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Musikalische Familiengeschichte: Die Schmalhofers spielen in Bannacker

Porträt

Aus dem Leben einer musikverrückten Familie: Die Schmalhofers spielen im Herrenhaus Bannacker

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    Die Familie Schmalhofer (v.l.n.r.): Cellist Andreas, Geigerin Yasuka, Bratschist Ludwig, Geigerin Nathalie, Sopranistin Marie.
    Die Familie Schmalhofer (v.l.n.r.): Cellist Andreas, Geigerin Yasuka, Bratschist Ludwig, Geigerin Nathalie, Sopranistin Marie. Foto: Familie Schmalhofer

    Konzentration an den Notenständern: Kräftiger Bogenstrich, gezupfte Akzente, Streichquartettsound schwelgt durch den Raum, auf dem Pult liegt Alexander Borodins Quartett Nr. 2. Klingt romantisch, klingt doch perfekt? Aber Stopp! Kurze Pause für feinste Korrekturen: „An dieser Stelle ein bisschen mehr nach vorne“, wünscht sich die erste Geigerin. „Da noch etwas mehr Zeit lassen für Schlag 1“, ein Tipp des Bratschisten für den Cello-Kollegen. Hier im Chorprobensaal, im Backsteinbau des alten Münchner Gasteigs, probt ein Ensemble. Wie professionell diese Musiker auf einer Wellenlänge schwingen, spürt man. Hier spielen vier Musiker aus drei Spitzenorchestern, Geigen, Cello, Bratsche.

    Aber das allein ist noch nicht das Erstaunliche an diesem Quartett – sie alle gehören zur selben Familie. Vater, Mutter, Tochter, Sohn und Schwiegertochter, die Schmalhofers proben für ein Konzert: Im Herrenhaus Bannacker werden sie am Sonntag, 20. Oktober, gemeinsam auftreten. Bei der Probe in München nehmen sie sich die Zeit für ein Gespräch. Über Erinnerungen voll von Musik, über den engen Draht zu ihrer Heimatstadt Bobingen und darüber, wie die Liebe zur Musik auf die nächste Generation überspringt.

    Vater und Sphn spielen heute bei den Augsburger Philharmonikern

    Von vorne, da capo: Als Ludwig und Marie Schmalhofer Eltern wurden, als ihre Kinder in den 90er Jahren auf die Welt kamen, hatte Ludwig schon seine Stelle ergattert. Er spielte schon damals Bratsche bei den Augsburger Philharmonikern. Und der Sohn? Und die Tochter? War da schon früh geplant, dass beide Profimusiker werden? „Ich wollte Ihnen zumindest immer den Weg offen halten“, sagt Ludwig Schmalhofer und lächelt. „Wenn man will, dass Kinder die Musik lieben lernen, muss man sie schon sehr früh ernst nehmen. Solche Talente haben schon in sehr jungen Jahren viel bessere Ohren als man selbst. Andreas habe ich schon mit acht Jahren nach seiner Meinung gefragt, wenn wir gemeinsam gespielt haben: Passt die Balance? Was er hört, ist die Wahrheit.“

    Andreas ist heute 30 Jahre alt, Profi-Cellist und erzählt: „Ich erinnere mich noch, wie mein Vater mit seinem Streichquartett bei uns im Wohnzimmer geprobt hat“, sagt er und seine Schwester Nathalie lächelt: „Ich erinnere mich an die Brezen und an den Kaffeegeruch bei den Proben, dazu klang das amerikanische Streichquartett von Antonín Dvořák.“ Immer wieder saßen die Geschwister im Publikum, wenn der Vater im Orchester spielte: „Wir waren Feuer und Flamme“, sagt die Geigerin Nathalie. Vater Ludwig spielt seit 34 Jahren bei den Augsburger Philharmonikern – und Sohn Andreas seit der neuen Spielzeit 2024/25 ebenfalls, aber im Cello-Register.

    Die Schmalhofers geben ein Konzert im Herrenhaus Bannacker

    Wann sich die Musik in das Leben der Kinder gespielt hat? Es gibt für sie keine Erinnerung ohne Musik, erklären Nathalie und Andreas. Und Marie Schmalhofer, ihre Mutter, bestätigt das mit einer Geschichte: „Ich war damals mit Andreas hochschwanger, hörte gerade ein Orchesterwerk. Und als das Cello-Solo begann, da hat er im Bauch zu joggen begonnen.“ Und als das Solo vorbei war? Sei er wieder ruhig gewesen. Perfekter Einsatz.

    Marie Schmalhofer ist professinelle Sängerin, sie ist die Sopranistin in einer Familie von Streichern. Sie stammt aus Kanada, studierte in Québec, bis die Musik sie nach München führte und nach Augsburg. Heute unterrichtet sie die Gesangstalente am Leopold Mozart College of Music. Beim Konzert im Herrenhaus Banacker bringt sie eine französische Note ins Programm, mit dem „Chanson perpétuelle“, op. 37 von Ernest Chausson. Klavier, Quartett, Gesang: „Das ist eine Herausforderung, das alles zusammenzuschweißen, den Klang für einander zu öffnen.“

    Das Streichquartett probt im alten Münchner Gasteig

    Mit den eigenen Eltern einen gemeinsamen Takt finden, mit den Kindern an der Kunst arbeiten – bringt das nicht auch Schwierigkeiten mit sich? Nein, findet Ludwig Schmalhofer: „Das fällt schon leichter, wenn man in seinem Leben dieselbe Luft atmet, so ganz selbstverständlich.“ Und so können sie sich auf die Details konzentrieren, die Fein- und Einzelheiten in der Musik, und Andreas notiert noch schnell einen Strich ins Notenpapier: „Das Streichquartett ist die Königin der Kammermusik“, sagt Ludwig Schmalhofer, „es ist eine probenintensive Besetzung.“

    In München proben sie heute, in der Stadt Bobingen ist die Familie zu Hause. Hier in Schwaben sind Nathalie und Andreas Schmalhofer aufgewachsen: „Ich habe in Augsburg studiert, hier habe ich eine ganz zentrale Zeit meiner Ausbildung verbracht. Diese Ecke ist schon ein Magnet für mich“, sagt der Cellist. Doppelt erfolgreich: Beide Geschwister haben auch schon den Kulturpreis ihrer Heimatstadt Bobingen gewonnen. Nathalie hat die Musik aber nach Leipzig geführt, dort spielt sie seit 2022 in einem Ensemble von Weltklasse, im Gewandhausorchester unter Dirigent Andris Nelsons.

    Auch Yasuka Schmalhofer spielt mit bei diesem Konzert

    Der Weg der Familie folgt der Musik – und dieser Weg verzweigt sich immer weiter: Im Quartett spielt auch Andreas Ehefrau, die Geigerin Yasuka Schmalhofer, die aus Yokohama in Japan stammt. 2019 hat sie sich einen Platz bei den Münchner Philharmonikern erspielt, in der ersten Geige. Als sie erst Andreas und dann seine Familie kennenlernte, sei ihr vieles schnell vertraut vorgekommen. Fast wie zu Hause: „Meine Eltern in Japan spielen Streichinstrumente. Sie sind der Familie Schmalhofer so ähnlich, mit ihrem Humor, mit ihrem großen Herz“, sagt sie. „Da habe ich schnell gemerkt: Mein Zuhause gibt es hier auch.“

    Info: Das Kammermusikkonzert der Familie Schmalhofer findet am Sonntag, 20. Oktober, um 16 Uhr im Herrenhaus Bannacker statt. Auf dem Programm stehen Werke von Robert Schumann, Zoltán Kodály, Alexander Borodin und Ernest Chausson. Anna Gebhardt begleitet das Ensemble am Klavier. Der Eintritt ist frei.

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