuliere sie, während „Lollo“ den Mann stattdessen „mein großes Glück“ nannte.

    Gina Lollobrigida ist im Alter von 95 Jahren gestorben

    Für die allerletzte Schlagzeile sorgt Gina Lollobrigida jetzt wieder selbst: Am Montag ist sie im Alter von 95 Jahren in Rom gestorben. Mitgeteilt hat dies kein Geringerer als der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano auf Twitter. Standesgemäß.

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