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Musik: Kendrick Lamars neues Album: Die Versuchungen des Rap-Messias

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Kendrick Lamars neues Album: Die Versuchungen des Rap-Messias

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    Das ikonisch höchst aufgeladene Cover des neuen Albums.
    Das ikonisch höchst aufgeladene Cover des neuen Albums. Foto: Universal Music

    Nun sind es schon ein paar Tage mehr als die 1855, die Kendrick Lamar zu Beginn seines neuen, des wohl am heißesten ersehnten Album des Jahres, vorrechnet. Solange, so der 34-Jährige, habe er etwas durchleben müssen – für Abermillionen Fans jedenfalls war das exakt die Wartezeit seit „Damn“, dem letzten Meilenstein dieses Ausnahme-, vielleicht besten, sicher aber interessantesten Rappers der Gegenwart.

    Für jenes Werk war er als erster Musiker abseits von Jazz und Klassik mit einem Pulitzerpreis geehrt worden, das zuvor, „To Pimp A Butterfly“, war einhellig als Album des Jahres 2015 gefeiert worden, in der Fachpresse dies- und jenseits des Atlantik oft als das des Jahrzehnts. Und nun, seit vergangenem Freitag, gibt es also „Mr. Morale & The Big Steppers“, Album Nummer fünf – und war Kendrick auf seinem zweiten vor zehn Jahren, „Good Kid, M.A.A.D City“ noch selbst als Knabe zu sehen gewesen, zeigt ihn das Cover nun im Vordergrund mit einem Sohn auf dem Arm, während seiner Frau im Hintergrund den anderen stillt – und dazu trägt Kendrick Dornenkrone auf dem Kopf und Knarre im Hosenbund. Noch Fragen, was er meinte, durchlebt haben zu müssen?

    Kendrick Lamar rappt über Vater-Komplexe und Geschlechterrollen-Krisen

    Nachdem er dann etwa in Songs wie „Crown“ und „Savior“ den ihm zugewiesenen Rap-Messias-Status thematisiert und zurückgewiesen hat und dazu über all die Probleme (lässig, relaxt, wütend oder auch sehr schnell) gerappt hat, über Vater-Komplexe und Geschlechterrollen-Krisen und Erwartungsüberfrachtung … – nach all diesen öffentlichen Spiegelfechtereien und gut 70 Minuten bittet Lamar in „Mirror“ zum Abschluss um Verzeihung: „I chose me, I’m sorry“ – er habe sich für sich selbst entschieden, sich um seine Probleme gekümmert, anstatt die Welt zu retten … Nun lässt sich angesichts dessen freilich trefflich über die Hybris diskutieren, die doch gerade in dieser Geste steckt. Ist das noch „Conscious Rap“ oder samt der vielen enthaltenen Klavier-Passagen schon eine Psalm-Sammlung auf den abdankenden Messias, der sich eben darin erst in seiner Macht zeigt. Nach 1855 Tagen und all den Versuchungen quasi als er selbst aus der Wüste zurückgekehrt.

    Aber mit ein paar Tagen mehr und mehrmaligem Hören bleibt eben auch: Trotz der Überzahl an Produzenten und mit vielen Gastauftritten (u.a. Beth Gibbons von Portishead im feinen „Mother I Sober“) ist es einfach auch wieder ein verdammt sound- und stimmungsstarkes Rap-Album geworden – wen auch wohl nicht Kendricks bestes.

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