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Mutiger Film „Tatami“: Eine Judo-Kämpferin gegen das System

Filmkritik

Neu im Kino: "Tatami" – ein Film über den Kampf iranischer Frauen

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    Arienne Mandi spielt die Hauptrolle im Film „Tatami“, der jetzt in den Kinos startet.
    Arienne Mandi spielt die Hauptrolle im Film „Tatami“, der jetzt in den Kinos startet. Foto: Juda Khatiapsuturi

    Leila liegt am Boden. Ihre Gegnerin hat sie in den Schwitzkasten genommen. Die Blicke des Publikums in der Arena und die Objektive der Kameras sind auf die iranische Judokämpferin gerichtet. Schlägt sie ab und gibt den Traum auf den Weltmeisterschaftitel auf oder hält sie durch und befreit sich aus dem Würgegriff? Die Frage ist in Guy Nattivs und Zar Amirs Film “Tatami” nicht nur sportlicher Natur und der Würgegriff kann als Metapher für die Lebenssituation der Heldin verstanden werden.

    Arienne Mandi spielt eine Judo-Kämpferin in „Tatami“

    Leila Hosseini (Arienne Mandi) ist mit dem iranischen Judoteam in die georgische Hauptstadt Tiflis gereist. Sie ist die Beste in ihrem Kader und spürt, dass sie es diesmal wirklich schaffen könnte, die Goldmedaille zu holen. Die Athletin ist voller Kraft, enorm fokussiert und hat ihre Trainerin Maryam (Zar Amir) eng an der Seite, die ihre sportliche Karriere von Anfang an begleitet hat. Zuhause am Fernseher verfolgt ihr Mann Nader (Ash Goldeh) mit dem kleinen Sohn und einigen Freunden die Kämpfe und feuert sie in den Pausen telefonisch an.

    Leila gewinnt einen Kampf nach dem anderen, aber dann bekommt Maryam einen Anruf vom iranischen Verbandspräsidenten. Er fordert Leila auf, eine Verletzung vorzutäuschen und aus dem Turnier auszuscheiden. Denn es könnte sein, dass Leila im Finale der israelischen Kämpferin Shani Lavi (Lir Katz) gegenüber steht, und das Regime in Teheran möchte eine mögliche Niederlage gegen das verhasste Land auf jeden Fall verhindern.

    „Tatami“ ist eine israelisch-iranische Coproduktion

    Während Maryam zunehmend nachgibt, weigert sich Leila die Chance auf den Weltmeisterschaftitel der politischen Einflussnahme zu opfern. Von einer Kampfrunde zur nächsten wird der Druck immer stärker. Der Geheimdienst nimmt im Iran Leilas Eltern gefangen, während Nader und dem Sohn die Flucht Richtung Grenze gelingt. Auf der Matte muss Leila nicht nur immer stärkeren Kämpferinnen entgegentreten, sondern auch die Entscheidung treffen, ob sie ihr Leben im Iran aufgeben und ins Exil gehen will.

    Guy Nattivs und Zar Amirs „Tatami“ ist die erste Zusammenarbeit eines israelischen Regisseurs und einer iranischen Regisseurin. Amir, die in Cannes vor zwei Jahren für ihre Rolle in „Holy Spider“ ausgezeichnet wurde, lebt seit 2008 im Pariser Exil. Das Drehbuch konzentriert sich deutlich auf eine spezifisch weibliche Perspektive. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Coach und Judokämpferin, die unter massivem geheimdienstlichen Druck in die Krise gerät.

    Konzentrierte Schwarzweiß-Aufnahmen Prägen „Tatami“

    Amir spielt die Trainerin, die ihren Opportunismus gegenüber dem islamistischen Regime infrage stellt, mit einem tiefen Differenzierungsvermögen und lässt sichtbar eigene Erfahrungen mit in Figuren- und Drehbuchgestaltung einfließen. Ihr gegenüber steht mit einer geradezu atemberaubenden physischen Präsenz Arienne Mandi, die den sportlichen Ehrgeiz der Judoka ebenso beeindruckend verkörpert, wie deren innere Kämpfe.

    Kameramann Todd Martin fasst das Geschehen auf dem Tatami und in den Gängen der Sportarena in hochkonzentrierten Schwarzweiß-Aufnahmen und einem fast quadratischen 4:3-Format ein. Die Protagonistin scheint immer in Bewegung zu sein und die Kamera ist ihr stets auf den Fersen. Nattiv und Amir erzählen ihre Geschichte mit einem pulsierenden Echtzeit-Gefühl. Im dynamischen Spannungsbogen eines Sportfilmes wächst ein Politthriller heran, dessen Drive sich allein aus dem Ringen um eine persönliche Gewissensentscheidung speist. Daraus entsteht ein intensives Kinoerlebnis, das mit großer emotionaler Kraft vom Mut und der Verzweiflung iranischer Frauen erzählt, die sich dem repressiven System entgegenstellen.

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